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Stefan Lienert in: Bonner Rundschau, 10.08.2014.

"Königssommer 2014"

Die einen Zuschauer interpretierten es als eine Art Geistervertreibung, andere Passanten sahen darin einen rituellen Tanz, die Performance-Künstlerin Yingmai Duan erklärte schlicht: "Die Drachen haben Urlaub und machen gerade eine Reise durch Königswinter." Mehr als drei Stunden trug die gebürtige Chinesin, die heute in Braunschweig lebt, am Samstag die grünen Plüsch- Fabeltiere durch die Fußgängerzone. Die Aufmerksamkeit der vielen Personen an dem sonnigen Tag war ihr sicher. "Gerade der Drache ist ein gutes Symbol für die Verbindung zwischen dem Siebengebirge und China. In dieser Region spielt der Drachenfels ja eine große Rolle, in China ist der Drache ein wichtiger Teil der Kultur."

Zum zweiten Mal standen am Wochenende auf der Hauptstraße Performance-Künstler im Fokus. Helmut Lorscheid war es gelungen, im Rahmen der Aktin "Königssommer 2014" insgesamt elf Künstler zu engagieren. Vom PS- Gitarrenduo, das als Königswinterer Formation ein echtes Heimspiel hatte, bis zu Käthe Wenzel und Claudia Schmitz, die in Berlin leben.

Ein Gespräch mit Wenzel war am Samstag eine wahre Bauchpinselei, denn die Künstlerin hatte ein Gerät dabei, das ihrer Meinung nach das Selbstwertgefühl erhöht, weil an ihm vorne ein Pinsel angebracht war, der auf Knopfdruck wohltuend die Bauchregion massieren konnte. Die Idee für solch ein Produkt kam ihr und Kollegin Lisa Glauer, als sie über die Situation von Leuten nachdachten, die in einer prekären Situation stecken. "Um da wieder rauszukommen, ist oft Bauchpinselei notwendig. Viele können davon nicht genug bekommen, andere sehen dieses Mittel aber als aufdringlich und unaufrichtig." In ganz Deutschland sind die Künstlerinnen unterwegs und haben ein Nord-Süd-Gefälle entdeckt. "Je weiter wir in Richtung Süden kommen, desto umgänglicher werden die Leute." In Königswinter wünschten sich die Gebauchpinselten vor allem in öffentlichen Ämtern, etwa dem Bürgerbüro, eine Installation solcher Geräte, erfuhr Wenzel immer wieder.

Bei Claudia Schmitz war Mitmachen angesagt. Ihre Konstruktion aus einem Spinnaker-Segel, Gummihandschuhen und fünf Blasebalgs sollte die Leute ansprechen, damit sie zusammenarbeiten. Ziel war es eigentlich, so viel Luft in das Kunstwerk zu befördern, dass sich die schlaffen Handschuhe sichtbar hoben. "Die Menschen haben genau diese Erwartung. Doch die Naht des Spinnakers ist nicht ganz geschlossen, so dass die Aktion nie beendet werden kann." Vor allem Senioren haben sich an dem Nachmittag immer wieder versucht, aber auch Kinder waren an dem Werk oft zu sehen, wie etwa Joelina (10) und Ilknur (12). "Mit der Hilfe von etwas Schokolade treten wir schon ein paar Minuten. Aber noch ist kein Erfolg zu sehen." Im Gegensatz dazu äußerst ruhig und meditativ erschien Eveline Mürlebach aus Bonn, die zwei Stunden fast regungslos im Fenster der "galerie 1" stand, neben ihr eine asiatische Figur, auf ihrem Kopf ein Geweih eines Capriden. "Wer wollte, konnte hier ein wenig zur Ruhe kommen und eine Kerze anzünden", so die Künstlerin nach ihrer Performance.

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Bonner Generalanzeiger, 17.07.2014

perFORM - Performance-Wochenende in Königswinter

KÖNIGSWINTER. Ein König ohne Krone ist kein richtiger König. Und auch ein Königssommer ist viel schöner mit einer Krone. Deshalb werden acht dieser exklusiven Kopfbedeckungen vom 19. Juli bis zum 31. August an den Eingängen in die Altstadt den Besuchern den Königssommer 2014 signalisieren. Ein Unkeler Metallbauer stellt die jeweils einen Meter hohen Kronen mit einem Durchmesser von 40 Zentimetern her. Mit gelben Zacken und blauem Fuß. Nach der erfolgreichen Premiere im vergangenen Jahr werden ganz viele Kulturschaffende an sieben aufeinanderfolgenden Wochenenden unter dem Dach - oder besser gesagt unter der Krone - des Königssommers auftreten.

(...) Interaktion erwartet die Besucher bei der Performance am 9. und 10. August. So kann man sich von der Berlinerin Käthe Wenzel mit einer eigens dafür gefertigten Maschine im Nabelbereich bauchpinseln lassen. Die Künstlerin möchte auf diese symbolische Weise darauf aufmerksam machen, dass Bauchpinseln in der heutigen Gesellschaft immer mehr an Bedeutung gewinnt. Mit dabei ist auch die international bekannte Performancekünstlerin Yingmai Duan aus China.

"Da wird richtig was los sein", verspricht Helmut Lorscheid (antiform). Das Museumsfest des Siebengebirgsmuseums am 16. August bietet auch in diesem Jahr ein umfangreiches Familienprogramm, ein Puppentheater und eine Filmnacht mit dem Melodram "Ein Herz spielt falsch" aus dem Jahr 1953 mit Ruth Leuwerik und O.W. Fischer, das sinnigerweise auch noch in Königswinter spielt. (...)

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Berliner Zeitung, 06.03.2013

Technik zum Anfassen: Technikmuseum wird 30 Jahre alt

Ein Flugzeug auf dem eigenen Dach haben eigentlich nur Präsidenten oder Multimillionäre - und das Deutsche Technikmuseum. Seit 30 Jahren zeigt es nicht nur Ausstellungen rund um die Themen Verkehr und Mobilität, sondern auch zu Film -und Gomputertechnik. sowie zu Chemie und Pharmazie. Um seinem Ruf als eines des weltweit führenden Museen seiner Art gerecht zu werden, hat man sich auch für das Jubiläumsjahr einiges einfallen lassen. Zur Zeit findet die erste große Ausstellung "Orenstein & Loewe - 20 deutsch-jüdische Ingenieure, Erfinder und Fotografen. 1933-1945" im Rahmen des Berliner Themenjahres "Zerstörte Vielfalt" statt. Als "Objekt des Monats" werden im Jubiläumsjahr wechselnd Exonate von 1983 zu sehen sein. lm März sind es zwei Baukästen und eine Grubenlampe, die der damalige Direktor bei einem Flohmarktbesuch e:rworben hatte.

"Bilder von morgen" gibt es ab dem 19.MäIz in einer Open-Air-Präsentation: Künstlerin Käthe Wenzel hat Besucher gefragt, wie sie sich das Museum der Zukunft vorstellen, und die Antworten in comicartigen Zeichnungen interpretiert. Im Sommer geht es dann richtig los: Am 9. August soll das Science Center Spectrum interaktiver als zuvor wiedereröffnen, mit vielen neuen Möglichkeiten zum Experimentieren und Forschen. Am 25. August steigt dann das Sommerfest für die ganze Familie - bei freiem Eintritt.

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Valerie Schönian in: Der Tagesspiegel, 20.03.2013

Mit der Gondel durch die Ausstellung

Man versetze sich zumindest gedanklich in eine Zeit vor dem Winter. Wie wäre es an einem heiß-trägen Augusttag, ein Museum in der Stadt zu haben, dessen Straßen komplett geflutet sind: Die Besucher schippem auf Gondeln von Ausstellung zu Ausstellung, das Wasser immer unter den Füßen. Wenn es nach zwei Berlinerinnen Anfang 40 ginge, sollte so das Museum der Zukunft aussehen.

Die Künstlerin Käthe Wenzel hat die beiden Frauen im vergangenen August nach ihren Versionen f&uuml;r die kulturellen Stätten gefragt - und mehr als fünfzig weitere Stadtbewohner. Die Antworten hat sie in Form von Cartoons festgehalten. 24 davon sind seit Dienstag und bis zum Ende des Iabres in der Ausstellung "Bilder von morgen" auf dem Freigelände des Deutschen Technikmuseums (DTM) zu sehen: Dabei sind ein rollstuhlgerechtes James- Bond-Flugzeug, ein Flugsimulator und ein SwiImmingpool auf dem Dach.

Es habe aber auch bescheidenere Wünscbe gegeben, sagt die Künstlerin, wie beispielsweise Toiletten oder Sitzpl�tze in st�ndiger Reichweite. Anlass für das Projekt ist der geplante Anbau "Technoversum" des DTM. Die Bilder sollen einen besonderen Blick darauf schaffen, sagt Iris K�hnberger, Bildungsleiterin des Museums. Ob dort irgendwann mal Gondeln fahren sei abzuwarten, aber: "Die Toiletten kommen auf jeden Fall."

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Maria Neuendorff in: Märkische Oderzeitung, 20.03.2013

Per Seilbahn zu Kartoffelschälern
Eine Open-Air-Ausstellung zeig, wie sich Berliner das Technikmuseum der Zukunft vorstellen

Berlin (MaZ) Das Deutsche Tecbnikmuseum wird 30 Jahre alt. Zum Jubiläum schaut die Kreuzberger Institution nach vorne und hat Passanten befragt, wie sie sich das Museum der Zukunft vorstellen. Die Antworten sind jetzt in einer kostenlosen Open-Air-Ausstellung zu sehen.

Das Tecbnikmuseum der Zukunft Iiegt in St. Moritz und Venedig zugleich. Die Besucher fahren per Seilbahn zwischen Haupthaus, Science Center Spektrum und Tecbnoversum hinund her. Die Fläche darunter ist geflutet. Ausstellungsstücke wie Raumfahrtkapseln vom Typ Sojus und Apollo ragen auf Sockeln aus den künstlichen Kanälen. Besucher umschiffen sie auf kleinen Gondeln. Ja, Wasser habe bei den Wünschen der Passanten eine herausrageode Rolle gespielt, erinnert sich Käthe Wenzel. Aber das habe wohl vor allem am Wetter gelegen. Denn als die Künstlerin im vergangenen August mit Zeichenblock und Tonbandgerät bewaffnet auf die Pirsch ging, seien es gefühlte 36 Grad im Schatten gewesen. "Die Leute waren unglaublich gut drauf und vor allem zu schlapp zum Weglaufen." 

Und weil man die Zukunft nicht fotografieren kann, machte sich Käthe Wenzel schon während der Gespräche erste Skizzen. Daraus entstanden sind 19 großformatige Cartoons, die nun am Zaun der sogenannten Ladestraße hängen. Auf dem Gelände des ehemaligen Anhalter Güterbahnofs entsteht bis 2015 für rund zehn MiIlionen Euro ein neues, 3000 Quadratmeter großes Museumsareal. In den ehemaligen Lagerhallen sollen dann auch die neue Ausstellung "Das Netz" sowie ein Restaurant eröffnen. "Das Thema Seilbahn greift damit ein Problem auf, das wir wirklich haben," sagt der Projektleiter der Ladestraße, Joseph Hoppe.Um das zusätzliche Gelände mit dem denkmalgeschützten Hauptgebäude an der Trebbiner Straße zu verbinden, arbeiten derzeit Architekten an Konzepten. Regelmäßig führt das TechnikImuseum Besucherumfragen durch, um auch das Publikum an den Entwicklungen auf dem Gelände zu beteiligen.

Bei der Befragung für die "Bilder von morgen" wünschten sich Teenager eine James-Bond-Ausstellung sowie eine Rakete zum Reinklettern. Kinder wollten dagegen mehr selbst bauen. Ein äI teres Ehepaar bemängelte, dass die Technik aus dem Osten zu wenig Berücksichtigung findet: "Wir waren auch nicht hinter dem Mond", steht neben dem Cartoon, der zwei Hubschrauber aus Ost und West zeigt und ihren Wunsch visualisieren soll.

"Das Spektrum der Vorstellungen reichte vom Mars Panorama mit Greifern bis zur Ausstellung über Kartoffelschä1er," erinnert sich die Zeichnerin, die an der Berliner Humboldt-Uni promo viert hat, So habe eine Hausfrau zum Beispiel geklagt, dass sie 25 Jahre mit schlechtem Gewissen Kartoffeln geschält habe. Weder das in Holz geschäftete Messer noch das elektrische Modell hätten je passable Ergebnisse gebracht. "Bis sie endlich auf den einfachen Sparschäler kam", berichtet Wenzel, die diesen auf ihrem Cartoon z:ur Kartoffelschäler-Ausstellung als "Sieger der Evolution" betitelte.

Besonders gefallen habe Wenzel an dem Projekt, dass auch die eher abwegigen Vorschläge beim Museumspersonal Gehör fanden. "Ja, dann machen wir eben mal einen Vortrag zum Thema Messertechnik", habe es geheißen. Ihre Interviews führte die Künstlerin an der ehemaligen Ladestraße, in der neben den Zukunftsvisionen auch historische Bilder zum Areal ausgestellt sind. Die Passage an der Möckernstraße ist inzwischen zu einer Einflugschneise für die Besucher des Parks am Gleisdreieck geworden.

Projektleiter Hoppe trifft sich regelmäßig mit den Verantwortlichen von Grün Berlin, um die Entwicklung der 26 Hektar großen Oase auf den ehemaligen Bahnbrachen zu besprechen. Sein eigenes Jubiläum will das Museum am 25. August mit nem Sommerfest begehen. Dann, wenn die Lust auf Wasser wieder besonders groß sein wird. Doch dem Wunsch zweier Passantinnen von einem Swimmingpool auf dem Dach des neuen Anbaus muss Hoppe wahrscheinlich eine Absgae erteilen. "Dort soll nämlich shcon eine Photovoltaik-Anlage entstehen."

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Verkehrsverein Hörstel, Kreis Steinfurt, April 2013

Mit dem Rad auf den Spuren von Käthe Wenzels WasserKarte

Susanne Treutlein (l.), beim Kreis Steinfurt verantwortlich für Tourismusförderung und Regionalmarketing, und die Künstlerin Käthe Wenzel sprachen jetzt im DA, Kunsthaus Kloster Gravenhorst über die WasserKarte. Das Schild, das die beiden auf dem Gelände des Kunsthauses hoch halten, wird in der nächsten Zeit an den kartierten Orten aufgestellt. Es enthält sogenannte QR-Codes. Damit können sich die Radfahrer und Wanderer per Smartphone in die Internetseite einwählen. 

Künstlerin bereitet Eröffnungsradtour und damit Höhepunkt ihres Projektstipendiums vor „Und das Schiff muss ich morgen noch weiß überstreichen!“ seufzt Käthe Wenzel, lacht und deutet auf das Bild an der Wand ihres Ateliers. Noch für einen Tag gehört der Ausstellungsraum ihr. Im DA, Kunsthaus Kloster Gravenhorst in Hörstel bekommen die Künstler und Künstlerinnen des Projektstipendiums KunstKommunikation ein Atelier, in dem sie während des Projektjahres arbeiten und ihre Arbeit präsentieren können. Nun ziehen bald die neuen Stipendiaten ein. Trotzdem ist Käthe Wenzels Projekt „WasserKarte“ brandaktuell. Gemeinsam mit Susanne Treutlein, beim Kreis Steinfurt verantwortlich für Tourismusförderung und Regionalmarketing, sitzt die Berliner Künstlerin im DA, Kunsthaus Kloster Gravenhorst und plant, wie sie das Kunstprojekt touristisch nutzbar machen können. Die Idee zu der „WasserKarte“ hatte Käthe Wenzel in New York während einer Gastprofessur entwickelt. „Diese Stadt konnte ich nur zeichnend bewältigen“, sagt sie schmunzelnd. 

Sie zeichnete verschiedene Orte und Situationen der Metropole und stellte sie auf ihre Internetseite. „Irgendwann hörte ich, dass Menschen nur wegen dieser Zeichnungen regelmäßig meine Internetseite anschauen“, erzählt die Künstlerin. Im Kreis Steinfurt drehte sie das Ganze dann um und suchte den Dialog mit den Menschen in der Region, um von ihnen zu hören, welche Orte sie auf einer Landkarte sehen möchten und fertigte dann zu den verschiedenen Gräften, Schleusen, Häfen und Unterwassergärten Zeichnungen an. In einem zweiten Schritt wurde das Ganze ins Internet übertragen: Auf der Webseite www.cartoonorama.de lassen sich per Mausklick die Cartoon-Ansichten des angeklickten Ortes und Ausschnitte aus den Interviews öffnen. 

In den nächsten Monaten folgt jetzt der dritte und letzte Schritt: „Es geht in die Landschaft“, freut sich Käthe Wenzel. Dafür bringt sie nun an den kartierten Orten Schilder an, die es ermöglichen, sich per Smartphone in die Internetseite einzuwählen. Das funktioniert mittels QR-Codes. Für Wandern und Radfahren ohne technische Hilfsmittel gibt es eine gedruckte Wanderkarte. 

Die Künstlerin lässt es sich nicht nehmen, bei der Eröffnungsradtour am Sonntag, 28. April – eingerahmt in das traditionelle „Sattelfest“ und somit an dem Tag, an dem traditionell die Radsaison im Münsterland eröffnet wird – die Führung zu übernehmen. Die Planung übernimmt sie gemeinsam mit Gerd Andersen, Leiterin und Kuratorin des DA, Kunsthaus Kloster Gravenhorst. Einiges steht schon jetzt fest: Die Tour startet und endet in Gravenhorst und wird circa zwei Stunden dauern. Treffpunkt ist um 13 Uhr im Foyer des Kunsthauses. Käthe Wenzel freut sich schon jetzt auf diesen Termin. „Das ganze Projekt macht viel Spaß. Die Menschen hier sind sehr zugänglich und unproblematisch und es ist schön, dass das Kunsthaus so gut eingebunden ist. Hier sind die touristischen und kulturellen Wege, insgesamt das ganze Miteinander schon sehr gut entwickelt“, sagt sie.

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Ibbenbürener Volkszeitung, 26.04.2013

Wasserkarte für eine Abenteuertour durch den Kreis

Die Künstlerin Käthe Wenzel ließ die Visionen von Passanten zum Ausbau des Technikmuseums Gestalt annehmen

Video-Link

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Westfälische Nachrichten, 25.04.2013

Dann kam Tschernobyl

Künstlerin spricht mit Menschen über Atomfrage - Antworten in Cartoons verpackt

Schöppingen - Wie fühlt es sich an, neben einem Atomzwischenlager zu wohnen? 
Was halten die Nachbarn von angereisten Demonstranten, die Bahngleise blockieren? 
Wie dringend brauchen wir Atomstrom? 

Die Künstlerin Käthe Wenzel fragt nach: Mit einem Stipendium des Künstlerdorfs Schöppingen bereiste sie im Rahmen des Gesamtprojekts „Kritische Masse“ das Münsterland und sprach mit Bürgern in Gronau und Ahaus, mit Aktivisten und Parlamentariern, führte Interviews mit Vertretern von Atombetrieben und in der Fußgängerzone. Die Antworten übersetzt sie in cartoonartige Zeichnungen, die in eine interaktive Landkarte im Netz eingebunden sind.

„In unserer Familie waren wir immer vom technischen Fortschritt überzeugt. Dann kam Tschernobyl. Das war so wie: ‚Shit, den Weihnachtmann gibt es gar nicht‘“, erzählte zum Beispiel Melanie Werner aus Retzen der Künstlerin. Ihr Zitat ist illustriert mit einer Zeichnung vom Weihnachtsmann. Beides ist auf der Inter-netseite von Käthe Wenzel zu sehen. Ausgehend von einer herkömmlichen Landkarte entsteht hier mit täglich neuen Zeichnungen eine interaktive Karte für das Internet, die einen Überblick über Atomstandorte, Proteste, Bürgermeinungen und Statements von Fachleuten im Münsterland gibt. Jedes Gespräch wird auf der Karte markiert, und wenn man mit der Computermaus darüber fährt, öffnen sich Zitate und Zeichnungen. 

Ergebnis ist ein vielstimmiges Porträt der Region zu einem der Schmerzthemen der Bundespolitik. 

Das Gesamtprojekt „Kritische Masse“ ist eine Aktion zu Kunst und Energie im Münsterland. Mit künstlerischen Strategien und Mitteln wird eine kritische Befragung zum Thema Energie im Münsterland durchgeführt und mit ästhetischen Mitteln die zentrale Stellung der Energiefrage für die Zukunft bewusst gemacht. Das Projekt ist dezentral (verschiedene Orte, verschiedene autonom handelnde Akteure und Veranstalter) und weitgehend ergebnisoffen angelegt. Die gemeinsame Klammer bildet das Thema. Die konkreten Verfahren und Vorgehensweisen sind künstlerische Aktionen und Strategien im öffentlichen Raum und Internet, Ausstellungen, partizipatorische Versuchsanordnungen und Experimente. „Kritische Masse“ wird gefördert vom Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen. 

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In: Kunst und Energie. Transfer, Beitr�ge zur Kunstvermittlung No.9.
Einzelbeiträge des NRW Modellprojektes KWW-Stipendien.

Chaotic Pattern Machine

1. Abstract
Die Chaotic Pattern Machine ist eine per Wasserkraft betriebene Maschine, auf der chaotische Ströme als sich wandelnde Muster sichtbar werden. Aufgebaut aus einem System von transparenten Röhren und wassergetriebenen farbigen Schaltern, stellt sie eine Verbindung her zwischen fluktuierenden Signalen und der internen Musterbildung eines vernetzten Entscheidungsprozesses her. Die Chaotic Pattern Machine dient sowohl zur praktischen Auseinandersetzung mit der Überlagerung von Regelmäßigkeit und Chaotizität im Labor als auch zur Visualisierung von Forschungsthemen, bei denen es um vernetzte Produktionssysteme ("Produktionslabyrinthe") und kollektives Verhalten geht. Sie entsteht in ständigem Austausch zwischen der Künstlerin Dr. Käthe Wenzel aus Berlin, dem Computational Systems Biology Professor Dr. Marc Hütt und der Logistik Professorin Dr. Katja Windt von der Jacobs-University Bremen.

2. Konstruktion 
Die Chaotic Pattern Machine wird sich über eine 2,5 x 5m große Wand im Fluctuations Research Lab an der Jacobs University in Bremen erstrecken. Zusammengesetzt aus Acrylröhren und Wasserrädern in verschiedenen Größen, funktioniert sie als angewandtes mathematisches experiment. Durch die transparenten Röhren ist auch das fließende Wasser zu sehen. Die Installation setzt sich aus zwei Systemen zusammen - dem oberen, einem Lorenz-Wasserrad, und einem daran angeschlossenen Röhrensystem mit mechanischen Elementen, das auf das obere System reagiert. Das Lorenz-Wasserrad wird durch einen gleichmäßigen Wasserstrom angetrieben, der sich durch die Bewegungen des Rades in einen chaotischen Ausfluss verwandelt, der an wechselnden Stellen in das Röhren-Labyrinth fließt.

Das Netz der Röhren ist bestückt mit binären, wassergetriebenen Schaltern; je nach Zufluss weisen sie eine blaue oder orange Farbfläche vor. Aus der Ferne setzen sich diese Flächen zu bewegten, sich ständig ändernden Mustern zusammen, die wie ein mechanisches Display die Bewegungen des Wassers sichtbar machen. Angetrieben wird die Mechanik durch die unberechenbaren Wasserflüsse, die sich aus dem Lorenz-Wasserrad in die Röhren ergießen. Mit Hilfe einer Umwälzpumpe wird das Wasser aus einem Auffangbecken nach oben befördert, wo es sich erneut in das Lorenz-Wasserrad ergießt. Bis auf den Zufluss ins Auffangbecken und auf das Lorenz-Wasserrad, befindet sich das Wasser ständig innerhalb eines abgedichteten, geschlossenen Systems. Die Umwälzpumpe sorgt dafür, dass eine begrenzte Wassermenge in ständiger Bewegung gehalten wird (Wasserkosten). Das Material (Acryl XT) ist licht-, wasser- und alterungsbeständig. Kalkbildung wird durch die Verwendung von destilliertem Wasser vermieden, Algenbildung durch sparsame Zusätze von ökologisch unbedenklichen Produkten aus der Aquariumspflege. Bei Bedarf können einzelne Elemente des Systems (Rohrabschnitte oder Relais) leicht ersetzt werden, ohne die restliche Installation in Mitleidenschaft zu ziehen.

3. Kontext 
Die Chaotic Pattern Machine stellt eine Verbindung her zwischen fluktuierenden Signalen und der internen Musterbildung eines komplexen vernetzten Entscheidungsprozesses her - und damit zu den logistischen und mathematischen Forschungsanliegen des Fluctuations Research Lab. Eine der großen Herausforderungen der Logistik ist die Optimierung von Produktions- und Distributionsprozessen unter fluktuierendem Angebot und fluktuierender Nachfrage. Ein komplexes externes Signal (die äußeren Fluktuationen) trifft dabei auf ein Netzwerk von Fertigungs- und Verteilungsabläufe.

Das Lorenz-Wasserrad geht zurück auf das mathematische System, in dem deterministisches Chaos entdeckt wurde (S.H. Strogatz: Nonlinear Dynamics and Chaos: With Applications to Physics, Biology, Chemistry and Engineering, 2001). Das Wasserrad wurde um 1970 von Willem Malkus und Lou Howard am Massachusetts Institute of Technology (MIT) entworfen und wird heute noch an vielen Universitäten verwendet, um abstrakte chaotischer Systeme zu illustrieren. Seit den bahnbrechenden Arbeiten von Watts und Strogatz und Albert und Barabasi (D.J. Watts, S.H. Strogatz: Collective dynamics of 'small-world' networks. Nature 393, 440-442, 1998; A-L. Barabasi, R. Albert: Emergence of scaling in random networks. Science 286:509 512, 1999) ist die Analyse natürlicher und technischer Systeme als Netzwerke zu einem der wichtigsten Paradigmen der Forschung an komplexen Systemen geworden (siehe M.-Th. Hütt: Was ist Selbstorganisation und was nützt sie zum Naturverständnis? In: Vec M, Freund A.M. und Hütt, M.-Th. (Hg.): Selbst- Organisation. Ein Denksystem für Natur und Gesellschaft. 2006, Kapitel 5).

Durch seine Fähigkeit, ein abstraktes mathematisches System mechanisch abzubilden, ist das Lorenz-Wasserrad ein ideales Untersuchungsobjekt an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft, und zentraler Mechnaismus der Chaotic Pattern Machine. Künstlerisch verwandt mit den hydraulisch-kinetischen Objekten Tinguelys, unterscheidet sie sich von diesen in ihrem praktischen und visuellen Doppelbezug auf naturwissenschaftliche Themen. Anders als z.B. Tinguelys mit Wasserkraft betriebenen Schau-Skulpturen oder Olafur Eliassons Erlebnisräume, die in der Tradition frühneuzeitlicher "Wasserkünste" und der künstlerisch-mathematischen Joint Ventures des 17. Jh. stehen, knüpft die Chaotic Pattern Machine eher an die physikalischen Prinzipien verpflichteten, konzeptuellen Arbeiten Hans Haackes an. Zwei grundlegende Prinzipien aus Käthe Wenzels künstlerischer Auseinandersetzung - die Aneignung kunstfremder Systeme zu künstlerischen Zwecken, und die Forderung nach Kunst, die den Betrachtern eine aktive Rolle zutraut - hat sie in einer neuen Dimensionen weiter entwickelt.

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Marvin Altner in: Gleisdreieck Berlin 2012. Kunst im Öffentlichen Raum.
Katalog zur Ausstellung, Berlin 2012

Brot gewordene Architektur ist Käthe Wenzels künstlerische Spezialität. Nach dem Sommergästeschloss Friedrichs des Großen in Potsdam-Sanssouci (2008) ,und der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (2009) in Hefeteig folgt für ..Gleisdreieck Berlin 2012" das Park-Brot. Erstmals erweitert Wenzel die Serie ihrer temporären Brot-Skulpturen um die landschaftliche Dimension des Stadtraums. 
Für sie gilt, was auch auf ihre Architektur-Laibe im Gegensatz zu konventionellen Modellgebäuden aus Sperrholz und Styropor zutrifft: the medium is the message. Wenzels Brotmodelle visualisieren eine Auffassung von Stadt, in der das Bauwerk als Laib in seiner Formbarkeit erscheint. Betrachtung, Einverleibung und Reflexion laufen parallel und niemand isst die Architektur allein, wenn die Künstlerin sie angeschnitten hat. 

Auch Käthe Wenzels Interactive Cartoon Mapping im Park am Gleisdreieck hat Vorläufer: Innerhalb der Werkgruppe Cartoonorama entstanden bislang das Brooklyn Diary - Mapping New York, die Campustour 2010 Uni Flensburg sowie GrensMap. Wo ist ihre Grenze? mit Gesprächen, Erkundungen und Zeichnungen auf Fahrten entlang der deutsch-niederländischen Grenze. Standen bei den zurückliegenden Mapping-Projekten die Menschen nicht nur als Befragte, sondern auch als Personen mit ihrem individuellen Habitus, ihrer Kleidung und ihren Verhaltensweisen im Mittelpunkt, so konzentriert sich Wenzel im Rahmen ihrer ersten Berliner Cartoonorama-Aktion vor allem auf den Ort. Die Stadtansicht als Darstellungsgegenstand und Inspirationsquelle wird durch fiktive Szenarien, die BesucherInnen des Parks im Gespräch mit der Künstlerin entwickeln, in einen Möglichkeitsraum transformiert, der als solcher nur im Medium Zeichnung existiert. 

Verfügbar werden die Zeichnungen Wenzels auf der Internetseite cartoonorama. de, auf der per Cursorbewegung farbige Pop-ups der City-Cartoons abrufbar sind, deren visionärer Charakter nur noch die Grenzen des Darstellbaren kennt.

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Joe Nolan in: Nashville Scene, 19. - 25.11.2009, S.43

I, Robot - Käthe Wenzel

At a recent show in a gallery in Brooklyn, audience members excitedly took the controls of robots armed with paintbrushes. The mechanical Matisses rendered an awkward musical score that improvising musicians then did their best to follow. If this all seems a little confusing, perhaps artist Kaethe Wenzel will have a clearer explanation of her shwo when she speaks at gallery Ftonight. looking bakc at two decades since the fall of the wall in Berlin, Wenzel(a Berliner) will speak to the issues facing German artists and audiences since reunification. A performance of some kind will follow. There is a good chance that Nashville Scene contributor Dave Maddox will have his saxophone in tow for Wenzel' s piece, and we have been assured that yes, there also will be robots.

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Press Release:

John Roach and Käthe Wenzel: Robo-Improvisation Arena

Exhibition Dates: November 6 through November 15, 2009

“Have you ever controlled a robot or conducted an orchestra? ” Artists John Roach and Käthe Wenzel say, “You can do both in one go!” Their “Robo-Improvisation Arena” at Space on Dobbin turns the gallery into a “collective art coliseum.” The audience activates five remote-controlled robots, or “artbots”, designed by Berlin artist Käthe Wenzel. Bearing charged brushes and such heraldic names as “Pablo, Hellraiser Off Canvas”, “Fightin’ Gal Frida,” and “Andy Popsicle,” the artbots move around the 8 foot-square arena. As they pass magnetic fields in the installation, designed by sound artist John Roach, they trigger colored lights and signal musicians to improvise. But the musicians also must follow the artbots’ painted marks like an evolving graphic score.

The installation is a collectively operated system of color, sound, and movement. The result can be a duet between an artbot and a soloist, or an interactive symphony.

“I am interested in setting up open experiments that the audience completes,” says John Roach. “The results of this piece depend on your presence and your choices. You’re invited to embrace uncertainty, expectation and curiosity. You never know who’s in control.” For Käthe Wenzel, “Robo-Improvisation Arena” reflects the dynamics of urban life, which we all produce and participate in daily. It is also emblematic of the collective production of culture, crossing temporal, geographic, and personal boundaries. This points away from the mechanisms of the art market, including the role of the ‘heroic’ artist as the generator of art history.

The installation functions with live musicians performing on Friday Nov. 6th,, 6.30-9.30 PM (musicians: Irene Fong, John McQueeney, Paul Corio) & Friday Nov. 13th, 6.30-9.30 PM (musicians: Glendon Jones, Benjamin Bacon, Charles Goldman). At other times, visitors operate artbots accompanied by recorded music.

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Helen Thorigton in: Networked Music Review

Live Stage, John Roach and Käthe Wenzel

"Have you ever controlled a robot or conducted an orchestra? ” Artists John Roach and Käthe Wenzel say, “You can do both in one go!” Their “Robo-Improvisation Arena” at Space on Dobbin turns the gallery into a “collective art coliseum.” The audience activates five remote-controlled robots, or “artbots”, designed by Berlin artist Käthe Wenzel. Bearing charged brushes and such heraldic names as “Pablo, Hellraiser Off Canvas”, “Fightin’ Gal Frida,” and “Andy Popsicle,” the artbots move around the 8 foot-square arena. As they pass magnetic fields in the installation, designed by sound artist John Roach, they trigger colored lights and signal musicians to improvise. But the musicians also must follow the artbots’ painted marks like an evolving graphic score.

The installation is a collectively operated system of color, sound, and movement. The result can be a duet between an artbot and a soloist, or an interactive symphony.

“I am interested in setting up open experiments that the audience completes,” says John Roach. “The results of this piece depend on your presence and your choices. You’re invited to embrace uncertainty, expectation and curiosity. You never know who’s in control.” For Käthe Wenzel, “Robo-Improvisation Arena” reflects the dynamics of urban life, which we all produce and participate in daily. It is also emblematic of the collective production of culture, crossing temporal, geographic, and personal boundaries. This points away from the mechanisms of the art market, including the role of the ‘heroic’ artist as the generator of art history.

The installation functions with live musicians performing on Friday Nov. 6th,, 6.30-9.30 PM (musicians: Irene Fong, John McQueeney, Paul Corio) & Friday Nov. 13th, 6.30-9.30 PM (musicians: Glendon Jones, Benjamin Bacon, Charles Goldman). At other times, visitors operate artbots 

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Käthe Wenzel in: Festschrift des Robert Tillmanns Hauses zum 50-jährigen Bestehen

Von der Museumsinsel bis in den Hinterhof

Berlin hat viel zu bieten. In puncto Kunst vor allem seine reichen Museen - und eine springlebendige Kunstszene, die sich von den Galerien in der Auguststraße bis in die Ateliers und experimentellen Räume in den Hinterhöfen von Kreuzberg und Prenzlauer Berg erstreckt. Institutionen und Improvisiertes, Altes und Neues, Markt und Experiment - in Berlin finden Sie alles Seite an Seite, und wer will, kann sich auf ausführliche Entdeckungsreisen begeben. Wer sich die Kunststadt Berlin erobern möchte, beginnt meist mit der Museumsinsel.

Das ist eine gute Wahl, denn das in über 100 Jahren Bauzeit entstandene Gesamtkunstwerk mit seinen fünf großen Häusern, die einzigartige Kulisse mit ihren Tempelfronten, Säulengängen und den Ausblicken auf den Fluss und die Stadt sollte man auf keinen Fall verpassen - nicht einmal dann, wenn einen Kunstwerke aus 6000 Jahren Geschichte kalt lassen sollten. In den 1830er Jahren geplant als Schrein für Wissenschaft und Kunst von der Frühantike bis ins 19. Jahrhundert, wurde der Komplex bis zur Eröffnung des Pergamon-Museums 1935 immer wieder erweitert und verschönert.

Ziel war nicht mehr und nicht weniger als eine Gesamtschau der sogenannten Hochkulturen der Menschheit - vom alten Ägypten über die Kunst des Zweistromlandes und der klassischen Antike über Mittelalter, Renaissance und Barock bis zum Preussen des 19. Jahrhunderts. Tatsächlich kann man von kykladischen Skulpturen bis zu Ölmalerei des 19. Jahrhunderts auf der Museumsinsel fast alles sehen, was schön und kostbar ist. Höhepunkte sind, neben der weltberühmten Nofretete-Büste im Alten Museum, die Architekturen aus Babylon und Kleinasien: Das spektakuläre Ischtartor, der Pergamon-Altar und die Fassade des Markttors von Milet machen das Pergamon-Museum zum einzigen Indoor-Architekturmuseum weltweit.

Das Bode-Museum prunkt mit dem komplett ausgestatteten Innenraum einer italienischen Renaissance-Basilika, und in der Alten Nationalgalerie hängen Hauptwerke der Romantik und des deutschen und französischen Impressionismus, darunter Gemälde von Caspar David Friedrich, Menzel, Liebermann, Corot, Renoir und Manet. In die Betrachtung der französischen Impressionisten kann sich ein Fünkchen Bedauern einschleichen, wenn man bedenkt, dass Hugo von Tschudi, Leiter der Nationalgalerie um 1900, vom Ankauf weiterer Werke zurückgepfiffen wurde: Kaiser Wilhelm II. selbst soll ihm mit den Worten "Keine violetten Ferkel, Tschudi!" zu verstehen gegeben haben, der solle sich bei seiner Ankaufspolitik lieber auf deutsche Kunst konzentrieren, die man für solider und vor allem für moralisch hielt.

Zur Zeit stehen auf der Museumsinsel wieder Kräne. Nach der Zusammenführung der geteilten Sammlungen in der Folge der Wiedervereinigung wird noch bis 2015 saniert und erweitert: Eine unterirdische Promenade soll die archäologischen Museen verbinden; das Neue Museum, seit dem Krieg eine Ruine, wird wieder aufgebaut; und eine neue, den alten Formen nachempfundene Galerie wird den Eingang zur Insel eröffnen, wenn das gesamte Ensemble als Weltkulturerbe neu eingeweiht wird. Neben den vielen Eindrücken der Museumsinsel könnte man den Rest von Berlin als Kunststadt fast aus den Augen verlieren - aber das wäre schade.

Nicht verpassen sollte man das Kulturforum im Westen mit der Neuen Nationalgalerie, der Gemäldegalerie, dem Kupferstichkabinett und zahlreichen weiteren Museen. Zusammen mit der Staatsbibliothek West, dem Kammermusiksaal und der Philharmonie entstanden die Museumsbauten an der Potsdamer Straße seit den späten 60er Jahren als Ersatz für das verlorene kulturelle Zentrum im Ostteil der Stadt und - in Sichtweite der Mauer - auch als kulturelle und finanzielle Machtdemonstration des Westens. Heute lockt die Gemäldegalerie mit Werken von Brueghel, Tizian, Caravaggio und Rembrandt, und das lichtdurchflutete Atrium lädt zu einer Ruhepause auf Bänken beim plätschernden Brunnen ein. Eine zu Unrecht weniger bekannte Besonderheit ist das Kupferstichkabinett - wer will, kann sich hier einen Druck oder eine Originalzeichnung von Käthe Kollwitz, Paul Klee oder sogar von Rembrandt vorlegen lassen und sie ganz für sich und von nahem in aller Ruhe betrachten. Gleich nebenan liegt die Neue Nationalgalerie von Mies van der Rohe mit ihrer reichen Sammlung von der klassischen Moderne bis zur Gegenwart.

Leider gerät der NNG auch die Ausstellungspolitik manchmal ein wenig allzu "klassisch" - es werden kaum Arbeiten von Künstlerinnen gezeigt, und der Kunst der DDR, die immerhin 40 Jahre lang für einen großen Teil des Landes von Bedeutung war, widmet man kaum mehr als ein Alibi-Eckchen. Den großen Bewegungen der Moderne räumt sie jedoch üppigen Raum ein, und hier bietet sie alles auf, was Rang und Namen hat, von Munch über Klee und Picasso bis zu Lucio Fontana und Gerhard Richter. Wer mehr Zeitgenössisches und Kunst jenseits der Koryphäen des 20. Jahrhunderts sehen will, sollte sich dem Hamburger Bahnhof zuwenden, oder - noch besser - direkt in Berlins lebhafte Galerienszene eintauchen. In Verbindung mit Berlins quirliger Künstler- und Partyszene hat sie der Stadt in den letzten Jahren den Ruf eingetragen, hipper als New York zu sein!

Bekannt für ihre Galerien ist vor allem die Auguststraße in Mitte. Insbesondere die "Kunstwerke - Institute for Contemporary Art", erregen immer wieder mit hochprofilierten Ausstellungen zeitgenössischer Kunst Aufmerksamkeit. Im Haus Nr. 26 residiert die Galerie eigen + art von Harry "Judy" Lybke, laut Wikipedia einem der erfolgreichsten Galeristen Deutschlands. In den 80er Jahren organisierte er in Leipzig Ausstellungen in seiner Privatwohnung zu einer Zeit, als Ausstellungsorte und Kunstzeitschriften ausschließlich in staatlicher Hand waren. Private Ausstellungen und zu Hause oder im Atelier hergestellte Magazine, die von Hand zu Hand gingen, unterliefen das Öffentlichkeitsmonopol der DDR und schufen die alternative Öffenlichkeit der oppositionellen Szene.

Einen Hauch von der wild-improvisierten Atmosphäre, die hier in den 90er Jahren herrschte, kann man noch um die Ecke im "Tacheles" in der Oranienburger Straße erhaschen. Den Ruf, inzwischen gewagtere und streitbarere Kunst als in der Auguststraße auszustellen, haben die Galerien in der Zimmerstraße - direkt um die Ecke vom Checkpoint Charlie kann man sich ein Bild davon machen, wer sich anschickt, in den nächsten Jahren den Markt zu erobern. Es lohnt sich, einen Blick zu riskieren.

Auch in Prenzlauer Berg gibt es viel zu entdecken, insbesondere rund um den U-Bahnhof Eberswalder Straße, wo früher die Mauer verlief und die Stadt an ein abruptes Ende kam. In alten Läden und Erdgeschosswohnungen, wo die Mieten erst jetzt beginnen, in die Höhe zu klettern, zwischen und hinter den Cafés und Restaurants haben sich alle Arten kleiner Läden, Werkstätten, Ateliers und Galerien eingenistet. Eine davon ist die Galerie Walden in der Kastanienallee 86, eine andere die galerie kurt im hirsch im zweiten Hinterhof der Kastanienallee 12. Hier findet Kunst abseits fester Budgets und institutioneller Politik statt; die kleinen, unabhängigen Galerien können es sich leisten, ergebnisoffene Projekte und junge Künstlerinnen und Künstler zu fördern. Sie bieten Raum für Experimente, die grandios oder mittelmäßig sein, und die auch einmal scheitern können.

Kurt im hirsch beispielsweise bezeichnet sich selbst als "experimentellen Kunst-Spielplatz"; zum "zehnjährigen Jubiläum ohne Budget" bekommen die Besucherinnen und Besucher die Fernsteuerungen für Käthe Wenzels Malroboter in die Hand und malen um die Wette. Der sogenannten "partizipatorischen Kunst" hat sich arttransponder e.V. in der Brunnenstraße 151 verschrieben. Arttransponder fördert und präsentiert Kunst, die nicht nur interaktiv ist, sondern die in aktiver Zusammenarbeit aller Beteiligten entsteht - die traditionellen Rollen von "kündendem" Künstler und andächtigen Betrachterinnen und Betrachtern werden aufgelöst; im Idealfall entstehen vielstimmige, kollektive Kunstwerke, die Aufschluss über das Befinden einer Gesellschaft geben. Mit Kunst, der es in erster Linie um Schönheit geht, hat dies nicht mehr viel zu tun; hier wird über Kunst diskutiert, die sich in soziale Zusammenhänge einschaltet, die konzeptuell und politisch sein will. Auf den ersten Blick scheint es ein weiter Weg von der Museumsinsel hierher. Aber wer sich Menzels "Eisenwalzwerk" oder Max Liebermanns "Spinnstube" in der Alten Nationalgalerie angesehen hat, weiß, dass engagierte Kunst keine neue Erfindung ist; und wer sich auf der langen Wanderung durch die Kunststadt Berlin mit schmerzenden Füßen vor dem so-und-so-vielten Bild auch einmal gelangweilt hat: Der ist schon ziemlich nah dran an den aktuellen Diskussionen über neue Formen von Kommunikation in und über Kunst, die zur Zeit in Berlin stattfinden.

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Sebastian Preuss in: Berliner Zeitung, 07.08.2008.

Rokoko aus Filz und Pappe

Potsdam lässt die Gegenwartskunst ins Schloss: eine wenig erbauliche Ausstellung in den Neuen Kammern 

Es ist ein Experiment und als solches durchaus begrüßenswert. Erstmals darf sich die Gegenwartskunst in einem Schloss von Sanssouci ausbreiten. Die Initiative ging von Ellen Kobe, selbst Künstlerin, und Marvin Altner aus. Sie entwickelten das Konzept für die Neuen Kammern, die Friedrich der Große 1747 als Orangerie direkt neben Schloss Sanssouci errichtete und 1771-75 zu einem prachtvoll ausgestatteten Gästehaus umbauen ließ. Für zweieinhalb Monate lässt sich das Gebäude wie gewohnt besichtigen, aber vor den Stukkaturen und Vertäfelungen, zwischen Rokoko-Möbeln und Gemälden stößt man jetzt auf rund 40 Werke von 20 Künstlern. Altes und Neues durchdringen sich beim Rundgang. 

Offenbar wurde darauf geachtet, dass die Interventionen das friderizianische Ambiente nicht dominieren, sondern sich in ihrer Ästhetik oder im Inhalt irgendwie auf das Schloss beziehen. Das ist zwar dem Rang der Neuen Kammern, den Vorgaben der Restauratoren wie den Wünschen der Besucher angemessen, doch nimmt es dem Projekt auch einiges an Freiheit. Und um es gleich zu sagen: Die meisten Künstler halten der Auseinandersetzung mit dem historischen Bauwerk und seiner Ausstattung nicht stand. 

Das beginnt schon am Eingang, den Christina Kautz, Simone Neidhard und Uta Pottgiesser mit einer gläsernen Schwelle aus geätztem Glas versehen. Darauf steht "Neue Kunst in den Neuen Kammern!", also ganz lapidar der Ausstellungstitel; warum das belanglose Werk "Opferscheibe II" heißt, das wissen die Götter. Im Foyer bei den Kassen verweist Ellen Kobe auf das, was die Besucher an einem Wochenende in den Neuen Kammern hinterlassen, nämlich sechs Liter Atemwasser, die man jetzt in einem Glasbehälter bewundern darf. Eine schönere Einstimmung auf die alten Räume bietet Falk Weiß' Fotozyklus "Der Beweis", der mit Besuchern in Friedrichs Gästehaus entstand. 

Doch dann beginnt die Folge der Prunksäle. In der Blauen Galerie hat Dirk Westermann seine "Hundebergèren" auf den Marmorboden gelegt: Stoffpolster, auf die er grafische, comicartige Szenen aufbrachte. Ein Flugzeug trifft auf das Wort "Pax" (Frieden), ein Bombenabwurf auf "Thisbe" und "Alcmene". In surrealer Weise erinnert Westermann an die Allegorien und Mythologien der Barockkunst. Coco Kühn bietet dagegen einen ganz privaten Rekurs auf Potsdam. Mit alten Fotos und einem Text erzählt sie von einem Porträt des Alten Fritz, das ihre Familie von Ostpreußen bis in die neue Heimat in Potsdam begleitete. Andere Künstler orientieren sich an der höfischen Ausstattung. So deckt Annette Munk im Buffetsaal aus Filz, Wollstoff und Gummi eine Tafel mit textilen Braten-Imitaten, während sie in der Ovidgalerie zwei Rückenlehnen von goldenen Stühlen in rosa Filzhäute samt Brustwarze verwandelt - ein Zitat der umliegenden Wänden, wo allerlei mythologische Figuren ein munteres erotisches Spiel mit ihren Brüsten treiben. Das ist wenigstens noch lustig, was man von Sebastian Stieberts peinlicher Preußen-Installation aus Soldatenstiefeln in Leder und Porzellan nicht behaupten kann. 

Einen eindrucksvolleren Bezug auf die barocken Bildwelten bietet da Jean-Louis Garnell mit zwei großen Fotografien im Jaspissaal: Ein junger Mann überwältigt eine junge Frau, die sich - wie einst die Damen in den galanten Mythologien - halb erschreckt, halb lustvoll hingibt. Dieses Wechselspiel von Gestern und Heute zeigt auch, welch heikle Themen solche Transformationen in unserer gegenwärtigen Wahrnehmung treffen können. 

Doch weitere solcher gelungenen Werke sucht man vergeblich. Stattdessen stößt man auf Julia Büttelmanns verspieltes Pseudo-Rokoko aus Pappe, auf Anna Zosiks Krinolinengerüst aus Blech (frei nach Velazquez' "Infantin") oder darf sich auf einem Kaminsims an Käthe Wenzels kitschig-kapriziösen Zuckerskulpturen ergötzen. Der Dialog zwischen alter und neuer Kunst wird mit solcher Kleinmeisterkunst nicht gerade gefördert. Verkehrte Welt: Das renommierte Kunstfestival "Rohkunstbau" wurde von der Schlösserstiftung aus Schloss Sacrow verbannt. Soll diese Ausstellung nun das favorisierte Gegenmodell sein? Das will man einfach nicht glauben. 

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In: Märkische Allgemeine, 05.08.2008.

Montagsführung & Performance begleitend zur Ausstellung "Neue Kunst in den Neuen Kammern!"

Die Neuen Kammern im Park Sanssouci, einst das Gästeschloss Friedrichs des Großen, sind vom 19. Juli bis 28. September 2008 Schauplatz einer gemeinsamen Ausstellung von FLORA 16 - Büro für Kunst und Kommunikation und der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG): "Neue Kunst in den Neuen Kammern!", kuratiert von Ellen Kobe und Dr. Marvin Altner, präsentiert Bilder, Skulpturen und Installationen von 20 zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern aus dem In- und Ausland, die unseren Blick auf den traditionsreichen Ort und seine Geschichte erweitern. 

Mit der Kunstpräsentation in historischen Innenräumen beschreitet die SPSG Neuland: Erstmals wird zeitgenössischen KünstlerInnen die Möglichkeit geboten, ihre Werke direkt in den Schlossräumen der Hohenzollern zu zeigen. Bisher fanden von der SPSG veranstaltete Ausstellungen zeitgenössischer Kunst stets in neutralen Ausstellungsräumen statt. Die Neuen Kammern, ab 1747 ursprünglich als Orangerie erbaut, wurden wenige Jahre später zum königlichen Gästehaus umgestaltet. Friedrich der Große nutzte das zum Architekturensemble des Schlosses Sanssouci gehörende, im Stil des friderizianischen Rokoko gehaltene Gebäude für Feierlichkeiten, als Konzertsaal sowie als Wohnort hoher Militärs während der jährlichen Frühjahrsrevuen und Herbstmanöver. Nach umfangreichen Restaurierungsarbeiten sind die vier repräsentativen Festsäle und sieben Gästezimmer des Schlosses seit 1987 für den Publikumsverkehr geöffnet und empfangen jährlich etwa 50.000 Besucher. 

"Neue Kunst in den Neuen Kammern!" schafft eine Situation von reizvoller Mehrdeutigkeit: Künstlerinnen und Künstler integrieren ihre Werke in die historischen Räume, (fast) ohne sie zu berühren. Die künstlerischen Interventionen kommentieren, interpretieren und ironisieren die eindrucksvolle historische Architektur und Lebenswelt des 18. Jahrhunderts - ein spannungsreicher Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart entsteht. Die meisten der 20 KünstlerInnen haben ihre Arbeiten eigens für die Kammern und Säle des einstigen Gästeschlosses geschaffen. In allen Fällen wurden Werke ausgewählt, die Aspekte des Ortes und seiner Geschichte thematisieren. 

Dem symbolischen wie materiellen Reichtum der historischen Architekturen, Galerien und Innenausstattung des Schlosses begegnen die KünstlerInnen mit Werken aus den Bereichen Malerei, Skulptur, Performance, Fotografie, Architektur, Textilherstellung und Bühnenbild. Einige der aus Berlin stammenden KünstlerInnen bewegen sich in Potsdam-Sanssouci auf vertrautem Terrain, andere - aus Deutschland, Frankreich, der Schweiz und den USA - begegnen einem bisher fremden Ort. 

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Klaus Büstrin in: Der Tagesspiegel, 31.07.2008.

Damen mit Zuckerguss

Im Bufettsaal der Neuen Kammern von Sanssouci, dem einstigen Gästehaus Friedrich des Großen, wird aufgetischt. Es gibt Hühnchen und Schinken. Probieren sollte man davon aber besser nicht. Das Federvieh im Strickpullover und das Räucherstück aus Gummi wirken doch etwas abgestanden. Ohnehin sind es Kunstwerke, die das Rokoko-Ambiente in den kostbar ausgestatteten Schlossräumen kommentieren, hinterfragen, auch stören und ironisieren sollen. Umgekehrt geschieht das Gleiche. So ergibt sich in der Ausstellung "Neue Kunst in Neuen Kammern" des Berliner Büros für Kunst und Kommunikation Flora 16 eine herrliche Mehrdeutigkeit, die ganz und gar spielerisch, heiter, ja witzig daher kommt. 

Im Grünen Lackkabinett wird der Besucher zu einer Tasse Kaffee oder Schokolade eingeladen. Doch Halt, bitte kein Wasser in die kunstvoll bemalten Gefäße gießen. Es könnte sein, sie weichen auf, schließlich hat sie Julia Büttelmann aus Pappe und Papier gefertigt. Die Pantoletten und Brautschuhe mit den großen Schnallen und fantasievollen Blumen im Alkoven des Schlafzimmers hinterlassen den Eindruck, als ob sie so eben von den Füßen gestreift wurden. 

Die Damen, die sich in dem Zimmer Tag und Nacht aufhalten, sind aus Zucker und Wachs. Käthe Wenzel hat sie und die berühmte Prinzessinnengruppe nach Schadow geschaffen, auch aus Zucker. Das Knochenkleid hat dagegen nichts mit heiterem Rokoko zu tun, es stößt irgendwie ab. Da schaut man sich lieber die "Vögel" aus Knochen und farbenprächtigen Federn an, die von der Decke herunterhängen.

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Matthias Reichelt in: Junge Welt, 29.07.2008.

Aus alt mach neu: In zwei Potsdamer Ausstellungen wirkt Gegenwartskunst an historischen Orten

Im Jahre 1747 wurden die Neuen Kammern am Potsdamer Schloß Sanssouci als Orangerie geplant, aber letztlich als königliches Gästehaus von Friedrich dem Großen genutzt. Nun hat die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg zum ersten Mal die Tore dieses Gebäudes für die zeitgenössische Kunst geöffnet. Mehr als 20 internationale Künstlerinnen und Künstler haben dort ihre Arbeiten als Intervention, als Aperçu oder ironisches Fake in die Räume integriert. In der Differenz liegt immer die Chance der Erkenntnis - Gegenwartskunst reagiert auf einen historischen Kontext. 

Von einem vordergründigen Spektakel setzt sich das Projekt klug ab und verlangt von den Besucherinnen eine hohe Aufmerksamkeit. Viele Arbeiten werden nicht auf dem Präsentierteller serviert, sondern müssen regelrecht entdeckt werden. Zum Beispiel auf dem Boden: An der alten Holztürschwelle des Eingangs hat die Künstlerinnengruppe »3+x« (Christina Kautz, Simone Neidhard, Uta Pottgiesser) eine sandgestrahlte Glasplatte mit dem Ausstellungstitel angebracht. Die Besucher werden sich dort mit ihren Tritten einschreiben und palimpsestartig ihre Spuren auftragen und überschreiben. 

Wie problematisch eine hohe Besucherfrequenz für die aus dem 18. Jahrhundert stammenden und im Stil des Rokoko erbauten Räume sein können, verdeutlicht Ellen Kobe, die das Projekt zusammen mit Marvin Altner im gemeinsamen Büro »Flora 16« organisiert hat. Im Foyer demonstriert sie in einer Vitrine, wieviel Kondenswasser an einem durchschnittlichen Wochenende durch das Atmen der Besucher abgesondert wird. Coco Kühn macht sich Gedanken um den Getränkevorrat und legt im Kamin ein Depot mit Bierdosenrohlingen an. Die vergoldeten Böden harmonieren perfekt mit dem goldverzierten Raum und könnten auf den ersten Blick als Kamingitter durchgehen. Thorsten Streichardt hat die eigene Gipsbüste mit einer historisch korrekten Perücke aus Hausstaub versehen. Bei gesenktem Blick sind in der Ecke seine kleinen Wollmäuse zu sehen. Käthe Wenzel bestückt den Kaminsims mit kleinen Figuren, die eben nicht aus Porzellan oder Marmor, sondern aus kristallisiertem Zucker gefertigt sind. Elisabeth Sonneck doppelt das Rautenmuster des Bodens im Ballsaal durch lose aufgelegte Kunststoffplatten. Wären nicht hier und dort rotorange Platten eingestreut, könnten sie leicht übersehen werden. Annette Munk trägt im Speisesaal Geflügel- und andere Bratenattrappen aus Textil und Gummi auf, während sich die Schweizer Künstlerin Ruth Handschin Gedanken über die königliche Unterwäsche gemacht hat. Ironische Kommentare, Interventionen und pure Fiktion sind Stilmittel dieses vergnüglichen Projektes, das die Neuen Kammern belebt. 

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Martin Stefke in: Märkische Allgemeine, 18.07.2008.

Gegenwartskunst in historischen R�umen: Neue Kunst in den Neuen Kammern

POTSDAM - Will man das Bild von der Doppelgeburt wirklich bemühen - und dies liegt nahe, weil Ellen Kobe und Marvin Altner, die Kuratoren der Ausstellung "Neue Kunst in den Neuen Kammern!", gestern eine Tochter zur Welt brachten - dann sind Schwangerschaft und Niederkunft beim anderen "Kind" der beiden - eben jener von Flora 16 - Büro für Kunst und Kommunikation in Zusammenarbeit mit der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten veranstalteten Schau - keineswegs komplikationslos verlaufen. 

Das mag in der Natur der Sache liegen. Wenn Gegenwartskunst in historischen Räumen nicht bloß gezeigt, sondern speziell für diese Orte erarbeitet werden soll, stößt der Einfallsreichtum der Kreativen schnell an die Grenzen des Machbaren. Kaum jemand weiß das besser als Ellen Kobe, die seit Jahren als freie Mitarbeiterin Besucher durch die Potsdamer Schlösser führt. Und so hat sie das Problem in ihrem eigenen künstlerischen Beitrag zur Schau auch thematisiert. Der Glaskasten ihrer "Schalenschüttung" enthält so viel Wasser wie an einem Wochenende allein durch den Atem der Besucher im einstigen Gästeschloss Friedrich II. hinterlassen wird - ganze 6 Liter! 

Bei dieser Sensibilität für konservatorische Probleme ist schwer nachzuvollziehen, weshalb die vom Schweizer Künstlerpaar Eggs & Bitschin geplante "Neue Kammer für die Neue Kammer" vor dem Schloss nun nur auf dem Luisenplatz realisiert werden durfte. Auch weshalb das "Eineurohaus", welches sich Josef Michael Ruhl für einen der Gitterpavillons des Schloss Sanssouci erdachte, nur als Modell zu sehen ist. Ging der Stiftung derlei Gegenwartsbezug dann inhaltlich allzu weit? Dass die 20 Künstler aus der Bundesrepublik, Frankreich und der Schweiz nämlich sehr behutsam und doch ausgesprochen wirkungsvoll mit dem Potsdamer Welterbe umzugehen vermögen, beweist die Ausstellung jedenfalls immer wieder. Was da wie Julia Büttelmanns wunderbar hintersinnige Videoarbeit "schon schön" aus der Puderkammer flimmert und tönt, wie Käthe Wenzels "Knochenvögel" als Mobile von der Decke flattert, wie Anna Zosiks "Infanta" im Alkoven oder auf manch anderem edlen Möbel oder kostbarer Bodenfliese steht, ist rundum sehenswert.

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Eva Kalwa in: Der Tagesspiegel/Ticket, 12.06.2008.

Bauchpinseleien

Mit leichtem Kitzel dreht sich der Friseurpinsel schnell und sanft über den nackten Bauch. Der kühle Luftzug, den der Autoventilator im Maschineninneren hervorruft, ist besonders angenehm bei dem heißen Wetter: Einmal so richtig gebauchpinselt werden, das ist schön! Das haben die Künstlerinnen Käthe Wenzel und Lisa Glauer oft gehört, als sie Arbeitnehmer und Chefs zu ihren Schmeichel-Techniken im Umgang miteinander befragt und dabei mit einer tragbaren Bauchpinselmaschine verwöhnt haben. Die dabei entstandenen Videos geben einen amüsant-bedenklichen Einblick in die herrschenden Hofierungspraktiken auf dem Arbeitsmarkt. Die Filme sind nun im Projektraum artTransponder anzusehen, genauso wie der noch kastenförmige Prototyp des Schmeichel-Helferleins. Für den mietfreien Ausleihservice Jellibelly stehen - bunt und sexy - neue Formen des tragbaren Servicegerätes zur Verfügung. uch eine münzbetriebene Standversion ist im Einsatz,und wer möchte, kann sich mit Hilfe eines Projektors bei ihrer Benutzung selbst beobachten: ein lustiger, aber nicht immer schmeichelhafter Anblick.

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In: upcoming.yahoo.com/event/453604/.

Fashion Show& Closing Night Party

Fashion designer Levi Okunov is one of the fashion industry's rising stars. His Fall 2008 line, which features pieces inspired by The Jewish Museum's renowned Torah Art and Hanukkah lamp collections, incorporates materials such as velvet and parchment to suggest textures and forms associated with traditional Judaica. The lining of several pieces feature stenciled and painted texts by the 13th century Persian poet Rumi translated into English, Arabic, and Yiddish. These passages represent the artist's wish for religious tolerance and cultural co-existence.His collaborators on the project include hair stylist, Almog, fabric desinger Sharon Ascher, crown designer Käthe Wenzel, makeup artist Linda Mason, and painter Rita Ackermann.

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31. M�rz 2008.

Jay Michaelson: Mixing Heresy and High Fashion:
Levi Okunov Dresses Women Up as Torahs

Last night's hottie-filled fashion show debuting Hasidic Levi Okunov's spring collection was, despite the shvitzing of a hundred Heebs packed into an auditorium, very cool. Kudos to Andy Ingall and the JuMu staff for turning what is often a highly un-cool space into a place where it seemed like something new and sexy was actually happening in real time. Kudos to Melissa Shiff for trancing us out to digital mandalas made of Hebrew letters and sacred objects. And kudos to whoever bought the free vodka. 

But mostly, kudos to Levi Okunov himself, interviewed elsewhere on this site, and ably profiled by Jennifer Bleyer on Nextbook, who fused his Hasidic background and his audo-didactic fashion sensibility to create work that could've been novelty, could've been irony, but actually was art. Would that the vanity projects of some absurdly-funded Jewish narcissists were as careful to avoid the easy temptations of kitsch. What's the difference? Whereas aint-it-cool cultural kitsch is just a snide in-joke, Levi Okunov is actually trying to say something, to make something new. 

To back up a little -- the Sabbatean heresy, which lasted from about 1665 to around 1820 (though there are still hidden Sabbateans today, some of whom are on Facebook) -- was, in large part, a secret mystical movement which laid the groundwork for Hasidism and preserved the antinomian ecstasy of Jewish messianism for over a century and a half. As the name implies, their central object of devotion was Sabbetai Sevi, who in 1666 counted 1/3 of all European Jews as his followers -- but who lost most of them when he converted to Islam rather than die at the hands of the Turkish sultan. 

But devotion to Sabbetai was not the only point of the movement, especially after Sevi's death. Many Sabbateans believed that the redemption had come, and our job was to experience it now, by deliberately transgressing the laws of the old regime -- especially regarding sex. One of their notorious rituals involved having a young girl dress as the Torah, her breasts exposed, while (male) devotees danced around her kissing her breasts. This was, in a sense, a recorporealization. The Torah is itself a stand in for the Shechinah, the feminine aspect of God (a/k/a the Goddess): She wears a beautiful velour dress and a crown, and then at a special time, we take the dress off, open her parchment legs, and with our phallic pointer open her to reveal the secrets that lie between them. 

Many of Okunov's designs are quite similar, placing the garments of the Torah upon a (half-undressed) beautiful woman. I know that Okunov isn't deliberately referencing the Sabbatean ritual (he told me so last night), but I'm struck by the similarity of inspiration. In a sense, both Okunov and the Sabbateans are simply responding to the feminine iconography of the Torah H/herself. But I think there is something more interesting going on in both cases, which is the re-universalizing of the particular, the transcription of the mythic into a realm that is deeper than myth and which underlies the Torah, the Sabbateans, contemporary fashion, and all the other iterations of eros which spiritual and aesthetic souls have devised. 

Sabbateans, after all, are not just finding excuses to have sex; like all heretics, they are believers. Like Okunov, they are moved by beauty and eroticism, see them as gifts from God no less holy than the Torah itself. Okunov's post-Hasidic theology finds God everywhere (he told me that too), not just within the bounds of orthodoxy, and indeed, quite often in exactly those places which traditional law is so afraid of. In the hands of a lesser artist, dressing a woman up in the Torah's clothes would be an act of puerile rebellion. Oh boy, what a thrill, a woman in a Torah crown. But in the hands of a mystic, it is to take seriously the power of sexuality that makes religion worth doing in the first place -- and worth stealing back from the pious. (Not coincidentally, Sabbateanism extended its defiance of gender roles well beyond sexuality; women were in positions of leadership and power in the movement, and were as learned as men, even in the 18th century. Mysticism and liberation don't always go together, but here they did.) In an essay called "Renewal is not Heresy," Rabbi Zalman Schachter-Shalomi, like Okunov a renegade ex-Chabadnik, tried to explain why his form of de-orthodoxed Hasidism was not Sabbateanism. To many of us, he never quite succeeded. Who knows, maybe a kind of neo-Sabbateanism -- here as a stand-in for celebrating the erotic, visceral essence of true religion outside the bounds of traditional law -- is the Jewish renewal that many of us have been looking for. If so, I hope Levi Okunov's designing the costumes. Or lack thereof. 

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In: The Jewish Museum. Off the Wall 27. M�rz 2008.

Andrew Ingall: It was Fierce

Levi Okunov launched his Fall 2008 Collection at the Closing Night Party to an enthusiastic, sweaty crowd. Levi drew inspiration from the Museum's extensive collection of Torah crowns and Hanukkah lamps. Garment materials include Torah mantle velvet, parchment, hand-painted organza, and parachute fabric silkscreened with Rumi love poetry in English, Yiddish, and Arabic. Kudos to Almog for hair, Linda Mason for makeup, Sascha Ascher and Rita Ackermann for hand-painted fabrics, and Kaethe Wenzel for crowns. Melissa Shiff and Diwon, also artists-in-residence during Off the Wall, collaborated with Levi respectively with projected video mandalas and a live score. Afterparty included performances by Diwon (premiering "That Yemenite Kid," his Off the Wall project), Smadar, Miriam Zafri, and Y-Love. All photos courtesy of Adrian Nina. More after the jump. 

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Wolfgang Lucke in: Rheinzeitung, 14.01.2008.

Mit Kunst Koblenzer Vorurteile abbauen

Von wegen "schäl' Seit": Käthe Wenzel fokussiert eine Eigenart der Stadt - zwei Ausstellungen 

Mit ihrer zweiten Ausstellung in der Galerie Koblenz-Ost in ehrenbreitstein hat Inhaberin Katrin Seidel einen Nerv des Koblenzer Lebens getroffen. Denn die Berliner Künstlerin Käthe Wenzel betrachtet in ihrer Arbeit "Städtische Gewächse - ein Koblenzer Verpflanzungsexperiment" einmal den Koblenzer hang zur Trennung von linker und rechter Rheinseite. 

Dazu barchte sie an mehreren öffentlichen gebäuden in der Stadtmitte und in Ehrenbreitstein jeweils drei Kunstharzmodelle der festung Ehrenbreitstein einerseits und des Deutschen Ecks andererseits an. Sinn der Aktion war es, die Wahrzeichen der jeweils anderen koblenzer Rheinseite den menschen sprichwörtlich "näher" zu bringen und damit die links- und rechtsrheinischen Stadtteile künstlerisch zu verbinden. 

Katrin Seidel erinnerte in ihrer Begrüßung daran, dass die Stadtentwicklung gerade in Ehrenbreitstein ein heißes Thema darstelle. Die auf beiden Seiten des Rheins bestehenden Vorurteile seien infrage zu stellen. Auch sei zu analysieren, warum der Rhein in dieser Beziehung eine solch trennende funktion habe. Die Bilder der Ausstellung beschreiben das Thema in anderer Art, dort werden großformatige Zeichnungen in Wachs und "Lichtdruck" auf Fotopapier von Käthe Wenzel zum Thema Stadtlandschaften gezeigt. 
Käthe Wenzel erklärt, dass sie die Kooperationsbereitschaft der Koblenzer Behörden völlig überrascht habe. "In Berlin wäre so etwas nicht möglich gewesen." Immerhin habe sie ja Bohrlöcher an öffentlichen Gebäuden anbringen müssen. In einer der Kunst gegenüber so offen eingestellten Stadt mache es richtig Spaß zu arbeiten. 

Käthe Wenzel, künstleirn und Kunsthistorikerin, beschäftigt sich immer wieder schwerpunktmäßig mit dem Thema Stadtentwicklung . Neben Ausstellungen im In- und Ausland hat sie Lehraufträge an der Universität für Angewandte Kunst in Wien und an der International Jacobs University Bremen. Sie lebt und arbeitet heute in Berlin.

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In: Rheinzeitung, 10.01.2008.

Kunst-Verpflanzung in der Galerie

"Städtische Gewächse" ist der Titel einer Ausstellung der Berliner Künstlerin Käthe Wenzel, die am Freitag, 1. Januar, 19 Uhr, in der Galerie Koblenz-Ost in der Ehrenbreitsteiner Hofstr.263 eröffnet wird. Beim "Koblenzer Verpflanzungsexperiment" installiert Wenzel Modelle der Festung in der Innenstadt und Modelle des Deutschen Ecks in Ehrenbreitstein. In der Galerie zeigt sie parallel die Modelle sowie Zeichnungen. 

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In: Kultu(k)r 12/07.

JelliBelly-Bauchpinselmaschinen-Service

In diesem witzigen, aber auch gesellschaftskritischen Projekt geht es um eine Kulturtechnik, die als Wort zwar vom "Aussterben" bedroht ist, aber in Zeiten von sogenannten prekären Arbeitsverhältnissen, von erhöhtem Druck auf dem Arbeitsmarkt eine zunehmende Rolle spielt. freiwillige Testpersonen unterschiedlicher Herkunft, sozialer Stellungen und Funktionen unterzogen sich im Sommer einer ironisch-witzigen Behandlung mit der Bauchpinselmaschine und ließen sich Stimmungs- und Meinungsbilder "herauskitzeln". Die ausgestellte Videoinstallation zeigt eine Sammlung als launisches Zeitdokument über den alltag inder Provinz. 

Lassen auch Sie sich bauchpinseln! Die stationäre Bauchpinselmaschine mit Münzeinwurf erzeugt Wohlbefinden und Selbstwertgefühl. Sie ist ab sofort im Einsatz.

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Elvira Meisel-K�mper in: Ibbenbürener Volkszeitung, 14.12.2007.

Wonne für runde Festtags-Bäuche

Endlich ist der "JelliBelly-Bauchpinselmaschinen-Service" der Künstlerinen Käthe Wenzel und Lisa Glauer wieder da angekommen, wo die Idee ihren Ausgang nahm. Im Kunshaus Kloster Gravenhorst entstand diese "Bauchpinsel-Maschine" in der Stipendiumsreihe KunstKommunikation 2007.Mit den Künstlerinnen und einem Team reiste das Gerät durch den Kreis Steinfurt und bis nach Münster. Jeder, der wollte, konnte sich bauchpinseln lassen. Die durchweg positiven reaktionen und Kommentare wurden mit der Kamera in Ton und Bild aufgezeichnet. 

Eine kleine Ausstellung in den Gravenhorster Atelierräumen ist krönender Abschluss der Reise und des Projekts. Die Künstlerinnen stellen sämtliche Prototypen des Geräts aus, das sie mit simplen Mitteln bis zur möglichen serienreife entwickelt haben. Anfangs war es eine einfache Holzkiste. Später gossen sie das Endmodell in Gips und ließen es in Plastik nachformen. Für jede Bauchform entwickelten sie eine Maschine. Für den Waschbrettbauch brauchte das Gerät längst nicht so eingedellt zu sein wie für den runden Wohlstandsbauch. 

Umfragen über die Härte des Pinsels oder die bevorzugte Farbe der Maschinen werteten sie in Skalen aus: 56,8% der Befragten sprachen sich für Rot aus, 13,5% für Blau. Bauchpinslen lassen kann man sich in der Schau natürlich auch. der Region.

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In: Ibbenbürener Volkszeitung, 08.09.2007.

Heute schon gebauchpinselt worden?

Vom Bauchpinseln versteht das Team etwas, das gestern Morgen mit der "Bauchpinselmaschine" auf dem Wochenmarkt in Ibbenbüren unterwegs war. "Künstler müssen ständig bauchpinseln," sagen die Berliner Künstlerinnen Käthe Wenzel und Lisa Glauer, die die Idee für ihre Maschine hatten und diese auch konstruierten. "Jellibelly" heißt das rote Gerät mit dem auf Knopfdruck rotierenden Rasierpinsel, das die beiden Frauen entwickelten, die ein Jahr Stipendiatinnen des Kresi-Stipendiums KunstKommunikation im DA Kunsthaus Kloster Gravenhorst sind. Und Jellibelly weckt Emotionen. Freundliche zumeist, denn die Menschen, die gestern von dem Bauchpinsel-Team angesprochen wurden, reagierten zunächst amüsiert, manche ein wenig verunsichert, als vermuteten sie die "versteckte Kamera" hinter der nächsten Ecke. 

Gerade in Zeiten angespannter Wirtschaftslage und vor allem Menschen in rekären Arbeitssituationen oder auch Freiberufler wie zum Beispiel Künstler müssten ständig andere bauchpinseln um etwas zu erreichen, erläuterten Wenzel und Glauer ihre Idee. Der ständige Kampf ums Fortkommen habe Wenzel irgendwann erschöpft und scherzhaft sagen lassen: "Ich will eine Maschine fürs bauchpinseln!" Die Idee gefiel Glauer spontan: "Das machen wir!" Und die beiden suchten sich für die öffentliche Präsentation ihres Prototyps sachkundige Verstärkung. Die Ein-Euro-Jobber Klaus Steltenkamp und Christine Oehler vervollständigen das Bauchpinsel-Team und hatten offensichtlich Freude an dem nicht ganz alltäglichen Job. 

"Ich bin Kaufmann"," so Steltenkamp. So eine künstlerische Peformance sei für ihn einmal etwas ganz anderes. "Das macht mir riesig Spaß." Das Ganze sei aber "nicht nur Jux und Dollerei," stellte das Team klar. Und bei den Kurzinteviews, die das Projektteam mit den Passanten führte, wurden auch der gesellschaftskritische Ansatz, der kommunikative Aspekt und auch der reflexive Charakter der Aktion erkennbar. Bauchpinseln sei ja nicht nur etwas Negatives, erläutert Gerd Andersen, Leiterin des DA Kunsthauses Kloster Gravenhorst. Die meisten jungen Leute sähen das Wort nur negativ, aber für ältere Menschen, die das Wort noch aus dem Plattdutschen kennen, sei es durchaus ambivalent, habe auch eine positive Seite. Jemanden bauchpinseln bedeute, jemandem Wichtigkeit zusprechen, ihm mitzuteilen: Du bist für mich jetzt von Bedeutung. 

Wann wurden Sie das letzte Mal gebauchpinselt? Wann haben Sie jemanden gebauchpinselt, wie und warum? Kennen Sie überhaupt das Wort? Was bedeutet es für Sie? Hätten Sie gern so eine Maschine? - diese und ähnliche Fragen beantworteten passanten gestern auf dem Markt den Künstlerinnen und Mitarbeitern. "Ja, für meinen Chef," lautete eine häufige Antwort. Womit die meisten den Künstlerinnen darin recht gaben, dass es heute immer wichtiger geworden sei, andere zu bauchpinseln, wenn man etwas erreichen will. "Das ist eine Technik, die alle Menschen anwende, das hat mit Hierarchie zu tun," so Wenzel. Dabei werde Arbeit mit Emotionen vermischt. Interessant sei auch die Frage, wie weit das bauchpinseln normale Freundlichkeit sei und wo die Prostitution beginne, so Gerd Andersen. 

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In: Westfälische Nachrichten, 10.09.2007.

Bauchpinsel-Automat im Kunsthaus "tut uns allen gut"

Eine stationäre "Bauchpinselmaschine", gebaut von den beiden Künstlerinnen Käthe Wenzel und Lisa Glauer, steht seit Sonntag im Foyer des Kunsthauses Kloster Gravenhorst. Kunsthaus-Leiterin Gerd Andersen ließ es sich nach der offiziellen Enthüllung der Maschine nicht nehmen, das bauchpinsel-Gefühl am eigenen leib zu erleben: "Das tut uns allen gut." Ganz ohne "Bauchpinselei", so freute sie sich, sei es dem Kunsthaus gelunegn, ein überregionales Profil in der Kunstszene zu entwickeln. So sei es jetzt gelungen, mit dem Konzept für die Projektstipendien kunstKommunikation als eines von lediglich 22 bundesweit ausgewählten innovativen Kunstprojekten zur Kunstmesse Ruhr "kunstquadrate" vom 2. bis 4. November in die Zeche Zollverein eingeladen zu werden. 

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In: Westfälische Nachrichten, 04.09.2007.

Eine Einladung

Eine Einladung zur "contemporary art ruhr" in Essen am 3./4. November hat dem Kunsthaus Kloster Gravenhorst das Projektstipendium KunstKommunikation eingebracht. Eines der Projekte ist die stationäre "JelliBelly Bauchpinselmaschine" der Künstlerinnen Käthe Wenzel und Lisa Glauer, die hier mit Kunst- hausleiterin gerd Andersen und dem stellvertretenden Landrat Bernhard Hembrock zu sehen sind.

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In: Münstersche Zeitung, 04.09.2007.

Bauchpinselei für das Wohlgefühl an der Kunst

Wurden Sie heute schon gebauchpinselt? Oder müssen Sie selbst bei anderen für Wohlbefinden sorgen, damit Sie endlich einen Job oder motivierte Mitarbeiter bekommen? Dann könnte für Sie JelliBelly, die Bauchpinselmaschine, hilfreich sein. Es gibt sie im DA Kunsthaus Kloster Gravenhorst. Die alten Klostermauern, die mittlerweile dem Kreis Steinfurt gehören, beherbergen heute Gegenwartskunst. Dabei werden Bilder oder Skulpturen nicht nur ausgestellt, sondern es wird besonderer Wert darauf gelegt, dass die Kunst Beziehung aufnimmt zum Ort und zu den Menschen. Kunsthaus DA - das steht für "Denken", sich auseinandersetzen und "Atelier" bedeutet Kunst herzustellen und damit zu experimentieren. Vier Stipendien werden vom DA jedes jahr an Künstlerinnen und Künstler vergeben. Die Vorgabe: kunst als kommunikation.

Im Rahmen eines solchen Stipendiums entwickelten die Künstlerinnen Käthe Wenzel und Lisa Glauer ihre Bauchpinselmaschine. Einerseits reflektieren die beiden Berliner Künstlerinnen mit dem Bauchpinsel ihre eigene Situation auf dem freien Kunstmarkt, wo sie Entscheidungsträger der Kunstszene für sich gewinnen müssen. "Wir kamen in tiefsinnige Gespräche, auch über uns selbst als Ausstellungsmacher hier im Kunstbetrieb," so Gerd Andersen, die Leiterin ds Kunsthauses DA, die für das Kloster Gravenhorst dieses kommunikative Kunstkonzept entwickelte. Mit dem Bauchpinsel gingen die Künstlerinnen auch auf die Straße in Ibbenbüren und Hörstel, traten in Kontakt mit den Menschen dort und boten ihnen an, sich mal so richtig bauchpinseln zu lassen. Die Menschen reagierten wohlwollend und erstaunt. Bei jedem Kunstprojekt werdn Menschen aus der Region mit aktiv. Im Falle des Bauchpinsels waren das Ein-Euro-Jobber, die auf diese Weise eine Ausbildung in Videoschnitt und Websitegestaltung machten. Bei anderen Kunstprojekten wurden Schüler mit einbezogen. 

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In: Ibbenbürener Volkszeitung, 05.09.2007.

Heute schon gebauchpinselt?

"Wann wurden Sie das letzte Mal gebauchpinselt?" Wer diese Frage hört und dabei einen roten Kasten mit Rasierpinsel sieht, kann sicher sein: Hier ist Kunst am Werk und gleich wird es kitzelig. Käthe Wenzel und Lisa Glauer hatten die Idee für "Jellibelly" - die Bauchpinselmaschine im Handtaschenformat. Die Berliner Künstlerinnen überzeugten damit die Jury im Kunsthaus Kloster Gravenhorst, erhielten ein Stipendium und machten sich an die Arbeit. Wenzel und Glauer haben die ersten Prototypen in ihrem Berliner Atelier gebaut, aus dem anuellen Vorläufer wurde ein voll motorisiertes Modell. 

Seit Anfang August wird nun im Kreis Steinfurt ausprobiert. Während bei der Frage "Wann wurden Sie zuletzt gebauchpinselt?" noch schmunzelnd Schmeichelbeispiele aus Familie und Freundeskreis genannt wurden, war es bei der umgekehrten Frage schon schwieriger. Wer gibt schon gern aktives bauchpinseln zu? Zumindest eines steht fest: im September wird die bauchpinselmaschine an verschiedenen Orten im Kresi Steinfurt zum Einsatz kommen.

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Elvira Meisel-K�mper in: Münstersche Zeitung, 04.09.2007.

Einmal bauchpinseln, bitte!

Die Künstlerinnen Käthe Wenzel und Lisa Glauer werden ab Mittwoch mit ihren Helfern Christine Oehler und Klaus Steltenkamp Bäuche pinseln. Mit der "Jellibelly-Bauchpinselmaschine". Sie werden Menschen ansprechen und sie fragen, ob sie sich bauchpinseln lassen möchten. Dieser kommunikative Aspekt war grund genug, dass die Künstlerinnen dafür ein Projektstipendium des Kunsthauses kloster Gravenhorst in Hörstel erhalten haben.

"Das Wort Bauchpinseln steht auf der Liste der bedrohten Wörter," sagen die Künstlerinen. "Leute unter 30 Jahren kennen diese Wort nicht mehr." was früher bauchpinseln genannt wurde, heißt heute einschmeicheln oder - negativ formuliert - "einschleimen". Während er Aktion wird der Proband in Bild und Ton aufgezeichnet. Zusätzlich wird er in einem Fragebogen befragt nach Aussehen und Qualität des Geräts, welches die Künstlerinnen eigens dafür mit simplen Mitteln entwarfen. Die Ergebnisse fließen in eine Webseite ein, die als virtuell nutzbares Gesamtkunstwerk zusammengestellt wird. Die Bauchgefühle (Belly = Bauch) sind mehr als ein Stimmungsbarometer der Region.

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In: Ibbenbürene Anzeiger, 15.09.2007.

Achtung, die Bauchpinseler sind unterwegs!

Haben sie heute schon jemanden gebauchpinselt, oder sind Sie gebauchpinselt worden? Und was haben Sie dabei empfunden? Dieser eher symbolisch gemeinte Vorgang aus der Liste der aussterbenden Wörter soll demnächst ganz konkrete form annehmen. Die Künstlerinnen Lisa Glaer und Käthe Wenzel haben sich als Stipendiatinnen des Kunsthauses im Kloster Gravenhorst auf ihre Weise dem Thema genähert. Die beiden haben eine Bauchpinselmaschine konstruiert. Das etwa handtaschengroße Gerät wurde schonmal im Atelier des Kunsthauses DA Kloster Gravenhorst vorgeführt.

Lisa Glauer: "Die Maschine besteht aus einem Holzgehäuse. Darin ist ein Ventilator mit Pinsel angebracht, der sich von links nach rechts und zurück bewegt. Der Pinsel ist austauschbar für hartes oder weiches Bauchpinseln, je nach Geschmack. Man kann diese Version herumtragen, sie ist batteriebetrieben. es wird aber auch eine Standversion geben, die mit Stecker und Münzeinwurf funktioniert!"

Bauchpinseln gegen Geld? "Natürlich, wir nähern uns doch einer Service-Gesellschaft," sagt Käthe Wenzel. "Wir haben deshalb die Maschine entwickelt. Gerade, wenn man künstlerisch arbeitet wie wir, oder nur einen Gelegenheitsjob hat, ist man sehr stark auf Kontaktarbeit angewiesen, und Bauchpinseln ist ein Teil davon. Unsere Maschine ermöglicht das Bauchpinseln in gleichbleibender Qualität."

Natürlich soll man das Ganze wie einen riesengroßen Spaßmit ernstem Hintergrund begreifen, wenn die beiden Frauen mit ihrer "ironisch-witzigen Behandlung" durch die Orte ziehen und dabei die Testpersonen zu spontanen Äußerungen provozieren, immerhin gehen sie ihren Gegenübern doch ziemlich dich auf den Pelz. und irgendwann beginnt auch das Nachdenken - über das Wort, den Vorgang, negative oder angenehme Assoziationen. Für ihren ganz besonderen Service haben sie sogar eine eigene Seite ins Internet egstellt - www.jellibelly.net - wo man ihre Dienste bestellen kann - für den Einsatz beim Chef vielleicht, beim künftigen Auftraggeber? Ein Probelauf vor einer Eisdiele in Hörstel, gefilmt und technisch begleitet von den Brücken-Jobbern Christine Oehler und Klaus Steltenkamp, verlief schonmal ganz vielversprechend.

Vom 1. bis 9. September werden die jungen Frauen und die Brückenjobber als Bauchpinselteam im kreis Steinfurt unterwegs sein. (...) Noch keine Antwort bekamen die Künstlerinnen auf ihre Anfrage aus der Kresissparkasse in Ibbenbüren und dem klinikum. Dort wollen sie Personal und Besuchern an den Bauch.

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Elvira Meisel-K�mper in: Münstersche Zeitung, 13.08.2007.

Künstler im Kreis unterwegs

Der "Jellibelly-Bauchpinselmaschinen-Service" der Künstlerinnen Käthe Wenzel und Lisa Glauer geht auf Reisen (wir berichteten). Vom 1. bis 11. September sind die Künstlerinnen im Kreis unterwegs. "Sie bauchpinseln Passanten, Personen aus Politik und Öffentlichkeit, Menschen bei der Arbeit und auf Jobsuche", heißt es in der Ankündigung der Kunstaktion, die eines der Projektstipendien "KunstKommunikation 2007" ist.

Am Samstag, 1. September wird im Kunsthaus der Projektraum mit Videopräsentationen und Modellen der Bauchpinselmaschine der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. am Mittwoch, 5. September, steht das Team ab 10Uhr auf dem markt in Ibbenbüren. Zielgruppe sind Passanten, Kunden, Marktbeschicker. Am selben Tag um 16 Uhr besucht das Team den Kreisausschuss in Steinfurt. Am Donnerstag, 6. September, stehen sie ab 10 Uhr auf dem Markt in Hörstel. Gebauchpinselt werden auch dort wieder Passanten, Kunden, Marktbeschicker. Am Samstag, 8. September, stehen sie am Wewerka-Pavillon in Münster am Aasee um Spaziergänger, Hundehalter und Kunstinteressierte anzusprechen. Am Sonntag, 21. oktober wird mit der Eröffnung der Ausstellung "Kunst in unserer Region" die stationäre Bauchpinselmaschine im Kunsthaus eingeweiht. Sie reagiert nur auf Münzeinwurf und arbeitet ganz ohne das Team.

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Elvira Meisel-K�mper in: Münstersche Zeitung, 11.08.2007.

Die Bauchpinselmaschine geht auf Reisen

Die Realisierung des dritten projektstipendiums KunstKommunikation, welches das Kunsthaus Kloster Gravenhorst 2007 vergibt, steht bevor. Nach der Entwicklung der Bauchpinselmaschine "Jellibelly" durch die Künstlerinnen Käthe Wenzel und Lisa Glauer können die Damen jetzt endlich damit auf Reisen gehen.

Bauchpnselei ist ein freundlicheres Wort für "Einschleimen", erklärte die Kuratorin Gerd Andersen das Projekt. Jeder mache dies, umetwas zu erreichen. Die Kuratorin, um das Projekt zu ermöglichen, die Künstlerinnen, um in der Kunstwelt anerkannt zu werden sowie jeder Otto-Normalbürger. Manchmal überspannt man auch den Bogen, räumten die Akteure ein. Die Bauchpinselmaschine mache das sicht- und fühlbar, was normalerweise nur mental und sprachlich abläuft. Als vierköpfiges "Bauchpinselmaschinen-Service-Team" gehen die künstler damit jetzt in der Region auf Reisen.

Man könne schließlich nicht alles gleichzeitig machen. Der "Service" wird Leuten auf der Straße angeboten, ihre Reaktionen gefilmt in ton und Bild. Wer dann noch möchte, kann einen Fragebogen ausfüllen, der dann ausgewertet wird. Die Erstellung einer Webseite ist das Ziel. Termine werden noch bekannt gegeben.

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Achim Giersberg in: Münstersche Volkszeitung, 11.08.2007.

Die Bauchpinsler kommen

Sie ist das Gegenteil zur Axt im Walde: "Wohlbefinden und Selbstwertgefühl" soll ihre Bauchpinselmaschine erzeugen, hoffen die beiden Künstlerinnen Käthe Wenzel und Lisa Glauer. Drei Maschinen haben die beiden Stipendiatinnen das Kunstklosters Gravenhorst schon fertig, weitere sollen folgen, darunter auch ein stationäres Modell mit Münzeinwurf. Die Technik ist simpel. ein 12-Volt-Ventilatormotor bewegt einen Pinsel, der in etwa einem Rasierpinsel ähnelt, in vertikaler und horizontaler Richtung. Durch Hemd und Pul-lover spürt man das Pinseln nicht wirklich - besser sei deshalb ein entblößter Bauch, meint Käthe Wenzel. Aber das müsse der jeweils bauchgepinselte selbst entscheiden. So oder so werde Distanz überwunden und eine Grenze überschritten, aus einer anfangs eher peinlichen Situation entstünden schnell "interessante Gespräche".

Zusammen mit ihren beiden HelfernChristine Oehler und Klaus Steltenkamp - "Brückenjobber", die der Kreis für Durchführung und Aufarbeitung des Projekts zur Verfügung stellt - haben die beiden Künstlerinnen bereits einen Probelauf vor der Eisdiele in Hörstel absolviert, mit meist positiven Reaktionen, wie sie sagen. So richtig losgehen soll es aber erst vom 1. bis 11. September. Dann wird das Quartett Passanten auf dem Ibbenbürener Markt ebenso bauchpinseln wie Kunden der Kreissparkasse oder die Mitglieder des Kreisausschusses bei ihrer nächsten Sitzung in Steinfurt. Die Reaktionen werden mit Kamera und Mikro-fon festgehalten und später zu einer Video-Installation verarbeitet, die im Kunstkloster zu sehen ist.

"Bauchpinseln" stehe auf der Liste der bedrohten Wörter, erklären die Künstlerinnen. Nicht vom Aussterben bedroht sei jedoch die gemeinte Verhaltensweise: Irgendwo zwischen "schleimen" und "für etwas werben" oder "überzeugen wollen" stehe der Ausdruck. Jobsuche, Auftragsbeschaffung, kundenpflege: Das seien typische Einsatzfelder. Bisher werde stets in individueller Kleinarbeit gebauchpinselt; ihre Maschine mache das nun vollautomatisch und in gleich bleibender Qualität, erklären die beiden augenzwinkernd.

"Ein launisches Zeitdokument über den Alltag in der Provinz," erwartet die Jury, die das Projekt für stipen-diumswürdig hielt. Stimmungs- und Meinungsbilder würden aus den Menschen regelrecht "herausgekitzelt". Dass dem so ist, davon sind Künstlerinnen und Helfer ebenso überzeugt wie Gerd Andersen, stellvertretende Leiterin des Kunsthauses. Mit Ironie und Witz und ohne platten "Zeigefinger" werde hier eine kritische Auseinandersetzung mit dem Zeitgeist geführt, attestiert sie - oder sollte man besser sagen: bauchpinselt? - sie den Künstlerinnen.

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In: Münstersche Zeitung, 24.02.2007.

Kitzlige Vorfreude

Lachend stehen Veronika Teigeler, Bernhard Hembrock und Gerd Andersen vor dem wohl witzigsten Projektentwurf von Käthe Wenzel und Lisa Glauer im Kunsthaus Kloster Gravenhorst und reiben sich die Bäuche. Kein Hungergefühl und kein Karnevalsgeck treibt sie am Karnevalssonntag zu dieser humorvollen Kommentierung, sondern allein die Vorfreude auf die"Bauchpinselmaschine" der Berliner Künstlerinnen Käthe Wenzel und Lisa Glauer. Ihr Vorschlag ist einer von insgesamt vier Kunstprojekten, die im Rahmen der Projektstipendien KunstKommunikation 2007 im Laufe des Jahres in Gravenhorst realisiert werden.

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Elvira Meisel-Kämper in: Ibbenbürener Rundschau, 20.02.2007.

Geheimnis der Bauchpinselmaschine

Die neue Ausstellung im Kunsthaus kloster Gravenhorst zeigt die vier Projekte, die in diesem Jahr im Rahmen des Stipendiums KunstKommunikation verwirklicht werden. Darüber hinaus zeigt sie weitere Bewerbungen, di in die engere Wahl gekommen sind. Noch sind sie in der Planungsphase. Bislang erläutern nur text- und fotolastige Schautafeln jedes der eingereichten Werke. Das Interesse steigt jedoch, je intensiver man die Tafeln studiert. 

(...) Unters Volk mischen sich Lisa Glauer und Käthe Wenzel mit ihrer eigens dafür konstruierten, leuchtend roten Bauchpinselmaschine. Freiwillige dürfen sich für ihre Kunstaktion "bauchpinseln" lassen. Alle körperlichen und sprachlichen Reaktionen werden aufgezeichnet und zu einem "launischen Zeitdokument über den Alltag in der Provinz" gebündelt. 

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In: Münstersche Zeitung, 16.02.2007.

Geheimnis der "Bauchpinselmaschine"

Kreis Steinfurt/Hörstel. Die Würfel sind gefallen: Vier Stipendiaten sind bestimmt, deren Projekte 
in diesem Jahr im Rahmen des Kreis-Stipendiums KunstKommunikation des DA, Kunsthaus Kloster Gravenhorst in Hörstel umgesetzt werden. Sie konnten ihre Ideen im Wettbewerb mit fast 50 Künstlerkollegen durchsetzen. Die Jury-Mitglieder hatten es wahrlich nicht leicht, denn alle beteiligten Künstler hatten ihr Bestes gegeben, um die besonderen Anforderungen dieses Stipendiums zu erfüllen: Kunst in den öffentlichen Raum holen, Kunstinteressierte jeden Alters beteiligen, Kommunikation über Kunst anregen, Kunst als Prozess vermitteln. 

Die umgesetzten Ideen des vergangenen Jahres haben dabei hohe Maßstäbe gesetzt. Das legendäre Tetra-Pak-Boot, die vielbespielte Villa Hörstel oder die akustische Erinnerungslandschaft My private Gravenhorst begeisterten bereits Tausende. Für den zweiten Durchgang von KunstKommunikation waren im November 20 Künstler zur Ideenwerkstatt nach Hörstel eingeladen, um ihre Kunst vorzustellen und dabei den Charme und die Atmosphäre des umgebauten Klosters auf sich wirken zu lassen. Daraus entstanden 13 Entwürfe für Kunstprojekte, die nun gemeinsam mit den Gewinnerentwürfen in einer Ausstellung gezeigt werden. Am kommenden Sonntag (18. Februar) um 12 Uhr wird damit auch das Geheimnis gelüftet um die vier Projekte, die in diesem Frühjahr und Sommer zur Umsetzung kommen werden. Nur die Titel seien verraten: Observatorium Kloster Gravenhorst, Copy und Paste, Tausche Bilder gegen Geschichten und Greifbar Bauchpinselmaschine. 

Wer es ganz genau wissen will, kann die Ausstellung bis zum 25. März zu den üblichen Öffnungszeiten besuchen oder sich am Sonntag (25. Februar) und 25. März, 16 Uhr, die Entwürfe fachkundig erläutern lassen. 

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In: Westfälische Nachrichten, 16.02.2007.

Von Bauchpinselmaschinen und anderen Projekten

Kreis Steinfurt/Hörstel. Die Würfel sind gefallen: Vier Stipendiaten sind bestimmt, deren Projekte in diesem Jahr im Rahmen des Kreis-Stipendiums KunstKommunikation des DA, Kunsthaus Kloster Gravenhorst in Hörstel umgesetzt werden. Sie konnten ihre Ideen im Wettbewerb mit fast 50 Künstlerkollegen durchsetzen. Die Jury-Mitglieder hatten es wahrlich nicht leicht, denn alle beteiligten Künstler hatten ihr Bestes gegeben, um die besonderen Anforderungen dieses Stipendiums zu erfüllen: Kunst in den öffentlichen Raum holen, Kunstinteressierte jeden Alters beteiligen, Kommunikation über Kunst anregen, Kunst als Prozess vermitteln. 

Die umgesetzten Ideen des vergangenen Jahres haben dabei hohe Maßstäbe gesetzt. Das legendäre Tetra-Pak-Boot, die vielbespielte Villa Hörstel oder die akustische Erinnerungslandschaft My private Gravenhorst begeisterten bereits Tausende. Für den zweiten Durchgang von KunstKommunikation waren im November 20 Künstler zur Ideenwerkstatt nach Hörstel eingeladen, um ihre Kunst vorzustellen und dabei den Charme und die Atmosphäre des umgebauten Klosters auf sich wirken zu lassen. Daraus entstanden 13 Entwürfe für Kunstprojekte, die nun gemeinsam mit den Gewinnerentwürfen in einer Ausstellung gezeigt werden. Am kommenden Sonntag (18. Februar) um 12 Uhr wird damit auch das Geheimnis gelüftet um die vier Projekte, die in diesem Frühjahr und Sommer zur Umsetzung kommen werden. Nur die Titel seien verraten: Observatorium Kloster Gravenhorst, Copy und Paste, Tausche Bilder gegen Geschichten und Greifbar Bauchpinselmaschine. 

Wer es ganz genau wissen will, kann die Ausstellung bis zum 25. März zu den üblichen Öffnungszeiten besuchen oder sich am Sonntag (25. Februar) und 25. März, 16 Uhr, die Entwürfe fachkundig erläutern lassen.

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20.02.2007.

Künstlerisches Kleeblatt weckt Neugier

Gravenhorst/Kreis Steinfurt. da dürfen sich die Kreistags-Abgeordneten schonmal freuen: Auch sie sollen in den Genuss von Käthe Wenzels und Lisa Glauers Bauchpinselmaschine kommen. Dass die Maschine funktioniert, davon konte sich die jury für die Vergabe der diesjährigen Kunst-Stipendien für das Kunsthaus kloster Gravenhorst selbst überzeugen. Eigentlich, so erzählt es der stellv. Landrat Bernhard hembrock, sei das Projekt schon abgelehnt gewesen, nach einer Anwendung bei einigen Jury-Mitgliedern dann aber wieder auf die Liste gerutscht. Die Berliner Künstlerinnen versprechen sich von ihrer Maschine, dass sie die Menschen locker macht, aus ihnen "Stimmungs- und Meinungsbilder zur Lage der Nation" herauskitzelt. 

Gemeinsam mit den Projekten von Andy Brauneis (Augsburg), Martin Brüger (Darmstadt) und Petra Speilhagen (Berlin) gehören Käthe Wenzel und Lisa Glauer (Berlin) zum Kleeblatt der vier Glücklichen, die von der jury auserwählt wurden und jetzt die Chance erhalten, ihre projekte im Laufe des jahres zu realisieren. Zwischen insgesamt 13 Projektentwürfen, die bei einer Ideenwerkstatt im November vergangenen Jahres ausgewähltwurden, hatte die Jury bei der Endauswahl am 9. Februar die Qual der Wahl. 

"Ich glaube, wir haben die richtige Entscheidung getroffen", meinte Jury-Mitglied und Konzeptentwicklerin Gerd Andersen, als sie am Sonntag im Kunstkloster eine Ausstellung der Projektentwürfe eröffnete. Neben den vier Siegern kann man dort auch die abgelehnten entwürfe bewundern, darunter so interessante wie das - fiktive - "Tal der Hundertjährigen", das mit der demographischen Entwicklung spielt und auf den Werbeslogan setzt: "Besuchen Sie hörstel. Hier lebt man länger ohne alt zu werden". 

Andersen stellte in ihrer Rede die neuen Entwürfe in eine Reihe mit den im vergangenen jahr umgesetzten Ideen, wie dem tetrapack-faltschiff von Frank Bölters oder der Erinnerungslandschaft "my private Gravenhorst" von Tom Koesel und erinnerte nochmal an das konzept des Hauses, kommunikative Kunstprojekte zu fördern, "die von Handlung und Laienbeteiligung leben und die gesellschaftsrelevante Themen aufgreifen". Mit den Projektstipendien sei es gelungen, dem Kunsthaus ein "überregionales, eigenständiges Profil in der Kunstszene zu geben und gleichzeitig die lokale Verankerung und Akzeptanz zu stärken". Vor allem das zweistufige Bewerbungsverfahren mit einem offenen Diskurs und einem transparenten Ausahlverfahren habe sich bewährt und zum Profil des Kunsthauses beigetragen. 

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20.02.2007.

Launisches Zeitdokument: Käthe Wenzel und Lisa Glauer kitzeln Spontanes hervor

Gesellschaftskritik und kommunikative Elemente verbinden sich nach Ansicht der jury in diesem Projekt zu einem "spektakulär-subversiven regionalen Feldforschungsprojekt, das im Kontext von kunst, Gesellschaft und politik angesiedelt ist". Käthe Wenzel und lisa Glauer (Berlin) erreichen solches mit ihrer Bauchpinselmaschine, einer Vorrichtung, die den sprichwörtlichen Akt des Bauchpinselns wörtlich nimmt. mit dieser "ironisch-witzigen Prozedur" soll es gelingen, Statements zu Gott und der Welt im wahrsten sinne des Wortes herauszukitzeln. 

"So werden spontane Äußerungen provoziert, die in der abschließenden Sammlung ein launisches Zeitdokument über den Alltag in der Provinz ergeben", heißt es in der Auswahlbegründung der Jury. Projektteilnehmer unterschiedlichster Herkunft, Stellung und Funktionen sowie freiwillige Testpersonen werden zum Rendezvous mit der Maschine eingeladen - auch Verwaltung und Politik weden eingeladen. 

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Achim Giersberg, 20.02.2007.

Vielversprechend: Neue Kunst f�r Gravenhorst

Vorhang auf für das nächste Spektakel: Ausgefallen, schräg und gerne auch etwas verrückt darf es diesmal sein, Hauptsache unterhaltsam. Die ersten drei Kunststipendien im vergangenen Jahr haben schon einen Maßstab gesetzt: Viele Schaueffekte, viel Mitmachpotential, viel Lokalbezug, viel Freiraum für interpretationen zeichneten sie aus. So scheint es weiterzugehen. 

Vielversprechend hört sich an, was die vier Stipendiaten sich da ausgedacht haben. Dass die Projekte in und um das Kloster Gravenhorst dabei nur noch wenig mit tradierter kunst zu tun haben, stört kaum. Handwerkliches Können, eine klare Botschaft, erbauliche Schönheit - das bieten andere. kunst à la Gravenhorst, das ist Spielwiese und Sandkasten, Kommunikation und Experiment. Beim kopfschütteln und Rätselraten spielt die Frage nach dem Sinn kaum noch eine rolle - Staunen ist angesagt.Und gerade die so erzeugte unvoreingenomenheit öffnet neue Sichtweisen, gibt Antworten, wo gar keine Fragen waren.

Alles nur Bauchpinselei? Ach ja, inspirierend ist sie manchmal auch, die Show der jungen Künstler. 

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DA Kunsthaus Kloster
Gravenhorst: Begründung der Jury zur Auswahl des Projekts "Jellibelly-Bauchpinselmaschinenservice"

Der hohe performative Anteil der gesellschaftskritischen Kunstaktion Greifbar von Lisa Glauer und Käthe Wenzel verbindet sich mit kommunikativen Elementen zu einem spektakulär-subversiven regionalen Feldforschungsprojekt, das im Kontext von Kunst, Gesellschaft und Politik angesiedelt ist. 

Die ausgewählten ProjektteilnehmerInnen unterschiedlichster Herkunft, sozialer Stellungen und Funktionen und freiwillige Testpersonen werden in gleicher Weise einer ironisch-witzigen Behandlung mit der Bauchpinselmaschine unterzogen, in dem Stimmungs- und Meinungsbilder "zur Lage der Nation" und der eigenen Befindlichkeit "herausgekitzelt" werden. Die bewusst eingesetzte distanzlose Körperlichkeit dieser offensiven Kunstaktion bricht mit gesellschaftlichen Konventionen im Spiel zwischen Öffentlichkeit und Privatsphäre. So werden spontane Äußerungen provoziert, die in der abschließenden Sammlung ein launisches Zeitdokument über den Alltag in der Provinz ergeben. 

Das Projekt Greifbar spiegelt mit seinen öffentlichkeits- und medienwirksamen Anteilen das programmatische Profil des Kunsthauses in seinem ganzen Spektrum wider. Auch mit diesem Projekt wird DA wieder zu einem Kristallisationspunkt künstlerischen Arbeitens mit großer Ausstrahlung in die gesamte Region, aber auch zum Ort des aktuellen internationalen Kunstdiskurses. Ab Juni gibt es einen öffentlichen Projektraum im DA mit einem Modell der Bauchpinselmaschine Ab September wird es öffentliche Bauchpinsel Einsätzte geben.

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Achim Giersberg, 20.02.2007.

Vielversprechend: Neue Kunst f�r Gravenhorst

Vorhang auf für das nächste Spektakel: Ausgefallen, schräg und gerne auch etwas verrückt darf es diesmal sein, Hauptsache unterhaltsam. Die ersten drei Kunststipendien im vergangenen Jahr haben schon einen Maßstab gesetzt: Viele Schaueffekte, viel Mitmachpotential, viel Lokalbezug, viel Freiraum für interpretationen zeichneten sie aus. So scheint es weiterzugehen. 

Vielversprechend hört sich an, was die vier Stipendiaten sich da ausgedacht haben. Dass die Projekte in und um das Kloster Gravenhorst dabei nur noch wenig mit tradierter kunst zu tun haben, stört kaum. Handwerkliches Können, eine klare Botschaft, erbauliche Schönheit - das bieten andere. kunst à la Gravenhorst, das ist Spielwiese und Sandkasten, Kommunikation und Experiment. Beim kopfschütteln und Rätselraten spielt die Frage nach dem Sinn kaum noch eine rolle - Staunen ist angesagt.Und gerade die so erzeugte unvoreingenomenheit öffnet neue Sichtweisen, gibt Antworten, wo gar keine Fragen waren.

Alles nur Bauchpinselei? Ach ja, inspirierend ist sie manchmal auch, die Show der jungen Künstler. 

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Christian Asbach in: vernissage.tv, 06.10.2006.

Berliner Kunstsalon / Opening Reception

Impressions of the opening of the "Berliner Kunstsalon", September 28, 2006. The Berliner Kunstsalon is an independent, off-mainstream art fair, exhibiting over 200 artists during Berlin's Autumn of the Arts. Princess Hans represents the performing arts at this opening, and the camera spends some time with the photographies of Jan Vanhöfen, Bertram Kober, and Gregor Brandler at the space of "fas" (Fotoakademie Am Schiffbauerdamm, Berlin). Finally we meet Käthe Wenzel, a young object oriented artist who works with sugar, bones, wax, latex and other form(id)able materials. By VTV correspondent Christian Asbach.

Video-Link

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In: berlin art info, September 2006.

Käthe Wenzel: Fliegende Bauten

Erfindungen der modernen Gesellschaft, wie Urlaub und Freizeitgestaltung, werden thematisiert. Das Erlernen von Sprachen und bestimmte Verhaltensweisen sind nötig, um alles nach Wunsch verlaufen zu lassen. Mechanismen und Methoden des Reisens und der Unterhaltungsindustrie werden auf eine konzeptuell-plastische Weise verwendet, die sich ironisch mit dem Thema auseinandersetzt. 

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Michael Scaturro in: The Berlin Paper, 31.08.2006.

Nothing but Net

Until 1 September: Net-kit shipped around the world and modified by each recipient hints at humans' role in architecture 

The “Flying Buildings” exhibit at "artTransponder" is a 16-piece, string building kit that was shipped around the world six times and modified by each recipient as he or she saw fit (usually with knots). The resulting shape-shifting, soft work would seem to prove the creator Käthe Wenzel's thesis that “most architecture is soft” and that "cities and buildings are shaped by human needs, tastes, and interaction." Closes tomorrow. (tbp, 31 Aug 2006). 

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Richard Rabensaat in: Neues Deutschland, 14.08.2006.

Ein Netz von der Welt

Aus groben Bindfäden geknüpfte Netze hängen von der Decke des Projektraums "Arttransponder". Sie bilden im Raum der Galerie ein Geflecht, das vage an einen unregelmäßigen Raum erinnert. "Fliegende Buaten" ist der Titel einer Installation, mit der die Künstlerin Käthe Wenzel ihr weltweit nomadisierendes Projekt nun in Belrin ausstellt. 

Fotos zeigen das titelgebende Netzgebilde auf seinem Weg über Ungarn nach Australien, dann nach Südafrika und schließlich nach Holland und in die Schweiz. Käthe Wenzel hat es mit einem Karton per Post in die Länder an befreundete Künstler verschickt. 
Sie zeigt deshalb auch den vielfach abgestempelten Karton, kleine Säckchen, in denen sie die Einzelteile des Netzes aufbewahrt, und ein Heft, das wie ein Tagebuch die Gedanken der ausführenden Künstler festhält. Vor Ort haben diese das Netz dann zu immer neuen, zu immer verschiedenen Formen zusammengesetzt. 
"Mich interessiert die Prozesshaftigkeit des Bauens," erklärt die Künstlerin ihre Aktion. Architektur beschränke sich ja nicht auf die sture Ausführung eines Bauplanes, sondern sei ein Prozess, an dem letztendlich viele beteiligt seien. "Offensichtlich ist natürlich die Metaphorik des Netzes als Verbildlichung von sozialen Verknüpfungen und Beziehungen, die auch immer mit dem Bauen einhergehen," erläutert Wenzel. So solle auch Kunst entstehen, in einem "partitipatorischen Prozess", der das Kunstwerk nicht auf einen Sockel hebe, sondern es als lebendigen, sich verändernden Teil urbaner oder ländlicher Architektur begreife. 

Tatsächlich entfalten die Netze, aufgehängt in einer schweizerischen Alpen-Blumenwiese oder an einer australischen Küste, jeweils ein ganz eigenes Leben. In der Schweiz haben die Baukünstler erst gar nicht versucht, zu der überwältigenden dreidiemnsionalen kulisse der Berge einen an sich ja möglichen filigranen Kontrapunkt zu setzen. Sie spannten das Kästchengewebe in Form von Korridoren. 
Den Australiern dagegen bot das Knüpfwerk einen willkommenen Anlass, über die Geschichte ihres Kontinents zu reflektieren. "Die Bilder von deiner Arbeit, die zwischen Bäumen hängt, australischen Eukalyptusbäumen, sind so australisch wie nur was. Die Geschichte dieses Landes ist voller Mythen von Reisenden, Busch-Rangern, Aborigines und Tieren, die unter Eukalyptusbäumen schlafen, spielen, Rast machen und leben," schrieb Lee Salomone aus Adelaide an Käthe Wenzel.

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Manfred Wolff in: Kunstdunst, 06.08.2006.

Fliegende Bauten landen in der Brunnenstraße

Berlin, die Stadt, die nie ist und immerzu wird und dabei immer neue Inseln von Stilen gebiert, ohne je ein einheitliches Gesicht zu gewinnen, ist der ideale Ort des Abschlusses für das partizipatorische Kunstprojekt "Fliegende Bauten - Flying Buildings" von Käthe Wenzel. Hier wird heute abgerissen, was gestern scheinbar für die Ewigkeit gebaut wurde, morgen umgebaut und ergänzt, was heute als zeitlos schön gilt. 

Netze der Erinnerung 
Käthe Wenzel stellt die Architektur auf den Prüfstand: Ist sie ein Prozess des Werdens, der irgendwann in Starre verfällt oder muss man sie als einen Prozess der fortwährenden Veränderung verstehen, in dem mit immer neuen Beteiligten immer wieder neue Formen, Lösungen, Entwicklungen entstehen? Ihre Methode: sie knüpfte 15 Netze unterschiedlicher Größe aus Paketschnur und schickte diese, in kleinen Segeltuchtaschen, an Freunde und Kollegen in verschiedenen Ländern mit der Einladung, daraus einen Bau zu errichten und den Bauvorgang und das vorläufige Ergebnis zu dokumentieren. So entstand ein kollektives Kunstwerk, das allein in der Erinnerung lebt, denn selbstverständlich wurden die Netze wieder eingepackt und an den nächsten Empfänger gesandt, der nun seinerseits an Ort und Stelle entscheiden musste, was er wie damit macht. 

Meditativer Raum im Raum 
Fliegende Bauten gab es so in Ungarn und in Holland, in der Schweiz, in Australien und Südafrika. Als Abschluss des Projekts zeigt Käthe Wenzel nun eine letzte Realisierung ihrer Arbeit im Projektraum arttransponder in Berlin. Während die vorauf gegangenen Projekte open air abliefen, ist nun ein meditativer Raum im Raum entstanden - eine weitere Alternative zu den Möglichkeiten des Projekts. Ergänzt wird dieser Bau durch Fotos, die bei den anderen Bauten entstanden. Ich hatte einfach Kunstwerke satt, die sich auf ihren Sockel zurücklehnen und sagen: "Sieh mich an, vielleicht erzähl ich Dir was über die Welt - wenn ich Lust habe", und der Künstler steht daneben wie jemand mit einer Standleitung zu Gott. Schließlich ist die Welt etwas, was grundsätzlich kollektiv produziert wird, über die Grenzen der Individuen, der Zeit und der Geographie hinweg, erklärt die 1972 in Aachen geborene Wahlberlinerin.

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Wim Smink in: De stad Amersfoort, 21.06.2006.

Internationales Kunstprojekt Het Nieuwe Eemland

AMERSFOORT - Studenten aus Amersfoort und ihre Dozentin von Het Nieuwe Eemland (HNE) nehmen teil an einem internationalen Kunstprojekt, den "Fliegenden Bauten - Flying Buildings". Ein Paket mit Netzen, zwei Logbüchern mit Skizzen und Fotos geht um die Welt, in sechs Ländern wird ein "Fliegendes Gebäude" errichtet. Das Projekt ist eine Initiative der Berliner Künstlerin Käthe Wenzel. Das Projekt ist im März dieses Jahres gestartet und dauert bis August. Das Paket mit den Materialien war im kalten Budapest, im bunten Adelaide und im sonnigen Kapstadt. Jetzt ist es - mit etwas Sand aus Süd-Afrika - in Amersfoort beim HNE angekommen, mitten im Grünen. Die Reise soll dann nach Bern und Berlin weitergehen, wo eine Abschluss-Ausstellung mit Fotografien von allen Stationen stattfindet. Außer dem Gebäude gibt es also eine Foto-Reportage von den in jedem Land kreierten Kunstobjekten, ausgehend von demselben Basismaterial, dazu die Logbücher und der Werkprozess aus jedem Land. 

Am Montag ist bei Het Nieuwe Eemland (HNE) einen Tag lang an einem Bau aus Netzen und Zubehör gearbeitet worden, die auch in den Niederlanden die Basis für das Kunstwerk bilden, das im Rahmen des internationalen Projektes "Flying Buildings" entsteht. Zeichenlehrerin Lotte van Sonsbeek - 29 Jahre alt und selbst eine gestandene Künstlerin - holte das Projket zur HNE. Käthe Wenzel kennt sie von der erfolgreichen Ausstellung "3 x 3 is more than 9" von der Stiftung "Jonge Kunst" im Amersfoorter "Observant" vorletztes Jahr. Davor hat Wenzel in Amersfoort im Lokaal 4 ausgestellt, auch nahm sie an der Ausstellung in Babel teil. 
Weiterhin scheint es Lotte, nach eigener Aussage: "Eine nette Reihe: Amersfoort in einer Linie mit Weltstädten wie Budapest, Kapstadt, Adelaide und Berlin. Wir sehen auf der Weltkarte ziemlich gut aus," stellt sie beinahe rhetorisch fest. 

"Das Verbindungsglied in dem Projekt ist nur das Ausgangsmaterial. Nicht mehr als ein Paket mit Netzen aus Paketschnur," sagt Ron Jagers, der aufgrund seiner Bekanntschaft mit Käthe Wenzel aus dem Lokaal 4 das Projekt mit Interesse verfolgt. Er ist sehr gespannt auf die Endausstellung in Berlin. "Dann sind die Unterschiede zwischen den Ländern gut zu sehen und das stelle ich mir faszinierend vor," fügt er hinzu. 
Für Lotte van Sonsbeek ist das Projekt eine willkommene Ergänzung zum Lehrprogramm. "Schüler und Schülerinnen der Unterstufe haben für das Projekt prächtige bunte Vögel gemacht, die im Netz herumfliegen. So behandeln wir das Thema "Fliegende Bauten" mit einem Augenzwinkern, als Bezug auf die Flugreise um die Welt, die dem Projekt zugrunde liegt." Drei Schülerinnen und Schüler der Oberstufe haben - zusammen mit van Sonsbeek und Praktikantin Brechtje Schoonheijm - die Idee gestaltet. Maud Homan (17), Rien Schuurmans (17) und Marieke Reijneker (16) haben eine Art Wigwam oder Tipi gebaut, mit Bambusstäben als Tragegerüst unter den Netzen.,,so konnten wir zeigen, wie die Vögel den Luftraum, dann aber in unsere Netze geraten. Das ist doch auch eine schöne Verbindung zum Thema Fliegen", stellen sie zufrieden fest.

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wps1: The Bio-Blurb Show, Edition #14. First broadcast February 27, 2006.

The Missing Link - Transitional Forms in Art and Biomedicine

Interview mit Suzanne Anker

Audio-Link

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Käthe Wenzel in: Humboldt-Spektrum 2/2005, 12. Jahrgang, S. 52-53.

Looking for "the missing link": Was passiert, wenn Kunst und Medizin aufeinander treffen?

Die
Ausstellung "the missing link - public understanding of art and sciences" im Berliner Medizinhistorischen Museum der Charité zeigt Ergebnisse einer einjährigen Zusammenarbeit von Künstlern und Biomedizinern.

Susanne Nessler in: Deutschlandradio Kultur, 28.07.2005, 15:10.

Missing Link

Zwischen Kunst und Wissenschaft.

Während sich Schriftsteller immer wieder mit wissenschaftlichen und medizinischen Themen auseinandersetzen, scheint es zwischen Kunst und Wissenschaft kaum Berührungspunkte zu geben. Das Projekt "missing link" will nun den Austausch intensivieren und zeigt, wie Künstler medizinische Themen in ihre Arbeit einbringen und wie Wissenschaftler künstlerisch tätig werden können. Knochen für Knochen reihen sich Flügel- und Schenkelstücke abgenagter Hähnchen zu einer Korsage. Ein Gerippe aus Stoff und tierischem Material. Ein Kleid aus Geflügelknochen. Daneben hängen riesige, tiefrot gefärbte Nervenzellen an der Wand, es folgen Aktportraits, bunte Computermodelle von Eiweißmolekülen. Ein paar Schritte weiter gibt es Muttermilch in Tetrapacks und die Häutung eines Kaninchens als Videoclip zu sehen. 

Eine Ausstellung über, mit und um das Thema Körper. Das Resultat einer einjährigen Zusammenarbeit zwischen Biomedizinern und Künstlern. Organisiert von der Charité und der Universität der Künste in Berlin. Wolfgang Knapp:

"Die Frage war, welche Art von Blick die Biomedizin in der Forschung - gestützt durch Bild gebende Verfahren und technisches Gerät - hat. Und welchen Blick auf den Körper Künstler und Künstlerinnen haben." 

Mediziner haben versucht ihre Arbeit künstlerisch zu betrachten und Künstler haben den Blickwinkel eines Arztes eingenommen. Ein gemeinsamer Versuch zu begreifen, was ein Bild vom Körper alles bedeuten kann. Ingo Bechmann, Arzt an der Charité hat zum Beispiel die riesigen roten Nervenzellen an die Wand gehängt. Er fand die Aufnahmen schon beim Betrachten durch das Mikroskop wunderschön. Aber erst die Zusammenarbeit mit einem der Künstler, der regelmäßig in seinen Anatomiekurs kam, führte dazu, dass Ingo Bechmann die winzig kleinen Nervenzellen auf eine zwei mal zwei Meter große Fläche drucken ließ.

Bechmann: "Bei uns ist das eine alltägliche Erfahrung, dass du irgendetwas gesehen hast unter dem Mikroskop und du guckst ein Jahr später drauf und siehst mehr oder etwas anderes, und du guckst zehn Jahre später drauf und siehst mehr und etwas anders und hast mehr verstanden, und das ist dann natürlich wunderbar, wenn man einen Maler hat, weil wir die Vorstellung haben, der kann doch bestimmt noch viel mehr gucken und der beweist das auch, denn wir versuchen auch zu zeichnen, aber so hätte ich das nie hingekriegt." 

Früher vor 100 Jahren gehörte das Zusammentreffen von Arzt und Maler zum Programm der meisten Hochschulen. Mediziner brauchten Künstler, die ihnen exakte Bilder und Zeichnungen für ihre Lehrbücher lieferten und Künstler brauchten die Ärzte, damit sie ihnen einen Blick unter die Haut in den Aufbau des Körpers gewährten.

Heute operieren beiden Gruppen mit zahlreichen Bildern, unabhängig voneinander - und zwar immer detaillierte und spezifischer. Computertomographien, Endoskope und hoch auflösende Mikroskope liefern exakte Teilaufnahmen vom menschlichen Körper. Was dabei aber fehlt, ist quasi das Bild vom Menschen selbst, von seinem Körper als Gesamtheit, sagt Wolfgang Knapp vom Fachbereich Kunst im Kontext, der Berliner Universität der Künste: 

"Und wenn man die Unterschiede und die Differenzen sichtbar macht, dann gibt man auch dem interessierten Laien die Möglichkeit, sich dieser Komplexität anzunähern und selber weiter zu fragen, ohne nach diesem schnellen Anwendungshungerprinzip zu reagieren, habe ich nicht verstanden kann nicht sein." 

Überraschend für den Betrachter ist, dass die Ausstellungsobjekte der Künstler realer und begreifbarer erscheinen, als die Bilder aus der Forschung. Muttermilch in Tetrapacks stellt einen sehr viel deutlicheren und direkteren Bezug zum Thema Körper her, als es die wissenschaftliche Darstellung von Proteinmolekülen in einer Computeranimation schafft. Der Grund dafür ist, dass in der medizinischen Praxis einfach Vieles ausgeblendet wird, sagt der Künstler Frank Schäpel:


"Mir ist sehr stark aufgefallen, dass auf Funktionen sehr stark geguckt wurde, also wichtig waren eben die Dinge des Körpers, die eine Funktion hatten, die zu Muskelanspannung führen konnten und Körperteile bewegen konnten oder die eine Leitung waren. Und da gab es aber auch andere Sachen, die visuell genauso da waren, die aber weggenommen wurden, weil sie eben nicht diese Wichtigkeit hatten." 

Der Arzt sucht nach der genaue Diagnose, der Künstler will ihre Auswirkung begreifen. In der Gegenüberstellung von Kunst und Medizin werden die unterschiedlichen Blickwinkel und Arbeitsweisen deutlich. Und ebenso die Gemeinsamkeiten. Denn beide Gruppen stehen immer wieder vor derselben Frage: Was sagt ein Bild über den Menschen?

Zwischen großen Kühlschränken mit Zellmaterial in Reagenzgläsern, quietschrosafarbenen Wachsreliefs, Hühnerknochen, roten Nervenzellen und Aktportraits findet man dazu viele Antworten und noch viel mehr Fragen.

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In: berlin art info Nr.43 07/2005. S.26-27.

Missing Link

Wie schön sehen 182 Tage einer Labormaus aus?

Ein Sommer, ein Landsitz in Brandenburg und eine Gruppe Künstler und Biomediziner. Ein experiment. "Gibt es eine Kooperationsbasis zwischen Kunst und Wissenschaft, oder ist unsere Gesellschaft zu spezialisiert, um Gemeinsamkeiten zuzulassen? Unterscheiden sich kreative Prozesse im künstlerischen und wissenschaftlichen Feld?" Dies sollte die Fachtagung, initiiert von Professor Cornelius Frömmel (Charité)und Wolfgang Knapp (UdK), beantworten. Entstanden ist die Ausstellung "missing link - public understanding of art and sciences", in der Malerei, Objekte, Installationen und Videos der Künstler den Forschungsbeispielen und Arbeitsproben der Mediziner gegenüberstehen. Beide Fraktionen betreiben ein Spiel mit Ambivalenzen, zeigen Gewohntes in ungewohnter Weise und umgekehrt. 

Besonders reizvoll wird diese Konfrontation, wenn sich die Exponate nicht sofort und eindeutig einer wissenschaftlichen oder künstlerischen Herkunft zuordnen lassen. So sieht z.B. der 182 Tage lang von Achim Kramer aufgezeichnete traurig-gleichförmige Rhythmus einer armen Labormaus als Grafik dargestellt geradezu interessant aus. Die Geopoesie von Martin Juef hat auf den ersten Blick etwas von einer Seite eines Erdkunde-Schulbuchs. Erstaunlich ist immer wieder, wie gering der Unterschied zwischen sichtbar gemachten Vorgängen in der Natur und künstlerischen Arbeiten sein kann, z.B. der fakt, dass diese Unterschiede zuweieln gar nicht existieren. Wie kann man sich z.B. eine "Entorhino-hippocampale Projektion einer Ratte visualisiert durch stereotaktische Injektion eines axonal transportierten Fluoreszenzfarbstoffes" 200fach vergrößert vorstellen? Die Antwort: groß, rot, abstrakt und wunderschön. 

Anderes sieht zugegebenermaßen so langweilig aus, wie es trocken klingt. Hinter "Pex19-Bindestellen in den peroxisomalen Membranproteinen..." verbergen sich altbekannte und eher unspannende Diagramme. Blickfang im Raum sind ohne Zweifel die liegenden Menschen, die Frank Schäpel in fluchtpunktloser Perspektive und lebensgroß auf weißes Holz gemalt hat. So genau und lebendig, dass man meint, ihr Atmen und Augenblinzeln hören zu können. Andreas Wendts 9-teilige Aquarellserie "Aktion Vril", inspiriert von Thor Kunkels Buch "Endstufe", erfordert hingegen etwas genauere Betrachtung für die Feinheiten im Bild und den Hintersinn seiner Arbeit: "Die Absurdität des menschlichen Tuns bildet in diesem Fall eine ästhetische Schablone für das emblematische Scheitern einer Idee." 

Wer schließlich bei Tara Parsons "Dental Records" - einer Installation aus Zahnseidebehältern, aus denen sich Röntgenfotos von Zähnen in dünnen Streifen herauswinden - mehr Lust auf Röntgenfotos bekommen hat, kann sich einen Stockwerk tiefer Torsten Seidels ins Überdimensionale vergrößerte Röntgenporträts von den Schädeln sowjetischer Soldaten ansehen. Für ein bisschen Gruseln im Bauch.

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Elena Zanichelli in: Käthe Wenzel: Hausbrot - Mutation der Schwartzschen Villa. Katalog zur Ausstellung. Berlin 2005, S.8-11.

Metamorphosen im Backofen

Zu Käthe Wenzels künstlerischer Praxis der Umordnungen - oder: Die besetzte Villa

Vor etwa eineinhalb Jahren besuchte ich Käthe Wenzel zu Hause. Wir waren zum nachmittäglichen Kaffeetrinken verabredet. Mit Neugier und dem überraschten Blick einer Spätvegetarierin erkannte ich, dass sie bis zu meiner Ankunft damit beschäftigt gewesen war, Entenknochen, die ein chinesisches Restaurant in Prenzlauer Berg für sie aufbewahrt hatte, zu kochen - nachdem sie sie sorgfältig gebürstet hatte. Dadurch hatten sie eine hellere Farbe angenommen. Nachher wurden sie mit roten Seidenfäden an horizontale Stoffbändchen genäht. Mittlerweile hängen die Knochen bis Ende dieses Sommers im Berliner Medizinhistorischen Museum der Charité - allerdings in der eleganten Form eines langen, körperbetonten Abendkleides mit oberem Korsett und Träger. Sie wurden zu einem Knochenkleid (2004) umfunktioniert. Einfacher war es, für die aus einer Aneinanderreihung von Kleidern anderer Sorte bestehende Installation Annäherungsversuche Material zu finden: Es handelt sich nämlich hierbei um selbstgeknotete Gerippe aus Paketschnur. Die an Rohr-Ringen verschiedener Formate fixierten Netz-Geflechte sind seriell gehängt und wirken somit umso dreidimensionaler, quasi wie eine skulpturale Antwort auf Körperfantasien aus den frühen Tagen der Computer-Animation. Aber darf man diese Skulpturen überhaupt Kleider nennen? 

Die Werke von Käthe Wenzel entstehen aus einer Zweckentfremdung des Ausgangsmaterials. Dies geschieht einerseits durch die manuelle Bearbeitung der Gegenstände, andererseits auch durch eine radikale Kontextverschiebung. So etwa bei den von hinten mit Asphaltlack angestrichenen Glasplatten, die durch Pigmentbestreuung zu Schwarzen Spiegeln (2005) mutieren. Sie verlieren teilweise vollständig ihre Ausgangsfunktion als Reflexionsobjekte. Dennoch bleiben sie grundsätzlich als Spiegel erkennbar. Dies bringt die Assoziation einer Grenzüberschreitung des reflektierten Ichs mit sich, wie sie sich beispielsweise bei Lewis Carrols Through the Looking Glass oder Jean Cocteaus Orphée finden lässt. Diese Werke werden zusammen mit anderen Installationen, die speziell für diesen Anlass in direkter Konfrontation mit der Geschichte des 1895 als Sommersitz der Familie Schwartz gebauten Hauses konzipiert wurden, den zehnten Jahrestag des Einzugs des Steglitzer Kulturamtes feiern. 

In der Serie Schwartzsche Villa erscheint das Haus in seinen von Wenzel mit der Hand skizzierten Umrissen auf belichtetem Fotopapier. Durch unterschiedlich starke Belichtungen offenbart die Villa immer neue Stimmungen: Wirkt sie manchmal wie ein düsteres Gespensterschloss, wie aus dem Film The Others, meint man ein anderes Mal einen venezianischen Palazzo im Regen erkennen zu können. Dies geschieht durch die zeichnerische Zweckentfremdung der sonst für das fotografische Verfahren schon im 19. Jahrhundert erfundenen Methode des Cliché Verre (Glasklischeedruck). Mit Hausbrot 1 (Schwartzsche Villa) werden die Konturen der Villa sogar zur Backform. Diese besteht aus Maschendraht, auf die der Teig aus Mehl und Wasser aufmodelliert wird. Im Backprozess (ver)formt sich der Teig jedes Mal auf eine andere nichtvorhersagbare Art und Weise. Die Änderungen, die die Villa im Laufe der Zeit sowohl im Hinblick auf architektonische Strukturen als auch in Bezug auf ihre verschiedenen Nutzungen erfahren bzw. erlitten hat (u.a. diente sie in der Nachkriegszeit als Lager einer Firma) werden so angedeutet. 

Bereits in Werken wie Halber Ernst (Verletztes Brötchen) (2002) wurde ein Alltags- und Gebrauchsgut wie das Brot mit neuen Bedeutungen besetzt und quasi personifiziert. Der heimische Backofen Wenzels wird somit zur "Werkbank" der Künstlerin. Mit dieser neugefundenen künstlerischen Apparatur entstanden bereits Stillleben (2003), die zurzeit im Berliner Botanischen Museum zu sehen sind. Verweist das künstlerische Sujet des Stilllebens ohnehin auf die unvergängliche Ruhe lebloser Gegenstände, so ist der Prozess der Verkohlung im Backofen geradezu eine Antiklimax zu diesem Sujet. Die Karbonisierung bildet hier den äußersten Punkt der Konservierung - an der Schnittstelle zur totalen Vernichtung. In ihrer nicht unironischen Umsetzung ruft die Metamaterialität dieser Werke Marcel Duchamps (allerdings orangefarbene) Sculpture - Morte (1959) in Erinnerung. Auch Bodenbeete spielt mit karbonisierten Gegenständen: Pflanzen, die Wenzel auf Spaziergängen zusammenträgt, werden in verkohltem Zustand in Holzkästen gelegt - Arrangements, die an Grabbeete erinnern. 

Die Vielfalt der Methoden der Materialbearbeitung nimmt bei Wenzel oftmals ihren Ausgangspunkt in der Zweckentfremdung von ephemerem Material. Dies erinnert an (natur)wissenschaftliche Verfahrensweisen der Präparation von Objekten, die dazu dienen, dem/r Betrachter/in einen Blick auf Dinge zu ermöglichen, die ansonsten dem Verfall preisgegeben wären. Spätestens seit dem iconic turn wird ohnehin nicht länger an einer strikten Unterscheidung zwischen technisch-wissenschaftlichen und künstlerischen Bildern festgehalten. So unterscheiden sich die in einer Art tragbaren Setzkasten zur Schau gestellten Körperteile aus Wachs (z. B. Survival Kit für das nächste Jahrhundert, 1999) in der Art der Präsentation kaum von medizinischen Präparaten. Es kommt daher nicht von ungefähr, dass Wenzels Objekte in so unterschiedlichen Institutionen wie der Charité und dem Botanischen Museum sowie der Schwartz'schen Villa zu sehen sind. 

Bedient sich die Künstlerin in diesem Sinne Modalitäten der musealen Archivierung, Inventarisierung und Konservierung, so kommentiert sie damit zugleich die Frage nach der Autorität bzw. Authentizität, die das Museum seinen Exponaten scheinbar per se verleiht. Andererseits gilt die Vorgehensweise Wenzels, Alltagsmaterialien zu verwenden, spätestens seit der Neoavantgarde als Mittel der Infragestellung des modernistischen Kanons. So verwendeten Künstler/innen der 1960er, z.B. die der sog. "Arte Povera" , Substanzen u. a. organischer und pflanzlicher Art. Insbesondere arrangierten die "Neuen Realisten" vorgefundene Alltagsgegenstände sowie Nahrungsmittel zu Installationen (so etwa Daniel Spoerris Tableaux-Pièges), die das Ziel hatten, "sich wieder in das Wirkliche zu integrieren." Doch anders als bei der Neoavantgarde verweisen Wenzels Werke nicht lediglich auf ihr materielles Dasein. 

Die hier entstandenen Objekte sind Allegorien. Aus der Wechselwirkung von bereits symbolisch beladenen Materialien (Brot, Knochen, Pflanzen etc.) und dem jeweiligen Kontext, in den sie gestellt werden, entsteht ein für den/die Betrachter/in fast körperlich spürbares Spannungsfeld. Durch das allegorische Verfahren der Aneignung bereits vorhandener Bilder aus der Kunst- und Kulturgeschichte wird eben diese sowohl paraphrasiert als auch kritisch kommentiert. Bis sie endlich adäquate visuelle Parameter gefunden hat, verformt, kocht, näht und erfindet Wenzel, stets auf der Suche nach alternativen Verfahrensweisen. So freue ich mich immer, sie zum Kaffee zu besuchen, denn man weiß nie, welche Metamorphosen in ihren Backöfen, Kochtöpfen oder Kleiderschränken gerade vor sich gehen.

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In: Der Ybbstaler 40/2005, 06.10.2005, S.12.

Natur- und Kunsttöne: Ausstellung "forma corporis"

(...) Zur Ausstellung "forma corporis" haben die beiden Kuratorinnen Sylvie Aigner und Theresia Hauenfels zehn Künstlerinnen eingeladen, skulpturale Objekte im Waidhofener Museum auszustellen: ANA, Ingrid Cerny, Canan Dagdelen, Constanze Ferdiny-Hoedemaker, Judith P. Fischer, Barbara Graf, Julie Hayward, Katharina Heinrich, Andrea Kalteis und Käthe Wenzel. Kennzeichnend für die gezeigten Arbeiten ist die Auseinandersetzung mit organischen Formen, dabei steht nicht die Nachbildung von Natur, sondern vielmehr strukturelle Fragen etwa der Anatomie oder der Oberflächenbeschaffenheit im Fokus der künstlerischen Auseinandersetzung. Hier schließt sich wiederum der Kreis zur Musik von Anton Webern, der sich auch mit der Struktur von Blättern beschäftigte: "Verdichtung des Ausdrucks in der kürzesten Form".

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Katja Mollenhauer in: strassenfeger, 09/2005. S.19.

Neues Kinomodell auf dem Markt

Kleine Galerie zeigt sehenswerte Ausstellung von Käthe Wenzel

Ich hab ja schon von einigen Kinoformen gehört, aber das Büchsenkino ist mir gänzlich neu. Pornokino, Daumenkino, Schachtelkino, und jetzt die Büchse. Was dahinter steckt, habe ich in der Prenzelberger Galerie kurt im hirsch in der Kastanienallee 12 erfahren. In drei kleinen Ausstellungsräumen, die sich im zweiten Hinterhof verstecken, präsentiert die junge Berliner Künstlerin Käthe Wenzel gleich sechs Lichtspieltheater in Alu-Zylindern. Es hängen immer zwei nebeneinander. Das hat einen Sinn, der sich mir erst nach einigen Minuten erschloss. Zudem ändern sich die Konturen der Bilder, die man in den Büchsen sieht, je nach dem, wie weit man sich von ihnen entfernt.

Es gab aber noch viel mehr zu entdecken. Die originellen Kinos sind nur ein Teil der Ausstellung. Man findet auch vielfarbige Gemälde, die nur aus Wachs bestehen, oder eine pflanzliche Zwischendecke ganz aus Efeu, wo man sich schon vorstellen kann, was für eine wunderbare Dschungelatmosphäre die ins eigene Wohnzimmer zaubern kann.

Dem Büchsenkino ganz ähnlich sind aktenordnergroße Guckästen mit Kurbelbetrieb, in denen Daumenkinos bei fachgerechter Drehung sichtbar werden. Sie symbolisierten für mich den Einblick in kleine Geheimnisse, in einer Zeit, in der alles ins Öffentliche gezerrt wird. Vielleicht ist das nur meine Betrachtungsweise, und die Künstlerin will etwas ganz anderes damit aussagen, aber das macht Kunst ja so spannend. Jeder kann seine eigene Symbolik in den Kunstwerken entdecken.

Der Besuch in der Ausstellung hat schon dadurch Spaß gemacht, dass man fast alles anfassen konnte. Die Exponate lassen sich besser sinnlich erfassen, weil man ihnen beispielsweise auf den Zentimeter nahe kommen oder gar berühren kann, ohne dass eine Sirene oder ein Wachmann Alarm schlägt. Auch die Galeristin hatte immer ein offenes Ohr für meine Fragen. Schade nur, dass der Ausstellungsort - die Galerie kurt im hirsch -, obwohl kein Unbekannter in der Kunstszene, so unscheinbar ist. Da die Vorderhäuser in der Kastanienallee schon allerlei interessante Läden bereithalten, nimmt man die kleinen Hinweisschilder auf interessante Läden in den Hinterhöfen kaum wahr. Vielleicht hilft dieser Artikel ja, das Auge des Kastanienalleeläufers neu zu schärfen.

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In: Berliner Zeitung, 9./10.04.2005. S.34.

Neues Kinomodell auf dem Markt

Kleine Galerie zeigt sehenswerte Ausstellung von Käthe Wenzel

Ich hab ja schon von einigen Kinoformen gehört, aber das Büchsenkino ist mir gänzlich neu. Pornokino, Daumenkino, Schachtelkino, und jetzt die Büchse. Was dahinter steckt, habe ich in der Prenzelberger Galerie kurt im hirsch in der Kastanienallee 12 erfahren. In drei kleinen Ausstellungsräumen, die sich im zweiten Hinterhof verstecken, präsentiert die junge Berliner Künstlerin Käthe Wenzel gleich sechs Lichtspieltheater in Alu-Zylindern. Es hängen immer zwei nebeneinander. Das hat einen Sinn, der sich mir erst nach einigen Minuten erschloss. Zudem ändern sich die Konturen der Bilder, die man in den Büchsen sieht, je nach dem, wie weit man sich von ihnen entfernt.

Es gab aber noch viel mehr zu entdecken. Die originellen Kinos sind nur ein Teil der Ausstellung. Man findet auch vielfarbige Gemälde, die nur aus Wachs bestehen, oder eine pflanzliche Zwischendecke ganz aus Efeu, wo man sich schon vorstellen kann, was für eine wunderbare Dschungelatmosphäre die ins eigene Wohnzimmer zaubern kann.

Dem Büchsenkino ganz ähnlich sind aktenordnergroße Guckästen mit Kurbelbetrieb, in denen Daumenkinos bei fachgerechter Drehung sichtbar werden. Sie symbolisierten für mich den Einblick in kleine Geheimnisse, in einer Zeit, in der alles ins Öffentliche gezerrt wird. Vielleicht ist das nur meine Betrachtungsweise, und die Künstlerin will etwas ganz anderes damit aussagen, aber das macht Kunst ja so spannend. Jeder kann seine eigene Symbolik in den Kunstwerken entdecken.

Der Besuch in der Ausstellung hat schon dadurch Spaß gemacht, dass man fast alles anfassen konnte. Die Exponate lassen sich besser sinnlich erfassen, weil man ihnen beispielsweise auf den Zentimeter nahe kommen oder gar berühren kann, ohne dass eine Sirene oder ein Wachmann Alarm schlägt. Auch die Galeristin hatte immer ein offenes Ohr für meine Fragen. Schade nur, dass der Ausstellungsort - die Galerie kurt im hirsch -, obwohl kein Unbekannter in der Kunstszene, so unscheinbar ist. Da die Vorderhäuser in der Kastanienallee schon allerlei interessante Läden bereithalten, nimmt man die kleinen Hinweisschilder auf interessante Läden in den Hinterhöfen kaum wahr. Vielleicht hilft dieser Artikel ja, das Auge des Kastanienalleeläufers neu zu schärfen.

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B�chsenkinos

Pressetext zur gleichnamigen Ausstellung in der galerie kurt im hirsch

von Akeli Mieland

Käthe Wenzel hat mal wieder eingebüchst: Haare, Kirchen und kulturelle Identitäten. Treten sie ein in Hallen installativer Erfahrung, kurbeln sie sich ihre Ansicht und bilden sie einen Funktionsrahmen. Gehäkelt werden darf nicht, jedenfalls nicht vor Ort. In der Nachlese mag manch Nutzvolles im Geflecht der Erinnerungen hängenbleiben - dagegen ist nichts einzuwenden. Wie immer regen Käthes Werke zu spontanen Gedanken-Assoziationen an. Sie fördern die Lust am Hinschauen, Anfassen, Fühlen, in sich aufnehmen. Der theoretische Hinterbau wird erst nach der Verdauung des Wahrgenommenen offensichtlich.

Zur Installation "Haarchitektur" gehört neben den "Büchsenkinos" und den Fotoplatten weiterhin eine Kathedrale aus Haar, ein Haarzelt für die religionslose Jetztzeit. Schützendes, Abschließendes, Getürmtes, Intimes. Der Raum ist ständiger Wandlung unterworfen, ob in der Architektur oder am eigenen Körper. Auch die "Expedtition ins Landesinnere" hat ihre Spuren hinterlassen. Vorstellungen, Ideen, Gebäude: sie ändern sich schleichend, werden übertüncht, überdauern, werden wiederaufgenommen, bewahrt, zitiert, oder nur unklar erinnert. Wir wechseln unsere Hüllen, unsere Identitäten, und wenn es gar nicht mehr weitergeht, legen wir uns ins Laub und vergessen uns dort. Im Siebenschläfer-Schlaf.

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gerüste

Katalogtext zur gleichnamigen Ausstellung im Schwerter Kunstverein

von Silke Ettling

gerüste, die: aus Stangen oder Metallrohren, Brettern o.Ä. errichtete Konstruktionen bes. für Bau-, Reparatur- und Montagearbeiten; grundlegende Gedanken; Grundplan: Linien + Knotenpunkte. Spannungsaufbau. Eine Assoziation. Erstes Tasten, eine Berührung, der Kontakt. Die Verbindung ist vielleicht fragil, doch hergestellt. Die Annäherung erfolgt von Innen heraus. Nur: Wo genau liegt Innen? 

innen (Adv.): an der, auf der Innenseite, im Inneren, zum Inneren hin, einwärts; vom Inneren her, von der Innenseite aus, (veraltet) drinnen: assoziiert draußen + innen = zwischen außen? Line Wasner, Käthe Wenzel und Christof Zwiener folgen unterschiedlichen Wegen, über Form- und Formprozesse nachzudenken. Mit Gips + Faden, Wachs + Schnüren, Kamera + schwarzer Tusche lenken sie den Blick auf die Strukturmomente in einer Verbindung. Ein Gefüge entsteht. Zwischen. 

Verbindung, die: das Verbinden, sich verbinden, Verbundensein; Zusammenhalt, Zusammenhang: Im Zusammenspiel von Anhaltspunkten. Der Beginn einer Vorstellung. Der Blick konzentriert sich. Auf die Bewegungen eines Körpers. Zwischen den Fixpunkten eines Raumes. Auf die Ausdehnung einer verborgenen Form. Einer Erinnerung. Auf Abmessungen einer zugrunde gelegten Norm. Ins Detail gehend. Zwischen dem Ertasten und Abmessen einer Spur füllt sich der Blick. Relationen werden sichtbar, ihre Anhaltspunkte konkreter. Nehmen Form an. Werden plastisch. Raumfüllend. Andere Spuren verlieren sich wieder, werden aufgegeben. Nicht fortgesetzt. Verbleiben gegenstandslos. Beim Erforschen der verschiedenen Wege, solche Strukturmomente greifbar zu machen, fixieren die drei KünstlerInnen das diffizile Zusammenspiel von konkreter Berührung und Leerstelle in jeweils eigener Weise. Punktgenau. Eine Balance zwischen Vorstellung und Assoziation entsteht. 

Punkt, der: kleiner (kreisrunder) Fleck, Tupfen; die Elfmetermarke; das Entscheidende, Ausschlaggebende; die Zutat, die einer Sache noch die letzte Abrundung gibt; Zeitpunkt, Stadium innerhalb einer Entwicklung, eines Prozesses, o. dgl.; Gliederungsabsatz, Abschnitt; kleinste Einheit des typographischen Maßsystems für Schriftgrößen: Ein einzelner Punkt, ein Anhaltspunkt, ein Ausgangspunkt. In ihrer Beschäftigung mit Form und Formprozessen setzen die drei KünstlerInnen inhaltlich verschiedene Akzente. Für Christof Zwiener ist die Beschäftigung mit biographischen Notizen und Erinnerungsmomenten ein wichtiger Bezugspunkt für seine Arbeit. Die Gerüste, die er baut, um das Erinnerte zu tragen, sind auf ein Minimum an Informationen reduziert und ohne Titel nicht gleich zugänglich. Es braucht Zeit, bis man sich eingesehen und seine Anknüpfungspunkte gefunden hat. Der Prozess zwischen Vorstellung und Assoziation bleibt schwebend. Wie ein Erinnerungsbild. Ein wahrgenommener Eindruck. Das Motiv kaum sichtbarer Wahrnehmungsmomente beschäftigt den Künstler auch in seinen Videos. Beim Aufzeichnen kurzer Bewegungssequenzen bieten Reflektorpunkte Orientierung, bevor der Lichtreflex wieder verschwindet und eine optische Leerstelle hinterlässt. Bis zur nächsten Reflexion. 

Leerstelle, die: (in der Dependenzgrammatik) aufgrund der Valenz des Verbs durch eine Ergänzung zu besetzende Stelle im Satz - Valenz, die: Fähigkeit eines Wortes, ein anderes semantisch-syntaktisch an sich zu binden; besondere Fähigkeit eines Verbs, zur Bildung eines vollständigen Satzes eine bestimmte Zahl von Ergänzungen zu fordern: Ergänzung = Stelle die noch nicht besetzt ist. Etwas fehlt. Line Wasner wendet sich dem Alltäglichen zu. Hochspannungsleitungen, Takelagen, Möbelkatalogen und Klappstühlen. Straßenszenen. So der gegenwärtige Stand ihrer Untersuchungen. Die Künstlerin arbeitet dabei mit Stift und Pinsel. Vornehmlich mit Kalligraphentusche. In Schwarz auf Weiß. Auf Papier. Auf Leinwand. Zunächst wird das Motiv fixiert. Herauspräpariert aus einem größeren Zusammenhang. Kontextbezüge werden aufgegeben. Danach wendet sie sich dem Detail zu. Seismographisch genau werden die Verhältnismäßigkeiten ausgelotet. Das Zusammenspiel von tragenden Strukturen, von Licht und Schatten erforscht. Veränderungen in der Bewegung mit Stift und Pinsel nachgegangen. In Relation gebracht. Einzelne Punkte und Linien verdichten sich zu Pinselstrichen, werden flächig, wieder aufgebrochen. Schließlich angehalten zwischen Form und Formauflösung. Der Eindruck von Bewegung bleibt. Auf der Fläche wie in den Bildraum hinein. Zwischen Gerüst und Leerstelle. Abstraktionen. Balancieren. 

abstrakt,(adj.): die wesentlichen, gesetzmäßigen o.ä. Züge aus etw. Konkretem, sinnlich Wahrnehmbarem ableitend: Aus dem Stadium innerhalb einer Entwicklung. Eines Abschnitts. Von etwas Ausschlaggebendem. Einem Zusammenhang. Formprägend. Wie ein Stützkorsett. Käthe Wenzel durchforscht kulturgeschichtliche Strukturen. Verbindungen von biographischen Notizen, Erinnerungsmomenten und Alltäglichem. Historischen Entwicklungslinien und tradierten Normvorgaben. Die Vorgehensweise erinnert an die Arbeit eines Präparators. Und an die Fertigung von Konfektionswaren. Beim Erfassen individueller Lebensformen und Ideenbilder durchmisst die Künstlerin das Innenleben kulturgeprägter Haltungen. Das Maßwerk eines Baukörpers, die Zwischentöne einer Niederschrift. Einer Deklaration. Eines Bekleidungsstücks. Das menschliche Maß fungiert dabei wie eine Kompassnadel. In der Bewegung. Zwischen den Prozessen. Ein Entwicklungsschritt. 

Kompassnadel, die: zum magnetischen Nordpol hin sich einpendelnder Zeiger des Kompasses; Kompass, der: Gerät zur Bestimmung der Himmelsrichtung (mit Hilfe eines Magneten); compassare = nach dem Kompass marschieren; ringsum abschreiten. Abmessen + Ertasten. Von Innen her; zwischen außen. Mit ihren Analysen von Form und Formprozessen bieten die drei KünstlerInnen Anhaltspunkte; - gerüste - für ihre Betrachter, den so skizzierten Fäden nachzugehen. In verschiedene Richtung.

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Westfälische Rundschau, 19.11.2004.

"gerüste" lenken denBlick auf Formprozesse: Kunstverein im Wuckenhof eröffnet heute Ausstellung 
mit Arbeiten von drei Berliner Künstlern

Schwerte. Eine Ausstellung mit Arbeiten von Line Wasner, Käthe Wenzel und Christof Zwiener eröffnet der Kunstverein Schwerte am heutigen Freitag um 20 Uhr in den Räumen des Kunstvereins im Wuckenhof. Unter dem Titel "gerüste" haben die drei jungen Künstler aus Berlin jeweils einen Raum mit ihren Werken eingerichtet. Ihre Werkzeuge reichen von schwarzer Tusche auf weißem Grund über Wachstafeln + Paketschnur bis hin zu einer schwarz-weißen Fadenverspannung zwischen den Begrenzungen eines Raumes. Die "gerüste", die sie bauen, lenken den Blick auf Form und Formprozesse. Auf das Einfangen charakteristischer Momente einer alltäglichen Situation in ihrer Bewegung. Auf die spezifischen Ausprägungen einer kulturellen Norm im Verlauf ihrer Geschichte. Auf die flüchtigen Konturen einer Erinnerung. Das menschliche Maß, die individuelle Vorgehensweise und Akzentuierung der Wahrnehmung dienen den Künstlern jeweils als Richtschnur und Kompassnadel für ihre Analysen. Inhaltlich setzen sie dabei unterschiedliche Akzente. 

Während sich Christof Zwiener in seinen Faden-/Dachlattenkonstruktionen und Videos mit Erinnerungs- und (flüchtigen) Wahrnehmungsprozessen auseinander setzt, wendet sich Line Wasner in ihren Zeichnungen zwischen Malerei und Graphik dem Alltäglichen zu. Ihre Untersuchungen von Straßenszenen, Möbelkatalogen und Klappstühlen erfassen seismographisch genau das diffizile Zusammenspiel zwischen Form und Formauflösung in seiner Bewegung. In den Arbeiten von Käthe Wenzel werden diese Fragestellungen aufgegriffen und historisch verortet. Gleichsam wie eine kulturwissenschaftliche Präparatorin untersucht die Künstlerin das Zusammenspiel von individuellen Lebensformen und kulturellen Denk- wie Handlungsmustern. Kulturhistorische Strukturen werden sichtbar und die subtilen Ausprägungen ihrer Normvorgaben erfahrbar. 

In ihrer Auseinandersetzung mit Form und Formprozessen erforschen Line Wasner, Käthe Wenzel und Christof Zwiener Wege und Möglichkeiten, das Zusammenspiel solcher Strukturmomente zu erfassen und für die Betrachtung greifbar zu machen. Ihre Analysen bieten Anhaltspunkte - gerüste - für ihre Betrachter, den so skizzierten Fäden nachzugehen. 

Zur Ausstellung erscheint ein 12-seitiger Katalog mit zahlreichen Farbabbildungen.

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Schwerter Zeitung, 18.11.2004.

"gerüste"

"gerüste" ist der Titel einer Ausstellung in den Räumen des Kunstvereins im Wuckenhof, die am Freitag um 20 Uhr eröffnet wird. Drei junge Berliner Künstler (Line Wasner, Käthe Wenzel und Christof Zwiener, Bild) arbeiten mit Formen und Fäden. Die Ausstellung ist dienstags bis freitags jeweils von 16 - 19 Uhr und sonntags von 15 - 18 Uhr geöffnet. Zur Schau erscheint ein Katalog, der zum Preis von fünf Euro im Kunstverein erhältlich ist.

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Melba Ferrer in: El San Juan Star, 02.10.2004.

Bestias de peso cultural

No se preocupe que ellos estaban combatiendo temperaturas extremas, desde el sofocante calor de la calle al aire acondicionado del interior, según iban de una jurisdicción a la próxima en el Viejo San Juan. Vienen desde Alemania con sus cargas. Y están dispuestos a cargar a cualquier otro también. 

Sabine Schlunk, Emil Gropoz, Anke Kalk, Sonja Hartmann, Käthe Wenzel, Peter Woelck y Niklas Goldbach, son un grupo de jóvenes artistas contemporáneos con sede en Berlín quienes estarán desplegando "One to Carry the Other´s Burden" ("Uno para cargar el peso de otro"), una exhibición que comienza el martes en la noche a las 7:00 en la alcaldía de San Juan, como parte de las presentaciones de Noche de Galería en el Viejo San Juan. 

El espectáculo ofrece una buena idea de las actuales tendencias de arte en Alemania, ellas también revelarán eso, pero este también revelarán eso, pero este también demuestra que no importa de dónde vienen, artistas de todo el mundo están preocupados sobre la mismas cosas. Invitado poer el Museo de Arte e Historia de San Juan, y auspiciado por el Istitut für Auslandsbeziehungen, el grupo ha estado trabajando durante más de un ano en su proyecto, el cual envuelve todo desde meditar sobre la identidad y el sí mismo, a la memoria. 

"Uno para cargar el peso de otros" es una frase bíblica. "Pero no somos un grupo religioso", manifesta Gropoz, quien junto con Schlunk, Kalk y Hartmann se encontraban en la Isla para la exhibición. "Tomamos este tema y trabajamos, no en una forma religiosa. Lo comprendimos como un problema moderno". Trabajando durante un ano en el tema, el grupo trató de aclarar su significado y determinar lo mucho o lo poco que una persona puede llevar el peso de otros. Claro está, para cada uno significó algo diferente. "Es más una expresión sicologíca", manifiesta Schlunk sobre la interpretación de ella de la frase. "Siento que es más un asunto de empatía. Es una expresión sicológica con mi propia filosofía, también." 

El tema del espectáculo llega en un momento en que los alemanes están pensando sobre sus identidades. "Se ajusta bastante bien", senala Gropoz. "Tuvimos esta unficación hace 15 anos. Tuvimos cambiar nuestros puntos de vista y renunciar a muchos." Kalk está de acuerdo, destacando que lo que una vez fue Alemania Oriental permanece menos desarollada, a pesar de la unificación. Las discrepancias permanecen todavía allí. "La discusión es porque ello no resultó", manifiesta ella. Ambos lados de una ahora unificada Alemania - en una ocasión separadas por décadas - se están cuestionando su sentido de identidad. "Mi país y ano existe", anade Schlunk, "Es una mezcla de dos sociedades, al igual que Puerto Rico". "Sin embargo no hacemos trabajo político", anfatiza Hartmann. "One to Carry the Other´s Burden" se presentará durante seis semanas. 

(Übersetzung: Es macht ihnen nichts aus, dass sie mit extremen Temperaturen kämpfen müssen, aus der erstickenden Hitze der Strasse in die klimatisierte Luft drinnen, während sie sich von einem Bezirk von Alt San Juan in den anderen bewegen. Sie kommen aus Deutschland, beladen mit Gepäck. Und sie sind bereit, es allen anderen aufzuladen. Sabine Schlunk, Emil Gropoz, Anke Kalk, Sonja Hartmann, Käthe Wenzel, Peter Woelck und Niklas Goldbach sind eine Gruppe von Künstlerinnen und Künstlern mit Sitz in Berlin, die "One to Carry the Other´s Burden - Einer trage des Andern Last" eröffnen werden, eine Ausstellung, die am Dienstag Abend um 7 im Rathaus von San JUan eröfnnet, als Teil der Veranstaltungen der Nacht der Galerien in Alt-San Juan. 

Die Veranstaltung vermittelt eine gute Vorstellung von den aktuellen Tendenzen der Kunst in Deutschland, auch dies, aber vor allem zeigt sich dass, gleich, woher sie kommen, die Künstler und Künstlerinnen sich auf der ganzen Welt mit ähnlichen Dingen befassen. Eingeladen vom Museo de Arte e Historia de San Juan, unterstützt durch das Institut für Auslandsbeziehungen, hat die Gruppe seit mehr als einem Jahr an dem Projekt gearbeitet, das alles umfasst, vom Nachdenken über die Identität und sich selbst bis zur Erinnerung. 

"Einer trage des Andern Last" ist ein Bibelzitat. "Aber wir sind nicht religiös," erklärt Gropoz, der sich zusammen mit Schlunk, Kalk und Hartmann zur Eröffnung auf die Insel gekommen ist. "Wir haben dieses Thema ausgesucht und dazu gearbeitet, aber nicht in religiöser Form. Wir haben es als modernes Problem aufgefasst." Während ihrer einjährigen Auseinandersetzung mit dem Thema veruschte die Gruppe, seine Bedeutung zu verstehen und auszuloten, inwieweit jemand die Last des Andern tragen kann. Natürlich bedeutete das für jede und jeden etwas anderes. "Es ist mehr psychologisch,§ erklärt Schlunk ihre Interpretation des Zitats. "Ich empfinde das mehr als eine Angelegenheit des Mitfühlens. Es ist eine psychologische Interpretation auch miener eigenen Philosophie." 

Das Thema der Veranstaltung trifft auf einen Moment, in dem sich die Deutschen Gedanken über ihre Identität(en) machen. "Es passt ganz gut dazu," sagt Gropoz. "Vor 15 Jahren hatten wir die Vereinigung. Wir mussten unsere Standpunkte überdenken und uns von vielen verabschieden." Kalk stimmt zu, und führt aus, dass das ehemalige Ostdeutschland wirtschaftlich noch immer weniger entwickelt ist, trotz Wiedervereinigung. Die Unterschiede bestehen noch immer. "Es wird diskutiert, warum das so ist," sagt sie. Beide Seiten des wiedervereinigten Deutschland - nach jahrzehntelanger Teilung - stellen ihre Identität in Frage. "Mein Land existiert nicht mehr," fügt Schlunk hinzu. "Wir haben jetzt eine Mischung aus zwei Gesellschaften, wie in Puerto Rico." "Trotzdem machen wir keine politische Kunst," betont Hartmann. "One to Carry the Other´s Burden wird sechs Wochen lang zu sehen sein.

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In: El Nuevo D�a, 01.10.2004.

Noches de Galería

Este martes se celebra otra edición del concurrido evento. Así comienza Arte cubano, San Juan 2004, que recoge la producción de los artistas Yovanis Caisé, Lissett Román y Esteban Machado quienes de forma individual expondrán, a partir de las 6:00 p.m., en el Museo de Las Américas, sala 8, segundo piso del Antiguo Cuartel de Ballajá. 

De otra parte los artistas alemánes Niklas Goldbach, Emil Gropoz, Sonja Hartmann, Anke Kalk, Käthe Wenzel, Sabine Schlunk y Peter Woelck unen esfuerzos en la muestra One to Carry the Other´s Burden: Arte Contemporàneo Alemàn, que inaugurará a las 7:00 p.m., en la Galerìa San Juan Bautista de la Casa Alcaldía sanjuanera. 

El aprovechamiento de la iconografía, tanto de la realidad exterior como de la virtual, de los medios de comunicación masivos, la fotografía, el vídeo y diversas formas de armar obras de arte conforman la exposición que se extiende hasta el 14 de noviembre. 

(Übersetzung: (...) Ausserdem vereinen die deutschen Künstler und Künstlerinnen Niklas Goldbach, Emil Gropoz, Sonja Hartmann, Anke Kalk, Käthe Wenzel, Sabine Schlunk und Peter Woelck ihre Anstrengungen in der Ausstellung One to Carry the Other´s Burden: Zeitgenössische Kunst aus Deutschland, die um 19 Uhr in der Galerìa San Juan Bautista de la Casa Alcaldía in San Juan eröffnet. 

Der Gebrauch der Ikonografie, der äußeren ebenso wie der virtuellen Realität, von Massenmedien, Fotografie, Video und diversen Formen der Kunstproduktion sind in dieser Ausstellung zu sehen, die bis zum 14. November dauert.)

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Petra Bosetti in: ART Online, 14.10.2004.

Berlin goes Rothenburg

"Acht Künstler aus Berlin, einer schnellen, vollen, modernen Großstadt, setzen ihre Arbeiten in die ländliche, kleinstädtisch geprägte Umgebung Rothenburgs." So umschreibt die Künstlerin Nele Probst das Projekt "Berliner Landpartie", das vom 16. bis 25. Juli in der Kulturbrauerei in Rothenburg. O. T. stattfindet. In den Räumen der ehemaligen Brauerei werden Installationen, Klang - und Objektkunst, sowie Malerei ausgestellt. 

Der mittelalterliche Stadtkern, das aus der Bevölkerung und Touristen aus aller Welt zusammengesetzte Publikum und der Ausstellungsort, bildet für die Künstler den interessanten Kontrast zu ihrer gewohnten Kunstumgebung, außerdem, lockt die Herausforderung, sich mit den Gegebenheiten des Ortes auseinanderzusetzen. Die teilnehmenden Künstler sind Christian H. Cordes, Lisa Glauer, Nele Probst, Käthe Wenzel, Alex Gern, Janina Bücking, Marco Riedel, Line Wasner und Andreas Kotulla.

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Martina Kramer in: Fränkische Landeszeitung, 17./18.10.2004.

Kunst-Stoff mit Humor "Berliner Landpartie" in der Rothenburger Kulturbrauerei:

Elf Künstler aus der Hauptstadt präsentieren ihre Arbeiten

ROTHENBURG - Wie es aussieht, wenn Großstädter eine "Berliner Landpartie" machen, davon kann sich der Besucher der Kulturbrauerei ein lebhaftes Bild zeichnen. Dort zeigen 11 Künstler aus Berlin ab heite für eine Woche (täglich 14 bis 19 Uhr), ihre Arbeiten. Ein abwechslungsreiches Abendrogramm gibt es außerdem. 

Wenn Künstler reisen und was für Vorstellungen sie damit verbinden, zeigt diese Schau. Wie eigentich wirken Bilder vor einer völlig anderen Kulisse? Rothenburg mit seinem mittelalterlichen Charme bietet sich als perfektes Kontrastprogramm zur Hauptstadt an. Ein Gedanke, der offenbar inspiriert, gefördert von jenen, die beides kennen. So etwa der Rothenburger Waldemar Olesch, der seit einem halben Jahr in Berlin weilt. Verknüpfungen und Austausch sind ihm wichtig, genauso wie dem Organisationsteam der Kulturbrauerei. Fäden spinnen sich weiter zur Berliner Schaltstelle Nele Probst, die viele der hier ausstellenden Künstler zum Mitmachen animiert hat. 

Mit Erfolg, denn einige der gezeigten Arbeiten sind extra für diese "Landpartie" gestaltet worden. So zum Beispiel der Rucksack von Andreas Kotulla, der schwarz-weiß direkt auf die Wand gemalt worden ist. Ein ausuferndes Gepäckstück, da der Großstädter ja nie weiß, was er in der wilden Natur alles brauchen wird. Vielleicht braucht er auch "nichts". Ein relativer Begriff, der überall in unserer Sprache auftaucht, mehr oder weniger gedankenvoll verwendet. Christian H. Cordes macht sich ein Spiel daraus, indem er das Wort astets aufs Neue an unerwarteter Stelle der Ausstellung auftauchen lässt. Kurzes Innehalten und Grübeln sind da erwünscht. 

So etwa, wie es auch der Hungrige vor dem Kühlschrank tut. Meist mit vernebelter Wahrnehmung, weil vom Bedürfnis getrieben. Daraus ergeben sich Makros, vergrößerte Ansichten von Details. Lisa Glauer lässt sie plastisch werden mit ihren poppig bunten Features von scheinbar banalen Alltäglichkeiten wie Joghurtbechern, Eiswürfeln oder Milchtüten. Dabei sei jedoch aufgemerkt, denn der deutsche Tetrapack kann sich vom US-amerikanischen erheblich unterscheiden. 

Nele Probst reizt der Kontrast zwischen Dtadt und Land - vor allem in ihrer Malerei. Graue Eintönigkeit gegen bunte Heiterkeit, gehalten in einer Handschrift, die bisweilen an Comics erinnert. Kein zwingend naturalistischer Ansatz, sondern bewusste und zugleich ironisierende VBerfremdung, die den Blickwinkel des Betrachters hinterfragt. 

Dagegen präsentiert sich Alex Gern mit seinen Farbgüssen puristisch. Im Vordergrund steht das vollkommene Erleben eines Pigments, eingefangen in kleinen, monochromen Kacheln. Farblose Gewänder aus Paketschnüren, durchsichtig, filigran aber doch ausgeformt sind Käthe Wenzels Faible. Das Begreifen von Form anhand eines dreidimensionalen Rasters ist ihr Thema. Den Körper, das Ausmalen, das Füllen ist Sache der Betrachter. 

(...) Nichts ist also, wie es sich darstellt - zumindest auf den ersten Blick. Darauf hinweisen will diese Ausstellung. Sie tut das humorvoll, verspielt, offenherzig. Kunst zu erfahren ist ihr Anliegen, bis man sagen kann: "Dem ist nichts mehr hinzuzufügen".

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In: Fränkischer Anzeiger, 26.07.2004.

"Annäherung" ans Schnurkleid

ROTHENBURG - Ein "Nichts" ruft einen herein, schriftlich tonlos und doch so vielsagend, wie Kunst sein kann. Ein "Nichts" begegnet einem immer wieder in dieser Ausstellung, als Kreidewort, als (Wand)teppich, auf beleuchteter, beräderter Holzplatte. Wer nach dem Sinn fragt, findet womöglich (s)eine weitreichende Anwort. 

Das will auch Schöpfer Christian H. Cordes (geb. 1967, Studium in Saarbrücken) nicht ausschließen. Eine inspirierende Tiefgründigkeit zeichnet nicht nur seinen Beitrag zur "Berliner Landpartie" aus, einer Galerie im alten Brauhaus mit Werken von elf Berliner Künstlern, von denen etliche aus dem Süden oder Westen Deutschlands stammen und einige auch intensive Studien im Ausland absolviert haben. Ein Besuch dieses jüngsten Projektes der örtlichen privaten Kunst-Initiative "Kulturbrauerei" ist dringend empfehlenswert. Reif, weltläufig, brisant wirkt die Kunst, die das Industrie-Denkmal diese Woche noch mit neuem Leben erfüllt. Jedes der Werke könnte genauso gut in einer großen Kunsthalle hängen bzw. stehen. Die Meistertrunkstadt, sonst auf historische Kulisse und Folklore abonniert, kann sich, wenn sie will, von einem vitaleren Geist berühren lassen. Ein vornehmer Zug der Galerie besteht gewiss in der Art, wie hier aus konzentrierten, manchmal minimalen Mitteln vielschichtige Bilder und Skulpturen geschaffen sind. Das gilt für die u. a. aus Holzresten und alten Nägeln gezimmerten ausdrucksvollen Figuren mit Titeln wie "Luftgucker" oder "Pedestrian" von Nele Probst. Das gilt ebenso für die aus Schnüren geformten, körperhaften Kleider der gebürtigen Aachnerin Käthe Wenzel - "Annäherungsversuche", die den Betrachter in ihrer Durchlässigkeit berühren, zur Reflexion herausfordern. 

Die Frage nach der Identität bestimmt auch die Skulptur und die im Foto festgehaltene Performance von Janina Bücking (1969 in München geboren). Ein Zementkopf, Kreidekonturen des eigenen Körpers, eine zweite gelatinehafte Haut sind die Elemente ihrer künstlerischen Experimente unter Einbeziehung des eigenen Körpers. 

Auf eine mehr als visuelle sinnliche Erfahrung zielt die Installation "sounds motion moderation" von Marco Riedel ab. Seine raumhohe "Klangkiste" moduliert ihren Sound (Geräuschkulisse vom hiesigen Weihnachtsmarkt), je nach Bewegung der seildicken elastischen Stäbe. Auf ihre Art kommunikativ sind die Gemälde und Zeichnungen der Galerie. Behäbige Traditionspflege sucht man vergebens, selbst die Standards der Moderne mischen sich allenfalls leger ins Spiel der kreativen Kräfte; z. B. eine Alltäglichkeit der Motive, wie sie die Pop-Art kennt. Da sind die Öl-Gemälde von Lisa Glauer mit ihren energievollen Perspektiven und Ausschnitten oder das verfremdete Ei im Glaskasten von Anke Mila Menck. 

Durch zeichnerisches Genie und einen ausgeprägten Stil machen die Werke von Line Wasner und der auf die Wand aufgetragene "Rucksack" von Andreas Kotulla auf sich aufmerksam. Eine comic-haft karikierende, kraftvolle Manier prägt die bunten Gemälde der bereits erwähnten Nele Probst. Zwischen Plastik und Malerei bewegen sich Alex Gerns dreidimensionale Quadrate mit ihren besandeten Leinwänden. Ebenfalls im Flur: ein Teppichfleck mit Roll-Rädchen, ein dadaesker Schriftzug und ein grüner gefüllter Kreis. Die unter dem Pseudonym "Billig-Topmarkt.de" firmierenden Künstler A. Negrelli und B. Urban bringen ein eulenspiegelhaft verspieltes Moment in die " Berliner Landpartie".

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In: Fränkischer Anzeiger, 19.07.2004.

"Dokumenta-Anklänge" im Brauhaus-Gemäuer

"Berliner Landpartie" erlebt Besucherandrang bei Musikabend

ROTHENBURG - Es war ein Kultur-Wochenende voller Termine. Das Besondere daran: alle hatten einen guten Besuch. Besonders aber freute man sich bei den Initiatoren des Kulturbrauhauses über den gelungenen Auftakt und ein von rund 200 zahlenden Gästen besuchtes Rock-Konzert mit zwei Spitzenbands. Rothenburg machte seinem Ruf als Kulturstadt dank der Initiative Einzelner alle Ehre! "Das macht Mut!" konnte da Walter Meile am gestrigen Sonntagnachmittag eine erste positive Bilanz ziehen. Nach dem schwachen Echo auf die letzte Ausstellung gelang es diesmal das Publikumsinteresse stärker zu wecken. Nur eine Woche lang sind die vielseitigen Arbeiten von elf Berliner Künstlern zu sehen, hinzu kommen noch drei Abendveranstaltungen (siehe Info-Kasten). 

Was in der mittelalterlichen Stadt der Traditionen lange vermißt wurde, hält mit dem Kulturbrauhaus zeitweise Einzug: Modernes, Alternatives, Avantgardistisches und Denkanstößiges. Der Gang durch die vom Brauhausteam in Eigenleistung ausstellungstauglich gemachten Räume, erstmals auch im Obergeschoß, vermittelt ein bißchen Dokumenta-Gefühle. Der Ankündigungstext bestätigt sich dem Betrachter, vorausgesetzt er ist aufgeschlossen unvoreingenommen, nimmt sich Zeit und läßt Räume und Werke wirken: "Bilder und Zeichnungen, verfremdete und befremdliche Objekte und Installationen eröffnen die Möglichkeit, die Fantasien spielen zu lassen, gedankliches Neuland zu betreten!" 

Ob es die im Raum schwebenden transparenten Körper aus Schnurgerippe der Künstlerin Käthe Wenzel sind, ob es die Umsetzung des "Nichts" als abstraktes Konzept in provokanter Schlichtheit von Christian H. Cordes ist oder ob man sich als Besucher gleich im wahrsten Sinne des Wortes "in die Seile hängt" und damit in ein experimentelles Audio-Klangfeld von Marco Riedel (Schüler von Horst Antes) eintaucht - ständig konfrontieren einen die Künstler mit Neuem und wer sich darauf einläßt, dem wird der Rundgang zum anregenden Kulturerlebnis.

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Katrin Wenzel in: strassenzeitung 16/2004.

"Kunst-Biotop in der Kastanienallee 12"

5 Jahre galerie kurt im hirsch

von Katrin Wenzel

In Prenzlauer Berg gibt es viel zu entdecken, gerade rund um den U-Bahnhof Eberswalder Straße und die Kastanienallee. In den Läden und Erdgeschosswohnungen, wo die Mieten bis zur Sanierung gering sind, zwischen und hinter den Cafés und Restaurants haben sich kleine Läden, Werkstätten, Ateliers und Galerien eingenistet. Eine davon ist die galerie kurt im hirsch im zweiten Hinterhof der Kastanienallee 12, einem Gebäude aus den 1890er Jahren, das sich sein angeschlagenes Aussehen bewahrt hat. 

Am Anfang stand die Idee, die eigenen Arbeiten auszustellen. Die Galerie entstand spontan, wie viele kleine Initiativen im Viertel, zunächst noch in der Oderberger Str. 12. Einige tatkräftige junge Kunsthistoriker und Künstler taten sich zusammen und renovierten den Fahrradkeller. Wie viele andere in Berlin, fühlten sie sich wenig inspiriert von dem, was sie in den kommerziellen Galerien in Mitte und West-Berlin zu sehen bekamen - während sie andererseits nur zu gut wussten, wie viel neue und aufregende Kunst in Berlin von jungen Künstlern aller Nationalitäten produziert wird. Man wollte sich ausprobieren, sich als Kuratorinnen und Kuratoren unter Beweis stellen, und natürlich - Kunst verkaufen. 

Drei Jahre lang gab es gemischte Ausstellungen zu sehen, zuletzt in Zusammenarbeit mit dem mob e.V., der das Gebäude in der Oderberger Str. 12 gepachtet und in Eigenarbeit saniert hat. Junge Künstlerinnen wie Saskia Hetzer aus den Niederlanden, Christina Giakoumelou aus Griechenland und Ulrike Gamst oder Käthe Wenzel aus Berlin hatten bei "kurt" ihre ersten Einzelausstellungen. Die Fassadenmalerei von Maya Heller und ihrer Kollegin am Quergebäude wurde inspiriert durch die letzte Ausstellung in den alten Räumen. 

2002 zog die Galerie in die Kastanienallee, wo sie in drei Räumen und als gemeinnütziger Verein wieder eröffnete. Unter ihrem Einfluss hat sich das Quergebäude zu einem künstlerischen Biotop entwickelt. Noch unsaniert, sind die Räumlichkeiten zum Teil nicht bewohnbar, und können als Lager und Arbeitsräume genutzt werden. Über den Ausstellungsräumen im Erdgeschoss liegen derzeit fünf Ateliers. Nele Probst, Lisa Glauer, Käthe Wenzel, Michaela Hartmann und Line Wasner produzieren dort Kunst in allen Formen, von Malerei bis Musik. Zumindest bis zur Sanierung. 

Das raumnahe Miteinander von Künstlerinnen und Galerie hat sich dabei als Vorteil erwiesen - nicht nur, weil man im Falle einer Ausstellung die Arbeiten nur zwei oder drei Treppen nach unten tragen muss. Auch die Ideen reisen schneller. Entstanden ist ein Netz von Kontakten, aus dem allerhand künstlerische Aktionen und Projekte auch außerhalb von Berlin entstanden sind. Am 16. Juli eröffnet in Rothenburg die von Nele Probst organisierte "Berliner Landpartie". Ende des Jahres zeigt der Kunstverein Schwerte die "Denkgerüste", eine Ausstellung, die Silke Ettling kuratiert. Zwei von drei Positionen vertreten Künstlerinnen aus den Hirsch-Ateliers. 

Letztes Wochenende feierte die galerie kurt im hirsch ihr fünfjähriges Bestehen mit einer Performance und einem Filme-Abend im Amphitheater des Hirschhofs. Zu sehen waren experimentelle Videos u.a. von Sas Trommler, Emil Gropoz, u. a. In fünf Jahren hat sich kurt im hirsch von der Produzentengalerie mit handkopierten Einladungszetteln zu einem kleinen, aber stabilen Verein mit festem Eintrag im Kunstkalender und einem weiten Freundeskreis entwickelt. Geblieben ist die entspannte Atmosphäre, der gelegentliche Hauch des Improvisierten, der von Anfang an den Charme des Ortes ausgemacht hat. Natürlich kämpft auch die galerie kurt im hirsch mit Geldsorgen. Gezeigt wird, wovon man überzeugt ist, und nicht unbedingt, was Geld bringt. Alles wird in Eigenregie organisiert, gebaut - und bezahlt. Neue Mitglieder sind dem Verein deshalb immer willkommen. 

Ab dem 3. September zeigt kurt im hirsch Bilder von Jim Avignon.

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Humboldt. Die Zeitung der Alma Mater Berolinensis, 14.04.2004, S.10.

"Ante Portas?" - Wir packen unseren Koffer...

Zur 177. Ausstellung der Kleinen Humboldt-Galerie

Die kleine Humboldt-Galerie (KHG) steht an einem Wendepunkt. Seit 1978 fanden in 176 Ausstellungen Gemälde, Zeichnungen, Fotografien, Skulpturen, Installationen und diverse Performances ihren Weg in die Ausstellungsräume der KHG. Seit Februar 2003 ist der Galerie jedoch ihr Ausstellungsraum, der hohe helle und vor allem bewachte Flur des Rechenzentrums, abahnden gekommen, denn dieses zog nach Adlershof. Die Kleine Humboldt-Galerie packte ihre Koffer...

Als neue Ausstellungsstätte ist der Lichthof im Ostflügel gedacht - dieser muss jedoch zuerst umgebaut werden. Der mit einem Glasdach versehen Lichthof wurde zu Beginn der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts gebaut, er bildete den Übergang zwischen dem offenen Flügel des alten Palais und den vom Architekten Ludwig Hoffmann 1914-1922 errichteten Erweiterungsbauten. Der Lichthof wurde zunächst als Schalterhalle genutzt, die schon damals zu den Kassenräumen der Universität führte. Er wurde im zweiten Weltkrieg durch eine Bombe zerstört. In den Folgejahren wurde der Raum mit einem nicht sachgerechten Pappdach versehen, was den Brandschutz jedoch gefährdete. So wurde 2001 beschlossen, in Anlehnung an die frühere Gestaltung, den Lichthof wieder herzustellen. 2002 begannen die ersten Bauarbeiten. Die Kassenräume wurden saniert. Dann stoppte der Senat die Gelder. Seitdem bemühte sich die Technische Abteilung um die Fortführung der Arbeiten. Aber erst jetzt - im April 2004 - wurden die Gelder für 2005 freigegeben. Somit wird erst Ende 2005 der KHG wieder ihr eigener Galerieraum zur Verfügung stehen. Bis dahin nutzt sie gern die Möglichkeit, ihre Ausstellungen im Foyer des Hauptgebäudes zu präsentieren. Das Foyer als ein unbewachter, öffentlicher Raum verändert jedoch einschneidend den Charakter der Ausstellungen, denn aus Sicherheitsgründen schließt sich die Präsentation von Originalen weitgehend aus, so dass die Galerie auf Kopien bzw. Fotos angewiesen ist. Die KHG muss ihre Koffer erneut packen...

Thematisch waren in der Vergangenheit die verschiedenen Projekte einzigartge Gratwanderungen, die jeweils neue Möglichkeiten boten, über das Verhältnis von Kunst, Kultur und Wissenschaft zu reflektieren. In der 177. Ausstellung wird deutlich, warum die Galerie als wissenschaftlich-kulturelles Schaufenster der Humboldt-Universität zur Öffentlichkeit die Kulturlandschaft Berlins auf einmalige Art ergänzt. Einen originellen Überblick über diese Arbeit der vergangenen 25 Jahre gibt der neue Katalog der Galerie, welcher auch Teil der Präsentation ist. Die KHG bildet nicht nur ein Forum für junge Kunst und thematische Ausstellungen, sondern fungiert auch als ein Bindeglied zwischen akademischer Ausbildung und zukünftiger Berufspraxis. Die 177. Ausstellung beabsichtigt, die singuläre Position und Bedeutung der KHG innerhalb der Universitätspraxis zu verdeutlichen. Es werden exemplarisch Ausstellungsprojekte der Vergangenheit besprochen und gleichsam ein Einblick in das umfangreiche Archiv der Galerie gewährt. Außerdem werden Modelle sowie ein Film zum Lichthof den zukünftigen Ausstellungsraum vergegenwärtigen. Computeranimierte, dreidimensionale Grafik ergänzen diese und zeigen Visionen einer zukünftigen Nutzung des Raums.

Da die Austellung mit Objekten der Künstlerin und promovierten Künstlerin Käthe Wenzel, die sich der Grenzüberschreitung von Kunst und Wissenschaft als Thema widmet, im Foyer nicht adäquat umgesetzt werden kann, werden u.a. wenigstens Teile dieser geplanten Präsentation gezeigt. Mit dieser Ausstellung verbinden wir auch die Hoffnung, dass sich neue EnthusiastInnen für die Arbeit der Galerie interessieren.

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In: Berliner Morgenpost, 28.03.2004.

Rundgang: So sieht es in den Ateliers der Berliner Künstler aus.

Künstler - die tun was! Zum Beispiel gegen den drohenden Verlust ihrer Ateliers. Weil der Senat die bewährte Förderung von Ateliers stoppen will, zeigen mehr als 20 Maler, Fotografen und Bildhauer in Kreuzberg nun der Öffentlichkeit, wie wichtig ihr Atelier als "Basic" fürs Arbeiten ist. Die Aktion in den drei großen Atelierhäusern findet heute von 14-20 Uhr statt. Darüber hinaus bieten die beiden Kunsthistoriker Ralf F. Hartmann und Karin Rase zwei geführte Touren für die Atelierhäuser Fidicinstr. 3 und Möckernstr. 68 an. Treffpunkt ist jeweils um 15 Uhr direkt vor Ort. Anschließend geht es gemeinsam um 17.30 Uhr in das dritte Haus Hagelberger Str. 53/54, wo Maler wie Moritz Hasse und Christiane Molan und der Performancer Ingolf Keiner ansässig sind. 

Parallel dazu gehen die Künstler in Prenzlauer Berg in ihre sechste "Offene Atelier"-Runde. Zwischen 14 und 19 Uhr laden u. a. Käthe Wenzel (Objekte), Line Wasner (Buchtuning), Anett Lau (Tapetenbilder) und Matthias Illner (Erotische Malerei) zum Gucken, Reden und eventuell auch Kaufen in ihre Arbeitsräume.

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In: Schwerter Rundschau, 15.09.2003, S.1..

Nachdenken über den Raum hinaus

Schwerte. Nicht fassen konnte der Kunstverein bei seiner Vernissage am Freitagabend die Schr der Gäste, die sich in den Wuckenhof drängte. "raum.raum.raum." ist die jüngste Schau überschrieben, die im Kunstverein und im Stadtgebiet Spuren hinterläßt. Eine Aussage ist vielen Arbeiten gemein: Die Grenzen zwischen Architektur und Kunst sind fließend.

So mag der auf grauem Grund über der Eingangstür platzierte Text die Aufmerksamkeit der Besucher auf sch lenken bevor sie anklingeln um in den Kunstverein eintreten zu können. Man fühlt sich an Inschriften im Gebälk über den Türen von Fachwerkhäusern erinnert. Sie beinhalten Segenssprüche, Angaben zur Baugeschichte der Häuser oder Hinweise auf ihre Bewohner. Auch in der Schwerter Altstadt findet man solche Beispiele.
Im Innern des Wuckenhofs zieht ein kleines Modell, das sich bei genauem Hinsehen als maßstabsgetreuer Nachbau des Kunstvereins erweist, die Blicke auf sich. So eröffnet der Nachbau gleichermaßen einen Einblick in das Zusammenspiel der drei Ausstellungsräume als Betrachtungsrahmen für die Kunst.
Gleich nebenan wird der Raum zur imaginären Bühne und Garderobe: Da fällt der Blick auf ein aus Knochen genähtes Korsett, das auf einem Kleiderbügel von der Decke hängt. In seiner Aussteifung bildet es auf seine Weise einen Raum im Raum. Ein korsett, in das man gedanklich hineinschlüpfen kann um zu erforschen, wie man sich darin wohl fühlen mag.

Ergänzt wird die Schau im Wuckenhof durch weitere Ausstellungsräume in der Innenstadt. "Wir freuen uns sehr darüber, daß wir die Evangelische Kirchengemeinde von St. Viktor, vertreten durch Pfarrer Claus Marquard, sowie die Geschäftsleute Astrid Schade, die Buchhandlung Schmidt uns Foto Conradi als Kooperationspartner für unser Projekt gewinnen konnten. Sie alle haben es der Künstlerin Käthe Wenzel ermöglicht, ihre Arbeiten auch an anderen, für sie relevanten orten auszustellen," sagte Silke Ettling in ihrer Begrüßung. Die junge Schwerterin, dei Kunstgeschichte in Berlin studierte, hat erstmals eine kuratorische Begleitung für den Schwerter Kunstverien übernommen.

Mit Grazyna Wilk, betonte Silke Ettling, konnte eine Künstlerin für die aktuelle Ausstellung gewonnen werden, die bereits im Frühjahr dieses Jahres beim Wettbewerb "Wasser in der Stadt" mit einer Arbeit vertreten war, für die sie den 2. Preis bekommen hat. Ihr Brunnen soll nach Möglichkeit realisiert werden. Gespräche werden soeben zwischen der SEG - Schwerte und der Künstlerin geführt.
"Die Mitarbeit von Ines Tartler," leitete Ettling zur dritten Künstlerin über, "war uns insofern besonders wichtig, da sie mit ihrer Arbeit konkret auf die Situation vor Ort Bezug nimmt und damit auch die Frage stellt, wie sich der Kunstverein am Wuckenhof als Ausstellungsort in das Gesamtgefüge der Stadt einbindet." 

Dem Verein liege viel an der Zusammenarbeit mit anderen kulturprägenden Institutionen und Orten der Stadt, betonte die Kuratorin. Durch die Mitarbeit von Pfarrer Marquard, Judith Neumann und Peter Blaschke vom Jugendamt, der Eintrachtschule, der VHS, Martina Schulte von der Malschule, Marc Wittershagen von 5,4 und Nachtwächter Uwe Fuhrmann sei es gelungen, ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm zur Ausstellung anzubieten.

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In: Schwerter Zeitung, 12.09.2003, S.1.

Vertrautes neu entdecken.

Drei Künstlerinnen schaffen völlig neues Raumerlebnis für Schwerter City 

Schwerte. "irgendwas ist anders." Ab heute 19 Uhr werden aufmerksame Schwerter einige Ecken ihrer Innenstadt neu entdecken. Der Kunstverein Schwerte eröffnet um 19 Uhr im Wuckenhof die Ausstellung "raum.raum.raum". Das Besondere? Der Eröffnungsgang durch die Ausstellung wird ein Marsch durch die City. Silke Ettling vom Kunstverein hat die drei Künstlerinnen Ines Tartler, Käthe Wenzel und Grazyna Wilk eingeladen, sich mit dem Thema Raum zu beschäftigen. Natürlich standen dafür die drei Räume im Wuckenhof zur Verfügung, aber die Künstlerinnen wagten auch den Ausbruch und eroberten die Stadt. 

Die prägendsten Eingriffe stammen von Käthe Wenzel. Schon von weitem kann man das grüne Tuch sehen, das aus der obersten Luke des St.-Viktor-Turmes hängt. Grün ist auch eine der spannendsten installationen des gesamten Projekts: Der grüne Mann. Der grüne Mann ist eine puppe, von außen besetzt mit Blättern römischen Salates. Aus dem Grün, den Blättern und dem scheinbar toten Mann ergeben sich in der gotischen Kirche zahlreiche symbolische Beziehungen zu dem Raum. "Der grüne Mann ist eine Figur aus dem heidnischen Maibrauchtum, der Tod und Erneuerung in sich vereinigt," erklärt Käthe Wenzel. 
"Mit diesem grünen Mann, der mitten in der Kirche liegt, wird man erst gewahr, wie viele Blatt-Pflanzen-Motive es in der Architektur von St. Viktor gibt", meint Pfarrer Claus Marquard zu der Wirkung der Figur. Spuren hat Käthe Wenzel auch in den Schaufenstern von Modistin Astrid Schade, der Buchhandlung Schmitt und Foto Conradi hinterlassen, auch hier sorgen ihre Installationen dafür, daß man angeregt wird, lange vertraut geglaubte Räume neu zu betrachten. 

Ines Tartler kam bereits im Frühjahr nach Schwerte, um sich einen Eindruck vom hiesigen Raum zu verschaffen. Dazu reiste sie per Bahn ohne Wegbeschreibung an. Sie fand den Kunstverein nur durch Passantenbefragung. Die so aufgesogene Atmosphäre der Stadt soll sich in ihrer Interpretation widerspiegeln. Die Stühle vor dem Wuckenhof gehören mit zu ihrer Installation. Grazyna Wilk setzt sich als Architektin schon beruflich mit Kunst auseinander und sucht eine Antwort, wie man Architektur mit Kunst verbinden kann oder ob Architektur bereits Kunst ist. Sie hat in ihrem, dem mittleren Raum, eine maßstabsgetreue Nachbildung des Raumes aufgebaut, gerade so groß, daß man sich über den Rand lehenn kann. In dem Raum steht ein Modell des Wuckenhofes. 

Den Rundgang durch Schwerte an den Installationsorten vorbei leiten am heutigen Abend um 19 Uhr Silke Ettling und Kunstvereins-Chef Michael Schade und Claus Marquard mit ihren Begrüßungsworten ein. 

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In: Schwerter Zeitung, 15.09.2003, S.1.

"Orten" gibt Orten neuen Sinn.

Ines Tartler, Grazyna Wilk und Käthe Wenzel eröffnen ihre Ausstellung "raum.raum.raum"

Schwerte. So viele Gäste wie schon lange nicht mehr kamen am Freitag in den Wuckenhof, um sich von drei Künstlerinnen in einen anderen "Raum" entführen zu lassen. Kunst, darunter versteht man Bilder, oder auch Skulpturen aus Stein. Zumindest tut sich niemand schwer, diese als Kunst zu betrachten. Aber nichts von diesen Dingen ist in der Ausstellung "raum.raum.raum" im Wuckenhof zu finden. Vielmehr haben sich die drei Künstlerinnen Ines Tartler, Grazyna Wilk und Käthe Wenzel mit der Kunst des Raumes beschäftigt. Jede auf ihre eigene Art. Und so unterschiedlich, wie die drei Frauen, so unterschiedlich ist auch ihre Kunst.

"Orten" nennt Ines Tartler das Ergebnis ihrer Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Wahrnehmungssituationen. Und stellt den ungeübten Ausstellungsbesucher auch gleich vor einen nicht leichte Übung. Ein auf den ersten Blick leere, weißer Raum empfängt den neugierigen Gast. Aber auf den zweiten Blick erschloss sich dem genauen Betrachter eine völlig unnormale räumliche Wahrnehmung.
Die Vorhänge hingen von außen an den Fenstern, die Stühle standen nicht im Zimmer, sondern draußen auf dem Vorhof. Ines Tartler bringt so mit ihrer Vorstellung unseren alltäglichen Begriff von Raum völlig aus dem Gleichgewicht, und der Besucher muss sich einen "neuen Raum schaffen", der vielleicht nicht von Wänden begrenzt ist. So ist der Raum nicht leer, sondern selbst die Kunst.

Grazyna Wilk hingegen beschäftigte sich mit dem "Raum im Raum". Sie baute Installationen im Raum auf, die wiederum ihren eigenen Raum schaffen. So läßt die Berlinerin eine Modellsituation entstehen, die für jeden Besucher individuell wandelbar ist.

Den wohl größten Schritt machte Käthe Wenzel mit ihrer Idee. Denn sie beließ es nicht alleine bei der Ausstellung im Kunstverein. Sie weitete ihre "wandelbare Räumlichkeit" auf die ganze Stadt aus. So erklärten sich kurzer Hand die Gemeinde von St. Viktor, die Buchhandlung Schmidt, die Geschäftsleute Astrid Schade und Foto Conradi dazu bereit, es der Künstlerin zu ermöglichen, ihre Darstellung von "Raum" auch außerhalb der Wuckenhof-Räume zu präsentieren.

Das Publikum war an diesem Abend von den drei Frauen begeistert und ist vielleicht mit einem erweiterten Begriff von Räumlichkeit nach Hause gegangen. Auf jeden Fall ist die Ausstellung "raum.raum.raum" ein interessantes Kunsterlebnis, für das man, um es zu verstehen, nur zwei wache Augen braucht. 

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In: Schwerter Rundschau, 15. September 2003, S.1.

Was macht der Grüne Mann in St. Viktor?

Spannendes Rahmenprogramm zur aktuellen Ausstellung - Auftakt am 26. September

Schwerte. "An den Grenzen ist viel Platz" so ist der zweitägige Workshop überschrieben, der am 26. und 27. September den Auftakt zum Rahmenprogramm zur aktuellen Ausstellung "raum.raum.raum" macht. Ausgangspunkt sind die raumbezogenen Arbeiten der drei Künstlerinnen. Die Kursleitung hat Silke Ettling, Kuratorin der Ausstellung. Der Workshop wird in Kooperation mit der VHS und Malschule angeboten.

Was hat es mit dem "Grünen Mann" in St. Viktor auf sich? Und mit dem geheimnisvollen Buch, aus dem das Grün sprießt? Die Arbeiten der Künstlerin Käthe Wenzek nehmen Bezug auf Kirche und Raum. Am Dienstag, 30. September, laden Silke Ettling und Claus Marquard von 19 bis 20 uhr zum Gespräch in die Marktkirche ein.

"Ich bin ein Teil der Nacht" heißt es am 2. Oktober. Ab 19 Uhr geht Nachtwächter Uwe Fuhrmann wieder seine Runden. Auf seinem Weg durch die historische Altstadt erzählt er auch die Geshcichte von der Burg.

Zu einem theologisch-kulturhistorischen Vortrag laden claus Marquard und Silke Ettling am 9. oktober um 19:30 in St. Viktor ein. Ein Ausstellungsgespräch steht am 12. Oktober um 15:30 im Kunstverein auf dem Programm. Ebenfalls im Kunstverein wird am 14. oktober um 19:30 der Film "39 Häuser in 45 Jahren" reflektiert, in dem die Künstlerin Ciska Bogmann die Geschichte ihrer Familie aufzeigt. Die bezog in 45 Jahren 39 Häuser, kaufte, baute um und verkaufte wieder und lebte dabei in den Niederlanden, in Australien, in Deutschland und in Spanien.

Zur Finissage am Freitag, 17. Oktober, sollen noch einmal gemeinsam mit den drei Künstlerinnen die Räume genossen werden. Lassen Sie sich überraschen!

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In: Schwerter Rundschau, 15. September 2003, S.1.

Was macht der Grüne Mann in St. Viktor?

Spannendes Rahmenprogramm zur aktuellen Ausstellung - Auftakt am 26. September

Schwerte. "An den Grenzen ist viel Platz" so ist der zweitägige Workshop überschrieben, der am 26. und 27. September den Auftakt zum Rahmenprogramm zur aktuellen Ausstellung "raum.raum.raum" macht. Ausgangspunkt sind die raumbezogenen Arbeiten der drei Künstlerinnen. Die Kursleitung hat Silke Ettling, Kuratorin der Ausstellung. Der Workshop wird in Kooperation mit der VHS und Malschule angeboten.

Was hat es mit dem "Grünen Mann" in St. Viktor auf sich? Und mit dem geheimnisvollen Buch, aus dem das Grün sprießt? Die Arbeiten der Künstlerin Käthe Wenzek nehmen Bezug auf Kirche und Raum. Am Dienstag, 30. September, laden Silke Ettling und Claus Marquard von 19 bis 20 uhr zum Gespräch in die Marktkirche ein.

"Ich bin ein Teil der Nacht" heißt es am 2. Oktober. Ab 19 Uhr geht Nachtwächter Uwe Fuhrmann wieder seine Runden. Auf seinem Weg durch die historische Altstadt erzählt er auch die Geshcichte von der Burg.

Zu einem theologisch-kulturhistorischen Vortrag laden claus Marquard und Silke Ettling am 9. oktober um 19:30 in St. Viktor ein. Ein Ausstellungsgespräch steht am 12. Oktober um 15:30 im Kunstverein auf dem Programm. Ebenfalls im Kunstverein wird am 14. oktober um 19:30 der Film "39 Häuser in 45 Jahren" reflektiert, in dem die Künstlerin Ciska Bogmann die Geschichte ihrer Familie aufzeigt. Die bezog in 45 Jahren 39 Häuser, kaufte, baute um und verkaufte wieder und lebte dabei in den Niederlanden, in Australien, in Deutschland und in Spanien.

Zur Finissage am Freitag, 17. Oktober, sollen noch einmal gemeinsam mit den drei Künstlerinnen die Räume genossen werden. Lassen Sie sich überraschen!

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In: Schwerter Rundschau, 12. September 2003, S.1.

Marktkirche läutet Ausstellungseröffnung ein

Weithin sichtbar: Die grüne Fahne, die am Turm von St. Viktor weht. Die Marktkirche konnte damit als einer von mehreren Orten für die Ausstellung "raum.raum.taum" gewonnen werden, die heute um 19:00 Uhr im Domizil des Kunstvereins, dem Wuckenhof, eröffnet wird. Die Schau versteht sich - wie berichtet - als ein Angebot, über die Beschaffenheit und die bedeutung von Raum nachzudenken. Hierfür haben die drei Künstlerinnen Ines Tartler, Grazyna Wilk und Käthe Wenzel drei verschiedene Raumsituationen geschaffen.

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In: raum.raum.raum. Katalog mit CD zur gleichnamigen Ausstellung im Schwerter Kunstverein 2003. Mit Arbeiten von Ines Tartler, Grazyna Wilk und Käthe Wenzel, kuratiert von Silke Ettling. Berlin 2003. S. 3-10.

raum.raum.raum

von Silke Ettling

Seit 17 Jahren engagiert sich der Kunstverein Schwerte unter Leitung von Ulfried Weingarten darum, zeitgenössische Kunst in Schwerte zur Diskussion zu stellen. Zunächst ab 1987 in der Kampstraße zu Hause, konnten 1995 die neuen und mit großem Einsatz der Mitglieder hergerichteten Räume im Wuckenhof bezogen werden. Dort stehen dem Kunst-verein seither drei großzügig geschnittene Räume für seine Aktivitäten zur Verfügung. Mit ihren weißen Wänden und dem grauen Fußboden entsprechen sie dem heute üblichen Bild eines neutralen Ausstellungsraumes, der eine möglichst störungsfreie Betrachtung von Kunst gewährleisten soll. Wie neutral aber kann ein Raum sein, unauffällig und von daher zu allem passend, an keine Interessengruppe gebunden, aufgehoben in seiner Wirkung und in seinem Einfluss auf das darin zur Anschauung Gebrachte? Als das hier skizzierte Projekt erste Formen annahm, dachte ich zunächst noch nicht an das Thema Raum. Eher an einzel-ne Konstellationen, die sich aus der Präsentation der ausgewählten künstlerischen Positionen im Zusammenspiel der drei Räumen entfalten ließen. Der Titel zur Ausstellung hat sich erst im Verlauf des Projektes im Dialog mit den drei Künstlerinnen herauskristallisiert.

Entstanden ist ein Gefüge aus drei spezifischen Angeboten, über die Beschaffenheit und die Bedeutung von Raum nachzudenken. "schließlich", so ein Text von Ines Tartler, "liegt eine der äußeren unserer in der das aufwirft, an dem gezeigt wird. Es verhält sich weil das selbst sich ohne präsentiert und der durch nichts ablenkt. Es ist das als, das zum wird, bezogen auf den, an dem gezeigt wird." Auf grauem Grund über der Eingangstür platziert, wird der Text vielleicht die Aufmerksamkeit der Besucher zunächst auf sich lenken, bevor sie anklingeln, um eintreten zu können. Dort verortet, erinnert das Geschriebene an Inschriften im Gebälk über den Türen von Fachwerkhäusern. Oft sind es Segenssprüche, die in das Holz eingra-viert wurden, Angaben zum Bau des Hauses oder Hinweise auf seine Bewohner. Auch in der Schwerter Altstadt finden sich solche Beispiele. Als die Künstlerin im Frühjahr von Berlin nach Schwerte reiste, um den Ort der Ausstellung kennen zu lernen, ist sie auch in diesem Teil der Stadt umhergegangen. Was aber möchte diese Aufschrift vermitteln? Für eine An-kündigung ist sie zu wenig konkret, eher scheint sie etwas zu beschreiben, das unbestimmt bleibt, eine Behauptung, die sich entzieht, auf das Innere des Hauses ebenso verweisen kann, wie auf die Rolle des Kunstvereins als ein Ort des gedanklichen Austausches im Ge-füge der Stadt - und auf den Besucher, der kommt, um herein zu schauen.

Vom Flur öffnet sich der Blick in zwei Richtungen. Durch den Zugang zum mittleren Raum wird die Aufmerksamkeit auf einen zweiten Raum gelenkt, der in den größeren hineingebaut wurde. Auf der anderen Seite des Flures behindert eine Schwingtür die freie Sicht auf den dahinter liegenden Raum. Beim Eintreten wiederholt sich der Eindruck des Verborgenen. Vorhänge, von außen vor die Fenster gehängt, machen es dem Besucher unmöglich, einen Blick nach draußen zu werfen. In die Atmosphäre des Verborgenen mischt sich ein Gefühl des Privaten, ein auf das Innere konzentrierter Raum, in dem man sich möglicherweise unbeobachtet fühlt, bis einer der Vorhänge von außen angehoben wird oder der nächste Besucher durch die Schwingtür tritt. Zu sehen gibt es weder Objekte noch Bilder. Zwischen Schwingtür und Vorhängen entfaltet sich stattdessen eine spannungsreiche Grundkonstella-tion verschiedener Eindrucksmomente, die den eintretenden Besucher an die Nahtstelle von Innen- und Außenraum führt.

Nährt die Abgeschlossenheit des Innenraumes das Bedürfnis, darüber hinaus zu gehen, wecken die Vorhänge außen die Neugier auf das dahinter Verbor-gene. Im Innern bleibt der Betrachter auf sich und den Raum konzentriert, zwischen beiden entwickelt sich eine Grundkonstellation des Betrachtens, die von den Texten an den Wänden aufgegriffen wird. Sie bieten Anhaltspunkte, in dieser Richtung weiterzudenken, über die im Innern entstandene Wahrnehmungssituation wieder hinaus zu gehen. Zwischen Konzentra-tion und Öffnung wird das Orten von Raum zu einem fließenden Prozess, in dem sich einzel-ne Wahrnehmungsmomente zu einem beweglichen Geflecht von Eindrücken verdichten. Die angebotene Wahrnehmungssituation ist ihrerseits das Ergebnis eines solchen Prozesses. Nach ersten Gesprächen in Berlin folgte die Reise nach Schwerte, um den Ort der Ausstel-lung näher kennen zu lernen. Die beim Umherstreifen durch die Stadt und in den Räumen des Kunstvereins gewonnenen Eindrücke von der spezifischen Situation vor Ort bilden das Material, mit dem Ines Tartler ihren Beitrag zu dieser Ausstellung erarbeitet hat. Hervorge-gangen aus den Nahtstellen dieser Eindrücke ist eine Raumsituation entstanden, die die Grenzen zwischen Architektur, künstlerischer Arbeit, Kunstraum und öffentlichem Raum in der Wahrnehmung des Betrachters ineinander fließen lässt. "schließlich liegt eine der äus-seren unserer in der das aufwirft" - schließlich?

Beim Eintreten in den mittleren Raum eröffnet sich dem Besucher eine andere Ausgangssi-tuation. Hier sind die Fenster nicht verhangen, der Blick kann frei zwischen innen und außen hin- und hergleiten, so dass die Eindrücke ungehindert ineinander fließen können. Unweiger-lich tritt man dabei irgendwann auf einen der vielen Klebestreifen auf dem Fußboden. Folgt man der Struktur aus Streifen, ergibt sich der Grundriss eines Gebäudes, der exakt in den Grundriss des mittleren Ausstellungsraumes eingefügt worden ist. Während man aus der Vo-gelperspektive auf den Plan hinunterschaut, tappt man zwischen den aufgeklebten Raumein-heiten hin- und her und kann Maß nehmen. Auf der Basis dieses Grundrisses ist eine der darin enthaltenen Raumeinheiten in den Ausstellungsraum hineingebaut worden. Bei einer Wandhöhe von 1,20m bietet der kleinere Raum den Besuchern mit entsprechender Körper-größe die Möglichkeit, von oben in den so umbauten Raum hineinzusehen. Dahinter befindet sich ein kleines Modell, das sich bei eingehenderer Betrachtung als maßstabsgetreuer Nach-bau des Kunstvereins erweist. Reduziert auf die Grundmaße der Räume eröffnet der Nach-bau einen modellhaften Einblick in das Zusammenspiel der drei Ausstellungsräume und auf die Brückenfunktion des mittleren, verortet zwischen den beiden anderen.

Zwischen den Po-sitionen von Ines Tartler und Käthe Wenzel hat Grazyna Wilk eine Installation entworfen, die von der Bedeutung des Raumes als architektonischer Grundeinheit ausgeht. Im Blick auf eine möglichst variable Nutzung der Räume () definiert Architektur den funktionalen Rahmen für das, was sich später in ihr entfalten soll. Für den Ausstellungsraum gilt hier nach Maß-gabe des aktuellen Kunstbetriebs noch immer die Vorgabe, den Raum in seiner Wirkung und in seinem ästhetischen Einfluss auf die Präsentation von Kunst möglichst zurückzunehmen. Die Architektur als möglichst verborgener Betrachtungsrahmen für die Kunst? Im Gefüge dieser Ausstellung kann Architektur an der Verbindungsstelle zwischen den beiden anderen Positionen ihren eigenen Raum besetzen. Während sie sich in den beiden angrenzenden Räumen als Bestandteil eines komplexen Beziehungsgefüges in die jeweilige Wahrneh-mungssituation einfügt, eröffnet sie im mittleren Ausstellungsraum eine Konstellation des Betrachtens, die Architektur als funktionale und ästhetische Ordnung erfahrbar macht. Die Grenzen zwischen Architektur und Kunst sind auch in diesem Raum fließend.

Von hier aus gelangt man in den dritten Ausstellungsraum. Der Sichtachse folgend, fällt der Blick auf ein aus Knochen genähtes Korsett, das dort auf einem Kleiderbügel von der Decke hängt. In seiner Aussteifung bildet es auf seine Weise einen Raum im Raum. Das auf Maß geschneiderte Kleidungsstück aus Stoff und Knochen provoziert das Bild eines eingeschnür-ten Körpers, der auf diese Weise in eine ideale Form gebracht werden soll. In den Gedanken an eingezwängte Organe mischt sich das Bedürfnis, das Korsett zu berühren, seine Schnüre zu lösen, um dem imaginären Körper Luft zu schaffen, vielleicht auch, um ihn zu enthüllen. Die Vorstellung an einen Körper verbindet sich in irritierender Weise mit dem ausgestellten Korsett, das von der Decke hängende Objekt wird zu einem tragbaren Kleidungsstück, in das wir gedanklich schlüpfen können, um zu erforschen, wie man sich wohl darin fühlen mag. Der Ausstellungsraum enthält weitere Kostümobjekte. Es gibt einen Haarnisch und ein Kleid mit Moosbewuchs, ein Hexenhemd, einen zweiten Flug-versuch und die Fischhaut: ein paar Füße aus Latex zum Überziehen, die griffbereit oder abgelegt an der Wand hängen. All diese Einzelstücke sind sorgfältig und auf Maß gearbeitet.

Sie präsentieren sich als künstlerische Objekte und erwecken gleichzeitig den Eindruck tragbar zu sein, vorausgesetzt, dass man die richtige Konfektionsgröße hat. Vielleicht sind es ja auch die abgelegten Kleider einer nicht greifbaren Person, die dem Betrachter zum gedank-lichen Rollenspiel angeboten werden? Ergänzt werden sie durch Objekte wie das in kleinen Glasflaschen aufbewahrte Wimpernpaar einer Diva oder das eingerahmte Brusttoupé unter Glas. Sie wirken wie die kostbaren Überreste einer Person, auch wie Ersatzteile, sorgsam konserviert und ausgestellt, wie es Praxis in medizinhistorischen Sammlungen ist. Auch sie fordern uns heraus, dass Bild zu ergänzen und werden damit wie die Kostümobjekte in un-serer Vorstellung zu Stellvertretern für ein Individuum, einen spezifischen Charakter oder eine Rolle, in die man schlüpfen kann oder hineingedrängt wird, die man ablegen oder sich aneignen möchte, und die uns als Gestalten aus Dichtung, Kunst und Musik seit Jahrhunder-ten vertraut sind. Im Ausstellungsraum miteinander arrangiert, treten sie in einen vielschichtigen Dialog zueinander. Das einzelne Kunstwerk wird zu einem Teil des Raumes. Wie auf einer imaginären Bühne werden historisch gewachsene Rollenbilder miteinander arrangiert und auf ihr jeweiliges Verhältnis von Kleidung, Körpergefühl und Selbstbild befragt. Dem Betrachter bieten sie Variationen von Identität, die gedanklich durchprobiert werden können.

Der Ausstellungsraum wird damit selbst zu einer Variation. Er ist zurückgenommener Betrachtungsrahmen, imaginäre Bühne und Garderobe in einem - ein Angebot, über die Wandlungsmöglichkeiten von Identität und Rollenbildern nachzudenken. Raum wird hier in vielfältiger Weise zu einem gedanklichen Bezugspunkt für die Arbeiten. Als Ausstellungsraum er-wachsen aus einer eigenen Tradition des Sammelns und Präsentierens bietet er die Möglich-keit, sich auf das künstlerische Einzelwerk bzw. die in ihm geschaffene Wahrnehmungssituation zu konzentrieren, die ihrerseits den Blick auf Bezugspunkte lenkt, die über den künstlich geschaffenen Betrachtungsrahmen hinausweisen. Bezugnehmend auf historische Rollenbil-der und Traditionen sind sie an verschiedenen Orten denkbar. Der Kirchenraum übernimmt hier eine besondere Schlüsselfunktion, da er die jahrhundertealte Prägung der europäischen Kultur und Identität durch die christliche Glaubenslehre verkörpert. Das dort während der Ausstellung gezeigte Apokryphen-Buch verweist hierauf, indem es den Blick auf das Verborgene lenkt, das vormals nicht in den Kanon der Heiligen Schrift aufgenommen wurde. Erwei-tert wird der Bezug zum historischen Ort durch die Einbeziehung der Schaufenster eines Modegeschäftes und einer Buchhandlung, in deren Auslagen während der Ausstellung weitere Arbeiten zu sehen sein werden. "Leg Deine Kleider ab, leg Deinen Körper ab. Häng sie hin-ter die Tür. Freiheit für eine Nacht. Hier ist, wo die Geschichte beginnt - ein neuer Anfang, immer ein anderes Ende." architektonischer raum. ausstellungsraum. öffentlicher raum. historischer raum - Raum, so ein Gedanke dieser Ausstellung, entwickelt sich an der Nahtstelle solcher Bezüge. Die abge-steckten Grenzen sind fließend und in unterschiedlichsten Konstellationen denkbar. Raum als eine in ihren Koordinaten nicht fest begrenzte Ausdehnung, ein für jmdn., etw. zur Verfügung stehender Platz = ein Freiraum?

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Christiane Meixner in: Berliner Morgenpost, 26. Juni 2003, S.15.

Das Spiel mit dem Verfall

Ein Kleid aus Gold und Wimpern - so lang wie ein kleiner Finger. Kein Wunder, daß es die Kunst von Käthe Wenzel bloß im "Schwarzhandel" gibt! Der Weg zur gleichnamigen Ausstellung der jungen Berliner Künstlerin führt durch zwei ranzige Hinterhöfe in Prenzlauer Berg, an denen ein Jahrzehnt Sanierungswut bislang spurlos vorüber gegangen ist. Die Galerie "kurt im hirsch" hat diesen Ort mit Sinn für das Morbide gewählt - und vielleicht als ein letztes imposantes Zeugnis wahrer Vorwendezeit.

Im Innern der Galerie setzt Käthe Wenzel dieses Spiel mit dem Verfall gekonnt fort. Verschließt die falschen Wimpern in zwei mit Flüssigkeit gefüllten Gläsern und nennt das "Diva" (2002) oder flicht blondes Kunsthaar und Muscheln zu einem glitzernden Kostümobjekt namens "Genoveva-Phantom".

Das tiefrote Kleid "Bilingual" spricht mit zwei Latexzungen, die wie falsche Brüste am Dekolleté kleben. An der Decke flattern derweil Vögel aus Knochen und schillernden Federn, während unten auf dem Tisch eien Fruchtschale mit verkohlten Trauben, Orangen und schwarzem Granatapfel lockt. Kein Zweifel: Auch Wenzels barocke Welt einer vergänglichen Schönheit lebt vom Charme des Zerfalls. Weil die Künstlerin, die seit 1999 regelmäßig ausstellt, diese Schönheit mit allen Mitteln zu bewahren sucht, konserviert sie die begehrten Objekte. Das Ergebnis sind poetische Präparate, die zwangsweise allerdings auch die Spuren ihres Verfalls in sich tragen: Die verbrannten Früchte zeigen Sprünge, das Präparat schimmert giftig gelb und in das "Wundertäterhemd" hat sich eine der Flüssigkeiten aus den transparenten Brustfensterchen gefressen.

Gerade das "Wundertäterhemd" offenbart jedoch, daß es der Künstlerin nicht allein um den morbiden Effekt ihrer Skulpturen, Objektkästen udn Wandkleider geht. Gerade erst hat sie über die Schnittstellen zwischen Kunst und Medizin promoviert und festgestellt, wie schmal der Grat zwischen den Wirk- und Werkstoffen beider Disziplinen oftmals ist.

Ihre Arbeit wirkt wie ein Reflex - nicht als pure Illustration, sondern als Fortschreibung dieser Erkenntnis mit anderen, ungewöhnlichen Mitteln. Auch die übrigen Exponate entpuppen sich als kokette Grenzgänger zwischen Kleid und Kunst, Reliquie und Körper. Selbst Wenzels bevorzugte Materialien wie Wachs, Latex, Stoff, Knochen und einmal sogar frisches Gras sind nie eindeutig, sondern oszillieren zwischen Ekel und manchmal nahezu sakraler Erhabenheit. Und genau dies ist der Grund ihrer Faszination.

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Heike Fuhlbrügge in: Käthe Wenzel: Apokryphen. Objekte 1999-2003. Berlin 2003. S. 3-5.

Mind the Gap!

Ein revisionistisches Konzept im Werk von Käthe Wenzel.

Käthe Wenzels Arbeiten beweisen eine verblüffende ikonografische Sicherheit. Wie im Suchscheinwerfer fokussieren sich in ihren Werken Ideen und Motive der Humaniora ebenso wie humorvolle Scharaden, doch scheint die Enträtselung dieser Zitate und Topoi weniger durch Analyse als vielmehr in einer Synthese weitläufiger Denkräume möglich zu sein. Verwirrend anspielungsreich und vielschichtig treffen Werktitel wie Liber Floridus, Codex I-III und Stilleben I, als Insignien kulturellen Wissens mit Artefakten und Materialien wie Haaren, Latex und Knochen aufeinander.

Widerspruch und Zweifel evozieren diese Arbeiten, deren organische und anorganische Stofflichkeit gleichsam zu haptischen Trägern abgründigen Humors und spielerischer Revision der Termini werden, wie beispielsweise das Multiple Schwammige Begriffe (Objekt, 2002) veranschaulicht. Titel und Kunstobjekt wirken dichotom, wenn aus einem geschwärzten, aufgeschlagenen Buch ein kräftiger Büschel Gras herauswächst und dies mit der Bezeichnung Apokryphen belegt wird. Motiv- und Spurensuche im kulturellen Vorratslager zwingt damit das Gedächtnis auf Hochtouren. Welches Buch ist gemeint? Das Buch der Natur? Oder findet sich hier ein Bezug zu Schlegels Vergleich des Universums mit einem Buch, so als würden wir in einem „kolossalen Roman„ leben?

Dieses Buch des Lebens, das sich aus Zufällen und Fragmenten zusammensetzt, verbunden mit dem Gras, das für ewige Wiederkehr des Lebens steht. Ist das Werk also absichtslos aneinandergereiht, eine Geschichte ohne Anfang und Ende, indem jedes Fragment einen „Entwurf der Welt„ (Novalis) beinhaltet, ähnlich der Frage des Florestan in Ludwig Tiecks Roman „Franz Sternbalds Wanderungen„: Muss alles ein Ende haben? Offene, nichtlineare und mehrstimmige Strukturen hinterfragen hier die Logik, die aufgelöst scheint und gerade sich daraufhin neu zusammensetzt. Der Betrachter wird mobil, gerät auf eine innere Reise, auf der gesellschaftlich geprägte Kodierungen und Systeme sich als Trugbilder erweisen.

Venus mit Fäusten: von der vita contemplativa zur vita activa Die Zuckerpuppe ist ein kleinplastischer Abguss der Venus von Milo aus feinkristallinem, weißen Zucker. An ihren Torso sind die aus Wachs nachgebildeten Arme des David von Michelangelo geschnürt. Als Stereotype ist die Venus das Sinnbild für Weiblichkeit, das die kulturelle und soziale Konstruktion eines Frauenbilds in der Gesellschaft bis heute bedient. Sie ist das „fragment érotique„, das im Kanon von Eros, Melancholie und Tod mitschwingt. Im kulturellen Kontext erscheint sie heute mehr als ein „ästhetisches Urphänomen von Ambivalenz„ (Adorno), von Schmerz und Sexus, während sie früher als schöpferische Potenz der Göttin gesehen wurde. Ihr Fragment steht als Metapher des Unvermögens zur Handlung, das kontemplative Innerlichkeit kennzeichnet. Diesen Mangel begreift Käthe Wenzel als Chance, an zementierten Vorstellungen zu rütteln: Wer möchte nicht die wehrhaften Arme des Davids besitzen, der einen Riesen bezwang?

Im Kombinieren von typisch weiblichen und männlichen Fähigkeiten lösen sich festgefügte Identitäten auf. Gleichzeitig wird der David von seiner politisch, machtvollen Rolle als Symbol kampfbereiter Bürgerschaft demontiert, statt dessen das Prinzip Weiblichkeit um ein Handlungswerkzeug bereichert. Der Werkstoff Zucker unterstreicht das revisionistische Konzept, in dem der kanonische Materialbegriff abgelöst wird durch ein süßes Nahrungsmittel, das einerseits stets von Auflösung bedroht, andererseits zählebiges Konservierungsmittel ist. Archivierung und Verwandlung, Grenzen und Auflösungsprozesse sowie Schein und Authentizität bilden hier die Parameter eines „anything goes!„, des Grundsatzes von Paul Feyerabend gegen die „Sucht nach geistiger Sicherheit in Form von Präzision, Objektivität und Wahrheit.„

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Steffen Siegel in: kondensat Juni 2003. Themenheft zur Ausstellung "Naturbeobachtungen - zwischen Kunst und K�nstlichkeit"

Blütenlese, ohne Punkt und Komma

Käthe Wenzels Apokryphen-Buch

Für Bibliomanen, die viel zu oft und noch dazu viel zu viel Geld für Bücher ausgeben, ist Käthe Wenzels Buch eigentlich eine Zumutung. Denn wahllos ist ihnen doch zunächst einmal grundsätzlich alles spannend, was sich zwischen zwei Buchdeckeln befindet. Blättern will man also in der "Geschichte der Diplomatie", die da aufgeschlagen liegt. Selbst wenn inzwischen, es ist gar nicht zu übersehen, Gras über die Sache gewachsen ist. Zwar sind die Seiten gut verklebt, doch werden immerhin mit einiger Mühe die Buchstaben, unter der pechschwarzen Lasur begraben, im Streiflicht wieder lesbar. Eigentlich macht es aber die Sache nur schlimmer. Denn spätestens da, wo sich ein scharfes Messer, ohne Rücksicht auf Punkt und Komma, durchs Papier gegraben hat, endet die Entzifferungsarbeit. Wer hat behauptet, dass ein Geheimnis nur dazu da sei, früher oder später entdeckt zu werden? Dieses Buch jedenfalls ist hartnäckiger. Ihm ist das Apokryphe, das Verborgene also, das es im Namen führt, nicht zu entlocken.

Vielleicht sollte man sich eher an das wirklich Sichtbare halten. Fast gewaltsam hat hier die Natur vom Buch Besitz ergriffen. Die Buchstaben müssen den Graswurzeln weichen: Es scheint, als habe Käthe Wenzel ein altes Spiel einfach umgekehrt. Schließlich hat man lange genug vom Buch der Natur gesprochen und etwa dort, wo eigentlich nur ein Grashalm zu sehen war, vor allem die kunstvolle Kalligraphie eines göttlichen Federkiels zu entdecken geglaubt. Und nannte man nicht ganz im Ernst Bücher, die streng genommen abgedruckte Zettelkästen waren, Florilegien, Blütenlesen also? Hier jedenfalls, im Apokryphen-Buch, gibt es nur noch wirkliche Blüten. Allerdings, Bücherleser wissen das nicht so genau, haben Gräser überhaupt Blüten, die diesen Namen verdienen? Man sollte gleich - wo denn sonst? - in einem Buch nachsehen!

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In: taz 18.Juni 2003, S.28.

Naturverbunden II

Der Verdacht, daß Natur momentan eine ziemlich angesagte Thematik künstlerischer Arbeit zu sein scheint, gab Anlass, 13 internationale Positionen zum Thema "Naturbeobachtungen" zu versammeln. Die Arbeiten müssen trotzdem nicht immer nach der Natur gemacht sein. Sie können, wie bei Hans Martin Sewcz auch eine Konstruktion aus verzinkten Kohleschaufeln aus DDR-Bestand sein, die im Foto dennoch wie ein seltsamer Aronstab aussieht.
Käthe Wenzel freilich schlägt ganz konkret das Buch der Natur auf - und siehe da, es wächst Gras über die (Druck-)Sache. Und Jeongmoon Choi sieht Garn als Regen.

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Uta Kornmeier in: The Ex-Berliner 12/June 2003, S.36.

Black Market

The bowl of fruit in this exhibition of new work by Käthe Wenzel is not recommended as refreshment, for it has passed its use-by date by several hours - hours spent in an oven at nearly 200°C. Charred but miraculously not burned it is a tongue-in-cheek-reference to Christ´s time in limbo and His Ascension. Do I hear cries of overinterpretation? Be assured the artist knows her iconography, having just completed a PhD in art history. Her work feeds off these little intellectual references and is particularly strong on the side of secular relics of a modernised Passion.

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Nina Samuel in: K�the Wenzel: Apokryphen. Objekte 1999-2003. Berlin 2003. S. 3-5.

Schwarzhandel

Diven sind eine rare Spezies. Ihr hochmütiger Blick erweckt Ehrfurcht und Begierde. Käthe Wenzel hat den Blick der Diva medusenartig gebannt und in Essig gelegt (Diva, 2002). Die langen Wimpern in Glasampullen sind melancholische Zeugnisse verblühter Schönheit, haltbar gemacht für die Nachwelt. Analog dazu bewahrt sie Pflanzen in Honiggläsern vor ihrem Verblühen (Botanikersouvenir, 2003) - unterstreicht so aber nur noch deutlicher ihre Vergänglichkeit. Unschuld oder Verdorbenheit? Man kommt ins Zweifeln, denn neben den Blüten befinden sich Indizien und Tatwerkzeuge eines Verbrechens, ebenfalls in Honig eingelegt (Vergangene Gewalttat a-d, 2002). Und auf dem Tisch liegt nur noch verbranntes Obst (Stilleben, 2003).
Käthe Wenzel ist eine Archivarin menschlicher Obsessionen, die in ihren ironisch-morbiden Konservierungen nachhallen, so wie ihr Stilleben aus verbranntem Obst noch von der Hitze des Ofens zeugt. Man befindet sich an einem bizarren Tatort, der wie ein modernes Memento Mori von der Glut vergangener Leidenschaften kündet. Wenzel präsentiert Reliquien einer aktualisierten Passionsgeschichte, die mit wohlplatzierten semantischen Schnitten die kulturellen Übereinkünfte und Standards hinterfragen. Ihre Kostümobjekte sind Konsum- und Heilsversprechungen (Wundertäterhemd, 2002). Sie operieren an der Schnittstelle zwischen kriminalistischer Autopsie und der herben Poesie der Archive, zwischen aufgeschobener Verwesung und chirurgischer Sakralität. So wie ihr von Gras überwuchertes Buch (Liber Floridus, 2003) seine Geheimnisse nur bruchstückhaft preisgibt, so sind alle ihre Objekte verrätselte Spuren, die uns auf verschlungenen Wegen in einen neo-barocken Garten zwischen Mythos und Wissenschaft entführen.

Die heilige Genoveva wurde als Frau des Volkes bezeichnet, war das Kind armer Bauern und blieb zeitlebens jungfräulich - eine Diva stellt man sich so sicher nicht vor. Bei Käthe Wenzel wird sie zum Gespenst aus Kunsthaar (Genoveva-Phantom, 2003). Gibt es heute noch wahre Diven? Vielleicht entdeckt man sie auf dem Schwarzmarkt der konservierten Leidenschaften zwischen Honiggläsern und verbranntem Obst.

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In: Breed Uit, April 2003.

Käthe Wenzel - Expositie mei Lokaal4

Amersfoort - NL. Käthe Wenzel beweegt zich op het grensvlak van natuurwetenschap en kunst. Zij gebruikt wasafdrukken en afgietsels van lichaamsdelen en organen. Ze werkt met botten, haar, veren, suiker, rubber en brood. Haar objecten lijken zo uit een medisch laboratorium, een archief of een vreemdsoortig museum te komen. De verbluffende overeenkomst van de kunstobjecten met een medisch of archeologisch voorwerp, een bewijsstuk of gevonden voorwerp, doelt op een verwarring van vermeend helder gescheiden "domeinen". Dat leidt tot hernieuwde overwegingen over de verschillen en gemeenschappelijkheden van uitgangspunten.

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In: New York Arts Magazine, Januar 2003.

Im Bauch von Ost-Berlin

Die galerie kurt im hirsch zeigt junge Künstler in Berlin-Prenzlauer Berg

In Prenzlauer Berg gibt es viel zu entdecken, insbesondere rund um den U-Bahnhof Eberswalder Straße, wo früher die Mauer verlief und die Stadt an ein abruptes Ende kam. In alten Läden und Erdgeschosswohnungen, wo die Mieten noch gering sind, zwischen und hinter den Cafés und Restaurants haben sich alle Arten kleiner Läden, Werkstätten, Ateliers und Galerien eingenistet. Eine davon ist die galerie kurt im hirsch im zweiten Hinterhof der Kastanienallee 12, einem Gebäude aus den 1890er Jahren, das sich sein angeschlagenes Ostberliner Aussehen bewahrt hat.

Die drei Räume im Erdgeschoss sind von einer Gruppe tatkräftiger junger Kunsthistoriker und Künstler entdeckt und renoviert worden, die dort ihre Arbeiten ausstellen oder ihre Fähigkeit als Kuratorinnen und Kuratoren unter Beweis stellen wollen. Wie viele andere in Berlin fühlten sie sich wenig inspiriert von dem, was sie in den kommerziellen Galerien in Mitte und West-Berlin zu sehen bekamen - während sie andererseits nur zu gut wussten, wie viel neue und aufregende Kunst in Berlin von jungen Künstlern aller Nationalitäten fortwährend produziert wird. Die galerie kurt im hirsch ist seit vier Jahren aktiv und hat jungen Künstlerinnen wie Saskia Hetzer aus den Niederlanden, Christina Giakoumelou aus Griechenland und Ulrike Gamst oder Käthe Wenzel aus Berlin erste Einzelausstellungen ermöglicht.

Bis Ende Februar zeigt kurt im hirsch die schrillbunten Bilder von Jim Avignon. Inspiriert vom Stil und den charakteristischen Gesten der Comic-Kunst, untersucht der Künstler die Verwicklungen und Rückschläge des menschlichen Daseins und das Streben nach Glück - das, wie wir alle wissen, allzu oft zu komischen oder tragischen Situationen führen kann. Avignon lässt die Gegenstände in seinen Bildern selbst menschlich werden: Rollende Särge, danebenschießende Revolver, ein Buch, das einen Striptease hinlegt, Computer, Kühlschränke und Wolkenkratzer erzählen vom Leben, von Ordnung und Chaos. Dies passt gut in die Räume der galerie kurt im hirsch in der unausgesetzt sich wandelnden und verändernden Umgebung von Prenzlauer Berg.

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Jana Sittnick in: Berliner Zeitung, 19. November 2002.

Die Sucht nach der Ferne

In einem leeren Haus an der Schönhauser Allee stellen junge Künstler ihre Arbeiten aus

Auf die Frage nach dem Ort, an dem die Sehnsucht wohnt, gibt es unendlich viele Antworten und - anders als beim Fernsehquiz - vielleicht keine einzige, die zählt. Philosophen argumentieren anders als Tourismusmanager, die "Traumziele" für Urlauber verkaufen.

Nele Probst verkauft keine Pauschalreisen, sie malt Bilder und organisiert Ausstellungen. Zum zweiten Mal in diesem Jahr veranstaltet die 35-jährige Künstlerin zusammen mit dem Kulturlabel Kook und dem Bühnenbildner Till Kuhnert das mehrwöchige Kulturspektakel "167c" in einem leerstehenden Haus in Prenzlauer Berg. Dieses Mal hat sie sich des ebenso schönen wie widersprüchlichen Phänomens der Sehnsucht nach der Ferne angenommen. Im Mittelpunkt dess Festivals der "167c - Fernsucht", an dem bildende Künstler, Musiker, Autoren, Filmemacher und Choreografen teilnehmen, steht eine opulente Ausstellung. 22 junge deutsche und ausländische Künstler zeigen auf den vier Etagen der Mietskaserne ihre Arbeiten. Dogmatisch will man nichts sein. Und so geht es um vieles, um die Suche und Sucht nach Identitäten, Glück, Fremde oder Heimat.

Tatsächlich kann man in sehr unterschiedliche Welten eintauchen: In einer Installation von Käthe Wenzel, die sich mit dem Wunsch, jemand anders zu sein, beschäftigt, hängen speckige Korsagen und Miederwaren von der Decke herab. Der fotograf Timm Kölln hat Reisebuchautoren porträtiert, um die hinter ihren Texten verborgenen Fernweh-Gestalter sichtbar zu machen. Ganz anders Siri Frech: In ihrem Raum verbreitet sich Urlaubsstimmung, denn ein großes Farbfoto zeigt einen gelb-rot glänzenden Apfel vor blauen Bergen und blauem Meer. Es ist dies ein Apfel aus Brasilien, aufgenommen auf dem Knie der Künstlerin in Island. Siri Frech hat das Apfel-Meer-Motiv in verschiedene Städte der Welt zu Freunden geschickt, mit der Bitte, etwas hinzuzufügen. Und so kann man an den Wänden des Ausstellungsraumes in Berlin eine lange Postkartenkette in verschiedenen Variationen sehen, die die weite reise der Fotofrucht bezeugt.

Der unmodische, überalterte Charme des leer stehenden Hauses, das früher das Institut für Agrarökonomik der Akademie der Wissenschaften der DDR beherbergte, ist in vielen Ecken spürbar: Betritt man das Haus, schaut man gleich links durch ein Schiebefenster in eine winzige Pförtnerloge, in der rote Kunststoff-Lava glüht. Auch das ockerfarben gestrichene Treppenhaus und die hellbraun tapezierten Wände mit Ornamenten weisen auf die ästhetischen Verbrechen in der Vergangenheit des Gebäudes, das nach der Abwicklung des Instituts auf seine Eigentümer rückübertragen wurde.

Weil die Erbengemeinschaft sich über die Nutzung des Hauses nicht einigen kann, steht es leer. Eine Hausverwaltung besorgt die nötigen Reparaturen. Voriges Jahr schlug Nele Probst dem Verwalter eine Zwischennutzung vor. Sie hatte Erfolg, und im Januar 2002 fand "167c" erstmals statt. Nun gibt es eine Fortsetzung mit einem Musikaufgebot, das das Label Kook besorgt hat, mit experimentellen Filmen, Lesungen, Gesprächen und der Aufführung eines neuen Tanzstückes von Martin Stiefermann im nahen Dock 11. Es heißt "In ferne Süden" und erzählt von den Träumen der Touristen.

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Susanne Lenze in: Neues Deutschland, 25. Oktober 2002.

Vielfache Fernsucht

Eine Ausstellung in der Schönhauser 167c

Dicke Luft. Es riecht nach Auto. Ein VW, 20 Wasserkannister, eine Tonne Sand und ein größeres Stück "Haut" sind in dem Zimmer. Stinkendes Urlaubsauto, Meer, Strand und Sonnenbrand - Urlaub rargestellt von Kostüm- und Bühnenbildner Till Kuhnert. In einem anderen Raum hängen Fischhaut-Füße aus Nylon und Latex, Farbton: cosmetic oder beige. Das Kostümobjekt wurde von Käthe Wenzel entworfen. "Hier wird eine Sehnsucht dargestellt, eine Utopie, in eine andere Haut schlüpfen zu wollen," sagt Nele Probst, bildende Künstlerin und Mitorganisatorin der Ausstellung "167c - Fernsucht".

Vom 15. November bis 15. Dezember werden 22 bildende Künstler in den Zimmern, Gängen und Treppen in der Schönhauser Allee 167c in Prenzlauer Berg ihre Arbeiten zum Thema zeigen. Parallel zur Exposition läuft ein Kulturprogramm mit Literatur, Musik, Performance und Film. Bis zu 80 internationale Künstler aller Genres werden sich dabei präsentieren, unterstützt vom Kulturlabel Kook, einem Netzwerk zur Gegenwartskunst.

Wer durch das Haus von Zimmer zu Zimmer läuft, dem eröffnen sich Urlaubsassoziationen, es entstehen Natur- und Umgebungseindrücke oder welche zum Wirtschaftsfaktor Tourismus, beschreibt Nele Probst das Projekt. Die Räume beherbergen Installationen, Malerei, Fotografie und Videoarbeiten. Sorge bereitet den Künstlern jedoch die Finanzierung des Projektes. Etwa 2500 Euro fehlen den Organisatoren noch, um die Werbung, den Internetauftritt, Versicherung und Materialkosten zu begleichen.

Fluggesellschaften, Reiseveranstalter oder Unternehmen, die mit dem Reisethema werben, erteilten den Künstlern eine Absage. Zeitgleich zur Ausstellung wird die Tanzkompanie MS Schrittmacher im nahe gelegenen DOCK 11 ihr neuestes Werk "Warum in der Ferne" aufführen.

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In: Berliner Abendblatt, 11. September 2002.

Phantasien aus Zucker

Prenzlauer Berg. Phantasieobjekte aus Zucker und Wachs präsentiert die Berliner Künstlerin Käthe Wenzel in einer kleinen Ausstellung der Galerie Kurt im Hirsch. Die verspielten Objekte, wie Plastiken aus Zucker und mit Wachs überzogene Kostüme und Kleidungsstücke haben oft einen Bezug zu alten Legenden und Märchen. Käthe Wenzel will mit ihren Exponaten so die Besucher zum Nachdenken und Fantasieren anregen. Die am vergangenen Wochenende eröffnete Ausstellung ist noch bis zum Sonntag, dem 6. Oktober, in der Galerie Kurt im Hirsch, Kastanienallee 12, jeweils freitags bis sonntags von 18 bis 22 Uhr zu sehen.

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Von Lucas Elmenhorst.

Zuckerpuppen

Eröffnungsrede zur gleichnamigen Ausstellung in der galerie kurt im hirsch in Berlin-Prenzlauer Berg vom 8. September bis 6. Oktober 2002

Als Zuckerplastik erhält Venus von Milo (Zuckerpuppe IV - Prothesenvenus, Objekt, 2002), die auf dem Transport von Rom nach Paris ihre Arme verloren haben soll, von Käthe Wenzel ihre Arme zurück. Die kämpferisch geballten Fäuste erweisen sich als Wachskopien der Arme von Michelangelos David, deren Befestigungen zugleich zu Fesseln werden.

Wenzels Anliegen sind Körper und Identität. Die Körper sind jedoch oft abwesend oder nur als Fragmente präsent und werden zu Schwammigen Begriffen (Multiple, Objekte, 2002), wie in einer Antikensammlung präsentierte Köpfe im Zustand der Auflösung oder Metamorphose. Wenzels Kostümobjekte laden ein, die eigene Identität abzustreifen oder bieten fragwürdige Ersatzhäute an, wie das prächtige Federkleid des Flugversuchs (Objekt, 2002), dessen Fasanenfederfragmente aber zu kurz sind, um damit davonzufliegen, oder wie die Füße der Fischhaut (Objekt, 2002), die lose in ihrer Haut an der Wand baumeln und auf neue Benutzer warten. Es ist Zeit, alte Zöpfe abzuschneiden, die dann als Ophelia-Trophäe (Objekt, 2002) aufgelöst in einem großen Glasfiasco im Wasser schwimmen.

Ein Verletztes Brötchen (Objekt, 2002) zeigt unerbittlich seine klaffende, blutrote Bißwunde, die dem Betrachter nicht mehr aus dem Sinn geht, und entzieht sich unter seinem Glassturz einer eindeutigen Einordnung als Ware, Reliquie oder Exponat. Das Egebnis ist verspielt, verwirrend, morbide und ästhetisch.

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Katrin Pauly in: Berliner Morgenpost, 4. Juni 2002.

Wachs in ihren H�nden

Ausstellung im Kolbe-Museum: Künstler entdecken ein gefügiges Material

«Vorsicht Bienen!» warnt unübersehbar das Schild am Georg Kolbe Museum. Tatsächlich schwirren da ein paar um die Eingangstür. Im Haus selbst aber zählt nur, was von der Biene übrig blieb, genauer: von ihrer Verdauung. Nichts anderes als ein Verdauungsprodukt nämlich ist der Werkstoff, um den es hier geht. Als Material für die künstlerische Verarbeitung galt Wachs lange als nieder und unedel und schien den Bildhauern allenfalls zur Vorlagenherstellung tauglich zu sein, doch die Ausstellung «Wächserne Identitäten» zeigt jetzt, dass der Stoff noch ganz anderes Potential hat. Zu sehen sind 60 Exponate von 30 Künstlern aus der ganzen Welt. Dabei sind es vor allem junge Künstler, die das gefügige Material neu für sich entdeckt haben. Mit den Kabinetten einer Madame Tussaud hat das Ganze rein gar nichts zu tun. Trotzdem heißt die erste Abteilung der Ausstellung «Doppelgänger». Surrealistisch tasten sich da die wächsernen Gliedmaßen und Körperfragmente von Brigitte Waldach vorsichtig aus der Wand. Gil Shachars hyperrealer «Herrmann» scheint tief nach innen zu schauen. Mit seiner leicht glänzenden Konsistenz ist das Material Wachs der menschlichen Haut so ähnlich, dass man glauben könnte, man müsste Herrmann nur kurz in die Wange kneifen, dann würde er die Augen aufschlagen. Beim lebensgroßen Che Guevara von Gavin Turk würde man sich das natürlich nie trauen, schließlich zielt er mit seiner Pistole direkt auf den Betrachter. Eine Pose, die der Künstler übrigens nicht bei Che, sondern bei Elvis abgeguckt hat.

So lebensecht und organisch das Material einerseits wirkt, so ist es andererseits auch assoziativ mit dem Tod verknüpft. Erinnert sei an die wächsernen Totenmasken der alten Römer. Der Österreicher Thomas Sturm spielt mit dieser Facette, indem er sich selbst mystisch transparent in Szene setzt. Verfremdende Selbstverdoppelungen, die in Zeiten gentechnischer Manipulationsexperimente umso gruseliger wirken.

Die zweite Abteilung steht unter dem Titel «Stellvertreter» und hier verdeutlicht besonders eine Arbeit von Felicitas Franck die unglaublichen Möglichkeiten des Materials: Sie imitiert in ihren Wachs-Büsten edles Marmor, Alabaster oder auch Bronze, verweigert sich aber gleichzeitig einer rein mimetischen Abbildungstradition, indem sie beispielsweise einem Kind Hörner aufsetzt oder sich selbst als Hund darstellt. Nebenan kombiniert die Berliner Künstlerin Margund Smolka Körperfragmente wie etwa kleine Puppenärmchen in mehrfacher Duplizierung zu eigenen, seltsam ornamentalen Gebilden, die wirken, wie einer naturwissenschaftlichen Präparatesammlung entnommen.

Im Untergeschoss, das die Überschrift «Metamorphosen» trägt, spielt auch John Isaacs mit der Tatsache, das Wachs früher häufig zu wissenschaftlichen Zwecken verwendet wurde. Mit seinem blutigen, die Gedärme offen legenden Leichnam rekurriert er auf die anatomischen Wachsabbildungen, wie sie zu Studienzwecken in der Medizin verwendet wurden.

Beate Gänssle nutzt ebenfalls die anatomische Abbildkraft, widmet sich aber nur isolierten Körperteilen, wie etwa den «21 kleinen Arschlöchlein». Auch die in Berlin lebende Künstlerin Käthe Wenzel separiert die Teile des Körpers und bastelt daraus das «Survival Kit für das nächste Jahrhundert». Eine Art Ersatzbaukasten mit Brüsten, Ohren, Herz und Händen, deren Gebrauchsanweisung zur erfolgreichen Selbsttransplantation allerdings komplett unbrauchbar ist, da auf Chinesisch.

Und damit die Kreativität kein Ende nimmt, mühen sich draußen vor der Tür weiter die fleißigen Tiere ab, um für neues Material zu sorgen. Bärbel Rothhaar hat für sie immerhin ein behagliches Zuhause geschaffen: Eine große weibliche Terrakottafigur, die die Bienen von innen mit Wachs beziehen sollen und in die sie direkt durch die Brüste einfliegen können.

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Jessica Ullrich in: Ullrich, Jessica (Hg.): Wächserne Identitäten. Figürliche Wachsplastik am Ende des 20. Jahrhunderts. Katalog zur Ausstellung im Kolbe-Museum. Berlin 2002. S. 62-63.

Käthe Wenzel

Käthe Wenzel benutzt Wachs als Substitut für Fleisch, womit sie sich auf eine lange Tradition in der Kunst- und Kulturgeschichte stützen kann. Ihr Motiv ist der menschliche Körper als Fragment. Das Körperfragment steht der Vorstellung von der Intaktheit und Integrität des Körpers entgegen, unterstreicht seine Verletzlichkeit und impliziert physische Gewalt, Unterdrückung und den Verlust einer einstmals imaginierten Einheit. Wenn Menschen als bloße Fragmente dargestellt werden, können sie als ihrer Identität beraubt und dadurch entmachtet erscheinen. Außerdem spiegelt sich in Darstellungen von bruchstückhaften Körpern die Erkenntnis wider, dass heute keine gültigen Ideen eines „authentischen" Körpers mehr darstellbar sind.

In ihrer Gleichförmigkeit erinnert beispielsweise eine Serie von wächsernen Füßen nicht nur an die modernen Körperkopierversuche der Gentechnologie, sondern auch daran, dass Wachs traditionell als Kopiermedium gilt. Serielle Herstellung und liebevolle Handarbeit sind in Wenzels Abgussarbeiten ebenso vereint wie enzyklopädisch aufgearbeitete Naturwissenschaft und pseudoreligiöser Souvenirkitsch. Die Verfremdungen, die durch Einfärbung des naturalistisch abgegossenen Wachses entstehen, machen auf den Abstand zwischen Original und Kopie aufmerksam.

Wenzels tragbarer „Ersatzteilkoffer" mit jederzeit verfügbaren, austauschbaren Brüsten, Ohren, Händen und Herzen spielt weniger auf Duchamps „La Boîte en Valise" an als auf Auswüchse des heutigen Körperkultes und die fragwürdigen Errungenschaften moderner Schönheitschirurgie und Prothesenmedizin. Die Illusion, man könne Körperteile nach Bedarf einfach austauschen, wird mit der beigelieferten, unbrauchbaren, da chinesischen, Gebrauchsanweisung Lügen gestraft. Dass die inneren Organe aus Abgüssen tierischer Körperteile entstanden sind, ist nur folgerichtig: Wird doch schon lange das Schweineherz menschlichen Patienten transplantiert. Das Fleisch ist eine Kategorie, die alles Lebendige teilt. Der Körper wird in Käthe Wenzels Wachsobjekten auf drastische Weise auf seine vergänglichen Elemente reduziert – allerdings nicht ohne die Frage nach etwas Dauerhaftem zu stellen, das über die fleischliche Existenz hinausweist. Es ist denn auch der schmale Grat zwischen lebendem und totem Fleisch, der Wenzel interessiert. So möchte sie ihre wächsernen Fleischstücke auch als künstlerische Kommentare zur Materialismus-Idealismus-Debatte verstanden wissen. Einem naturalistischen wächsernen Lammrücken, den sie mit Federn ausstattet, gibt sie den Titel „Himmelfahrt", um Vorstellungen über die Auferstehung des Leibes zu hinterfragen. Ebenso wie Paul Theks Arbeiten, in deren Nachfolge Wenzels Fleischstücke zu lesen sind, erinnern solche Objekte an aufwändig verzierte religiöse Opfer wie auch an Reliquien.

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Von Helen Adkins am 26.03.2002.

Eröffnungsrede der Ausstellung im GEHAG FORUM

mit Sigrid Hacker, Ricoh Gerbl, Silke Schmidt und Käthe Wenzel

(...) Käthe Wenzel, 1972 in Aachen geboren, hat Kunstgeschichte, Geschichte und Anglistik studiert und arbeitet seit 1994 als bildende Künstlerin. Bezeichnend für die Arbeiten, die hier sind, ist, dass sie alle – zumindest theoretisch – tragbar sind. Wenzels Leitgedanke ist der des Verreisens, des Weggehens. Sollte das Abendland zugrundegehen, würden wir auf der Flucht das Wichtigste mitnehmen. Käthe Wenzel macht uns hierzu ein zweifaches Angebot: Wir können uns entweder für das „Katholische" oder für das „Protestantische Fluchtgepäck" entscheiden. Handlich tragbar, ähnelt die kompakte katholische Kirche dem Bauchladen eines ambulanten Künstlers, der mit Porträts auf Standardhintergrund Geld verdient. Es ist eine Art Bausatz mit verschiedenen Druckstöcken für die entsprechenden Grundmotive wie Schweißtuch oder Flammendes Herz, Probedrucke, Druckfarbe sowie das nötige Kleinwerkzeug. Die Bibel ist wohlgemerkt nicht dabei und die mit erhobenem Zeigefinger mahnende Hand stellt nicht nur ein kirchliches Motiv dar.

Während die Katholiken doch etwas lebendiger in rot/schwarz die Basis ihres Glaubensbekenntnisses mitnehmen dürfen, sind die Protestanten nur im strengen Schwarz ausgestattet. Bemerkenswert bei den Druckmotiven ist, dass sie meist einer Ergänzung bedürfen. Beim Neuanfang gibt es Raum für Veränderung.

Bei „Adam und Eva" nach Lucas Cranach werden wir zu unseren Anfängen zurückgeführt: In jeweils 32 Teilen können Adam bzw. Eva gedruckt werden – pur und original, aber auch gemischt, als androgyne Wesen.

Die sanft ironischen Arbeiten von Käthe Wenzel stellen die grundlegende Frage nach der Identität des Menschen, nicht im individuellen Rahmen, sondern in Wissenschaft und Glauben. Wir können die kleinen Druckplatten austauschen, vielleicht können wir auch Gene manipulieren.

Grundlegend für die Kleidungsstücke mit Titeln wie „Salatwams" oder „Haarmieder", war für die Künstlerin das Buch „The Power Book" der jungen englischen Autorin Jeanette Winterson. Die erfolgreiche Schriftstellerin und bekennende Lesbierin schreibt im Anfangskapitel ihres jüngsten Werkes ihr Credo vom Leben. Alles ist Fiktion, alles Verkleidung. Ein Individuum entsteht erst durch seine Kleidung, sie verschmilzt mit dem Leib. So ist es dann auch möglich auf einer allegorischen Ebene sein Selbst abzugeben und ein neues anzuziehen. Käthe Wenzel nimmt Winterson aufs Wort, und einige der fantastischen Kleidungsstücke sind sogar mit Textpassagen aus dem Buch bestickt.

"Undress. Take off your clothes. Take off your body. Hang them up behind the door. Tonight we can go deeper than disguise."

So etwa: „Leg ab. Leg deine Kleider ab. Leg Deinen Körper ab. Häng sie hinter die Tür. Heute Nacht können wir tiefer gehen als Verkleidung."

Leib und Verkleidung werden eins. Die Knochen, auch Organe, das Herz, werden zu Kleidungselementen: Dazu dienen Kleintierknochen, die an den Stoff angenäht werden, Stickereien oder auch Salatköpfe, die mit der zeit stark schrumpeln. Käthe Wenzel näht von historischen Schnitten, der Schnitt für das „Netzwams" ist aus dem 16. Jahrhundert, die meisten anderen entstammen dem viktorianischen Zeitalter; dabei verwendet die Künstlerin traditionelle Stoffe wie Seide und Leinen, Nessel und Batist.

Bis auf das Kleid mit dem Namen „Lady Maud Warrender", dessen Schnitt der Garderobe dieser Dame entstammt, und hier mit ihr schon namentlich verschmolzen ist, tragen die meist ausgesprochen weiblichen Kleidungsstücke schlichte Gattungsbenennungen wie „Knochenkorsett", „Haarmieder" oder „Herzhemd"; ihre sorgfältige Bearbeitung, in Verbindung mit unerwarteten, quasi intimen Komponenten, verleiht ihnen einen erotischen Charakter, der jedoch durch den historischen Schnitt jegliche voyeuristische Komponente ausschaltet. Das Salatwams ist sehr fragil, das Knochenkorsett hingegen erscheint recht robust. Die Kleidungsstücke haben eine Seele, einen Charakter und stehen bereit, eine leibliche Hülle mit Leben zu bekleiden.

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In: Brandenburger Woche, 27. Januar 2002.

Adam und Eva in der Druckwerkstatt

Heute: Workshop im Haus Gartenstra�e

"Galerie um 4" heißt es auch in diesem Jahr wieder im Kulturzentrum Haus Gartenstraße in Nauen. Der Auftakt der Veranstaltungsreihe im neuen Jahr ist am heutigen Sonntag, den 27. Januar, um 16 Uhr. Innerhalb der Kunstausstellung "Käthe Wenzel: Le Grand Bleu: Angebote zum Verkleiden", die derzeit in der Galerie des Hauses zu sehen ist (BRAWO berichtete), bietet der Kulturverein Haus Gartenstraße einen Workshop an. In einem Künstlergespräch gibt Käthe Wenzel zunächst Auskunft zu ihren Arbeiten, insbesondere zu den beiden fragmentierten Holzschnittarbeiten im Tragekoffer "Adam und Eva" nach Lucas Cranach.

Anschließend unternehmen die Teilnehmer des Workshops gemeinsam mit der Künstlerin eigene "Ausflüge" in die Kunst des Holzschnitts. Jeder erstellt einen Druckstock aus Birnenholz, wie schon Albrecht Dürer. Krönender Abschluß ist der Druck eines Gemeinschaftskunstwerks aller Beteiligten.

Material und Werkzeug werden gestellt. Mitzubringen ist lediglich gute Laune. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Der Eintritt kostet 5 Euro, ermäßigt 3,50 Euro. Auch das Galerie-Café ist heute geöffnet.

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In: Märkische Allgemeine Zeitung, 25. Januar 2002.

Einen Druckstock aus Birnenholz

...können Besucher der "Galerie um 4" anfertigen, wenn Käthe Wenzel am Sonntag dieser Woche einen Workshop abhält. Die Berliner Künstlerin lädt um 16 Uhr in das Haus Gartenstraße von Nauen ein. Sie spricht über ihre Arbeit in der Ausstellung "Le Grand Bleu". Dazu gehören auch "Adam und Eva im Tragekoffer", bestehend aus Holzschnittarbeiten nach Lucas Cranach.

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In: Märkische Allgemeine Zeitung, Kulturkalender, 15. Januar 2002.

Le grand bleu - Angebote zum Verkleiden bietet
Käthe Wenzel im Kulturzentrum Haus Gartenstra�e

Käthe Wenzel hat ein Faible für ausgefallene Kleidungsstücke, die sie mit Nadel und Zwirn kaum wahrnehmbar verfremdet. Aus historischen Schnitten entstehen eigenwillige Korsagen und Gewänder. Der andere Teil der Ausstellung gleicht einem Raritätenkabinett: aufgespießte Fische oder angsteinflößende Wachsabgüsse in verglasten Schaukästen.

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In: Brandenburger Woche, 20. Januar 2002.

Fluchttauglich und reisefähig

Fluchttauglich und reisefähig sind die Kunstobjekte von Käthe Wenzel - Kunst zum Mitnehmen eben. Auch deshalb wohl sind die meisten ihrer Objekte mit einem praktischen griff zum Tragen versehen. "Ich verarbeite in meinen Objekten Dinge, die man eigentlich überhaupt nicht braucht, aber die man auch nicht wegwerfen möchte. Ich verfremde diese Dinge so, dass ich sie nicht mehr benutzen kann. Aber man erkennt auch, was noch so darin steckt." Die junge Berliner Künstlerin stellt derzeit ihre Objekte in der Galerie Gartenstraße in Nauen aus. Neben ihren "Fluchtversionen", darunter die "Bibliothek von Alexandria" und der Bausatz für ein Kriminalstück, die sich allesamt transportieren lassen, sind auch verfremdete Kleidungsstücke zu sehen. Basierend auf historischen Schnitten sind verschlungene Roben und Korsagen entstanden, die dem Zusammenhang von Kleidung, Körpergefühl und Selbstbild nachspüren. So ist eine Weste mit Salatblättern besetzt und ein Kleid mit einer Korsage aus Knochen versehen.

Am 27. Januar lädt Käthe Wenzel zu einem Workshop ein. Ab 16 Uhr können Interessierte unter Anleitung der Künstlerin kleine Holzschnitte anfertigen, die sich an dem ausgestellten Zyklus "Adam und Eva" nach Lucas Cranach orientieren. Im Ergebnis soll eine Druckvorlage für einen gemeinsamen druck entstehen.

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Helga Labenski in: Berliner Morgenpost, 15. Januar 2002.

Blaue Stunde im "Blauen Haus"

Das Nauener Haus Gartenstra�e gilt als Oase in kultureller W�ste.
Die Galerie macht derzeit "Angebote zum Verkleiden".

Am "Blauen Haus" kann niemand vorbeigehen. Die im auffälligen Blaun getünchte Fassade mit den ockergelben Fensterläden leuchtet entlang der Bundesstraße nach Velten von weitem aus dem einheitsgrau der sonst von Zweckbauten und Plattensiedlung geprägten Ausfallstraße. Sehr zum Ärger von Heimatkundlern ist das "blaue Haus" zum Synonym geworden für den Komplex des Kulturzentrums Haus Gartenstrasse. Denn eigentlich war das kleine Haus nur Nebengebäude des ehemaligen Lazaretts aus dem 18. Jahrhundert, das sich die Musik- und Kunstschule Havelland und der Verein "Haus Gartenstrasse" seit der Restaurierung der historischen Gebäude vor zehn Jahren teilen.

Sonntag, zur blauen Stunde im Kulturzentrum "Blaues Haus". Ausstellungseröffnung im Haus Gartenstraße. Es geht familiär zu. Besucher der Vernissage haben ihre Kinder mitgebracht. Die lauschen mit offenen Mündern den melancholischen südamerikanischen Liedern, die Maria Beierlein de Gutierrez, begleitet von ihrem Mann Daniel, singt. Man kennt sich. Die junge Künstlerin, die an diesem Tag ihre Werke präsentiert, fällt im Gedränge kaum auf. Ungewöhnliche Objekte hat die Aachenerin Käthe Wenzel geschaffen. Wächserne Herzen oder Federn. Den Devotionalienschrein eines Stierkämpfers - alles in Schaukästen wie in einer Raritätensammlung drapiert. Kleider, Blusen und Korsagen, angelehnt an historische Vorbilder, aber durch wenig alltägliche Materialien verfremdet.

Natürlich spielt auch hier wieder die Farbe Blau eine Rolle. Unter dem Titel "Le Grand Bleu" macht Käthe Wenzel Angebote zum Verkleiden. Dafür, dass ein Korsett aus Entenknochen mit 720 Euro (1400 Mark) viel teurer ist als ein ganzes Kleid mit Knochenkorsage für 283 Euro (550 Mark) hat die 29jährige Wahlberlinerin eine entwaffnende Erklärung. "Die Korsage möchte ich eigentlich gar nicht verkaufen. Nur wenn es wirklich viel einbringt."

Permanente Geldsorgen hat auch das Kulturzentrum Haus Gartenstraße. Der Kreis als Träger der Einrichtung verlangt eine Beteiligung der Stadt - aber die ist pleite. Um die Zuschüsse müssen die Organisatoren von Jahr zu Jahr wieder bangen. "Wir hoffen natürlich, dass uns das erhalten bleibt. Wenn es dieses Haus nicht gäbe, dann wäre hier weit und breit gar nichts," sagt Ute Gröll vom Vereinsvorstand. "Dabei läuft es wirklich gut."

15 000 Besucher kamen im vergangenen Jahr in die Galerie. Die erfolgreiche Reihe mit Jazzveranstaltungen "Gartenstraße live" startet wieder am 2. März. Auch die Musik- und Kunstschule unter dem selben Dach ist gut besucht. Kinder können hier in Kursen ihrer Fantasie freien Lauf lassen, Erwachsene ihre Kreativität entdecken. Neben dem Musikunterricht sind Malerei, Grafik, Keramik im Angebot. Es gibt eine Theatergruppe und ein Team, das sich um Bühnenbilder und Kostüme kümmert. Auch Käthe Wenzel plant im Rahmen der Schau einen Workshop in Nauen.

Ihre Ausstellung "Angebote zum Verkleiden" ist bis zum 23. Februar dienstags bis freitags von 12 bis 18 Uhr und sonnabends von 15 bis 18 uhr zu sehen. der Eintritt ist frei.

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Marlies Schnaibel in: Märkische Allgemeine Zeitung, 14. Januar 2002.

Kunst mit Griff

Humorvoll und morbide: Objekte von K�the Wenzel.

Den Satz "Kleider machen Leute" hat Käthe Wenzel auf den Kopf gestellt. Ihre Kleidungsstücke sind zwar aus Samt und Seide und allesamt schön anzuschauen, aber tragbar sind sie nicht. Dafür sorgen die ungewöhnlichen Beigaben, Leute haben in ihren Kleidern nichts zu suchen. Vielmehr finden diese in der Salatweste, dem Hexenhemd, dem Netzwams oder dem Federmieder Dinge, die ihnen gut vertraut sind. Meinten sie zumindest bisher. Doch Käthe Wenzel holt diese Dinge aus dem vertrauten Umfeld heraus und gibt ihnen einen zweiten Sinn; sie fragt nach dem Hintersinn, wenn sie Entenknochen zu Corsagen verarbeitet, wenn sie Batiststoffe mit Salatblättern besetzt, wenn sie ein Seidenherz im Nesselhemd schlagen lässt. Das Ergebnis ist verspielt, verwirrend, morbide, ästhetisch - zu sehen seit gestern in der Galerie des Nauener Kulturzentrums "Haus Gartenstraße".

So untragbar die verfremdeten Kleidungsstücke sind, so tragbar sind die Objekte von Käthe Wenzel. Da hängen die kleine Fluchtversion "Bibliothek von Alexandria", der Stierkämpferaltar in karibischer Variante und der Bausatz für ein Kriminalstück an der Wand - die Materialcollagen sind in Kästen arrangiert, die sich zusammenklappen lassen. Die Kästen mit Griff ergeben Kunst zum Wegtragen und Mitnehmen. Sie erinnern an Raritätenkabinette und Naturkundemuseen: Wachsabdrücke von Organen, Schädel, Exotenfedern, getrockneter Kabeljau, alte Zeitungen, Blattgold, Brokat, Koteletts, aus Wachs treffend nachgebildet, sind mit Federn bespickt und schweben durch den Raum. Hier treffen sich Kunst, Wissenschaft, Religion und Konsum auf phantasievolle, humorvolle Weise. Das Publikum geht meist ebenso humorvoll und phantasievoll mit den Dingen um. Das konnte Käthe Wenzel schon oft beobachten, denn seit mehr als drei Jahren stellt sie ihre Arbeiten aus.
Käthe Wenzel wurde 1972 in Aachen geboren. Sie studierte Kunstgeschichte, Anglistik und Geschichte in Marburg, Florenz und Berlin, wo sie seit einigen Jahren lebt und arbeitet. Sie stellte in der Kleinen Humboldtgalerie und immer wieder in der Galerie Kurt Deichsel Berlin aus. Im Februar sind ihre Arbeiten in Greifswald zu sehen.

Am 27. Januar, wenn es im Nauener Haus Gartenstraße wieder heißt "Galerie um 4" lädt die Künstlerin zu einem Workshop ein. Dann können Interessierte sich unter ihrer Anleitung an kleinen Holzschnitten versuchen, die sich an dem ausgestellten Zyklus "Eva und Adam" nach Lucas Cranach orientieren.

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Akeli Mieland in: Käthe Wenzel. Wer sich an die Fakten hält, wie sie das Wetteramt verzeichnet, gerät leicht auf den Holzweg.
Katalog zur Ausstellung im Offenen Atelier Kurt Deichsel, Berlin, vom 31. Mai bis 31. Juli 2001. Edition Kurt Deichsel, Berlin 2001, S. 1-4

Füße zum Wechseln?

Schauvitrinen, Tragekoffer, Setzkästen – die Objekte von Käthe Wenzel geben Anlass zu vielfältigen Assoziationen zu Aufbewahrung und Zurschaustellung. In schlichten, einfarbigen Holzkästen sind abgeschlossene Stilleben arrangiert. Wie auf einer Bühne befinden sich die Gegenstände darin: Wächserne Nachbildungen von Körperteilen, Knochen, getrocknete Pflanzen, Korallen und Muscheln teilen sich gemeinsam einen begrenzten, aber immer großzügig bemessenen Raum.

Auf den ersten Blick fällt die frohe und treffsichere Kombinationslust auf, mit der die Einzelteile arrangiert sind. Auf den zweiten Blick sind die Arrangements sehr lesbar. Aus den Gegenständen, die in ihrer Losgelöstheit zum Symbol werden, ergeben sich bildliche Metaphern. Herausgelöst aus ihrer natürlichen Umgebung, abgetrennt von den Körpern, von denen sie sonst ein Teil sind, stehen sie plötzlich für sich allein, und werden als selbständiges Organ wahrgenommen.

In ihren ungewohnten Zusammenstellungen regen sie neue Gedankengänge an. Das Herz aus Wachs bekommt Flügel und macht sich mit seinem Gedanken und Gefühlswirrwarr auf die Reise. Bücher bekommen Ausschlag, ihr Inneres drängt nach außen durch aufbrechende Pusteln, den Geschichten wird schlecht, die verstaubte Literatur übergibt sich.

Füße stehen wie Schuhe nebeneinander, scheinbar wissenschaftliche Präparate im maßgefertigten Schaukasten. Gibt es bald Füße zum Wechseln? Für jeden Tag ein neues Paar?

Hinter Käthe Wenzels Objekten steht eine große Bereitschaft, sich die immer wiederholten Stereotypen der abendländischen Kultur zu eigen zu machen. Abgenutzte Formeln werden damit zurück ins Leben geholt, wenn es sein muss, erfrischend respektlos, so dass die Hülle aus nicht mehr nachvollziehbarer Wertschätzung durchbrochen wird, und der Betrachter ein eigenes Gefühl für ihre Wesensart und ihre Bedeutung entwickeln kann.

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Ulrike Gamst in: Käthe Wenzel. Wer sich an die Fakten hält, wie sie das Wetteramt verzeichnet, gerät leicht auf den Holzweg.
Katalog zur Ausstellung im Offenen Atelier Kurt Deichsel, Berlin, vom 31. Mai bis 31. Juli 2001. Edition Kurt Deichsel, Berlin 2001, S. 5-8.

Indianerspiele beim Osterfestessen

Federn, Knochen, Wachsabformungen von Füßen, Herzen, Lammrücken und Büchern, auf Samt, hinter Glas, vor Kerzen, in Schubladen, auf einem Altar – alles zum Mitnehmen, oft versehen mit einem praktischen Griff – das verbirgt sich hinter Titeln, die ein Spektrum von Notre Dame de la Salade (Objekt; 2001), Buchstäblich infektös (Objekt, 2001) bis zu einem Stierkämpferaltar (karibische Variante) (Portable, 2001) ausbreiten.

Es eröffnet sich ein Assoziationsfeld, in dem die Objekte um abstrakte Begriffe wie Religion, Wissenschaft und Sakralität zu schwingen beginnen. Assoziationen um und durch religiöse Inszenierungen werden mit verfremdeten und befremdenden Gegenständen besetzt und in tragbaren Schränken inszeniert. Schränke, die die Gedanken in Richtung Kuriositätenkabinett, Altar und geheiligte Wissenschaft lenken. Im Gegensatz zu diesen feste und unverrückbare Werte der Wahrheit verkündenden Orten und Objekten, bestechen Wenzels Inszenierungen durch ihre Fluchttauglichkeit und pragmatische Reisefähigkeit. Es handelt sich also um kulturelle Werte zum Mitnehmen, materialisierte Erinnerungen in Objektform .- culture to go.

Woher? Wohin? Warum?

Man kann nie wissen, ob man es (was?) noch brauchen wird, oder ist man gar schon auf der Flucht – ohne es rechtzeitig bemerkt zu haben? Jedenfalls – ob wir fliehen oder erst auf dem Sprung sind, unsere Werte müssen wir nicht dem Untergang preisgeben. Die sakrale Art und Weise, in der unser Wissen, unsere funktionalen, symbolbehafteten Körperorgane, unsere Essensreste, Knochen, als zuletzt verwesendes organisches Material, präsentiert werden, wird unterlaufen durch den Pragmatismus und das handfeste Herstellen von Ungenauigkeiten in der Wiedergabe unserer ewigen Werte.

Ironisch verknüpft sich eine kleine, wohnzimmergerechte Venus von Milo mit Salatblättern – vegane Kunst?

Ein Lammrücken wird mit exotischen Federn südamerikanischer Aras in die Nähe von einem Häuptlingsschmuck der Sioux verwiesen – Indianerspiele während des Osterfestessens?

Auf der Flucht kann man die kulturellen Elemente, die uns von Kindheit an prägen, schon mal durcheinanderbringen. Wenzels Fluchtversionen machen diese verschwommenen Erinnerungsbilder sichtbar und inszenieren sie in aller Unschuld auf die gleiche Art und Weise wie die ortsgebundenen Vorbilder – zum Mitnehmen.

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Silke Ettling in: Käthe Wenzel. Wer sich an die Fakten h�lt, wie sie das Wetteramt verzeichnet, gerät leicht auf den Holzweg.
Katalog zur Ausstellung im Offenen Atelier Kurt Deichsel, Berlin, vom 31. Mai bis 31. Juli 2001. Edition Kurt Deichsel, Berlin 2001, S. 14-20.

"Buchstäblich infektiös" – eine vorsichtige Annäherung

Zugegeben – es schüttelt einen beim Anblick dieser Bücher, die, oredentlich nebeneinander aufgereiht, auf samtenen Kissen in ihrem Schaukasten hängen. Schon will man sich angewidert abwenden und bleibt dann doch, tritt noch einmal heran an den Kasten, lässt seinen Blick genauer über die Oberflächen gleiten, betastet mit den Augen die entzündeten Stellen und Beulen, stolpert über Eiterherde – und ist fasziniert. Trotzdem – ein Ekelgefühl bleibt.

Die Situation, in die wir beim Anblick dieser Arbeiten geraten, ist spannungsgeladen. Sie provoziert zwiespältige Gefühle, die sich nicht glätten lassen, die zwischen der Lust zu schauen und dem Drang sich abzuwenden hin und her pendeln. Es fasziniert zu sehen mit welcher Kunstfertigkeit die Geschwüre aus dem Wachs der Abgüsse und durch das Hinzufügen von Farbe herausmodelliert worden sind, wie sie sich über die Buchdeckel ausbreiten und aus dem inneren der Bücher heraus an die Oberfläche zu brechen scheinen.

Man bekommt Lust, die Bücher in die Hand zu nehmen, ihre Oberflächen zu ertasten, die Entzündungsherde zu ergründen, doch anders als beim Katholischen Fluchtgepäck (Portable 2001) oder dem Stierkämpferaltar (karibische Variante) (Portable 2001) ist einem der direkte Zugriff auf diese Objekte verwehrt. Der Schaukasten rückt sie in greifbare Nähe und hält sie doch auf Distanz zu ihren Betrachtern – die Verhältnisse scheinen klar geordnet, und doch wird die Sache dadurch nicht einfacher.

In seiner nüchternen Aufmachung gibt der Schaukasten einen klar gegliederten Betrachtungsrahmen vor, der den Blick auf die so präsentierten Buchobjekte konzentriert und in gewisser Weise versachlicht. Eine in heutigen Museen durchaus übliche Betrachtungspraxis, die jedoch gerade bei Büchern immer wieder erstaunt, da sich ihre mögliche Bedeutung letztlich erst über die Lektüre erschließen lässt. Doch darum scheint es bei den Buchobjekten in diesem Schaukasten gar nicht zu gehen, denn schließlich handelt es sich in diesem Fall um Abgüsse von Büchern und nicht um diese selbst.

Man kann nicht in ihnen lesen und stellt es sich doch vor, vorausgesetzt, man überwände das Ekelgefühl, das sich bereits im Angesicht der modellierten Geschwüre einstellt und wohl noch um ein Vielfaches größer wäre, würde es sich bei ihnen um reale Entzündungsherde handeln, denen man sich ungeschützt nähern könnte. Würde man solche Bücher zur Hand nehmen, wenn man beim Stöbern zwischen den Buchreihen einer Bibliothek unvermittelt auf sie stoßen würde?

Der Schaukasten schützt diese Objekte nicht nur vor dem Zugriff ihrer Betrachter, sondern bewahrt auch uns davor, die Neugier auf diese Bücher ernsthaft unter Beweis stellen zu müssen. Die Situation erinnert an einen Giftschrank, der Gefährliches vor dem unkontrollierten Zugriff anderer verschließt, gleichzeitig aber auch Schutz bietet für Kostbares, das vor dem Verlust oder Verfall bewahrt werden soll. Was aber ist kostbar an einem Buch, das durchsetzt bzw. überzogen ist von Geschwüren? Das es rechtfertigt, es aus dem Giftschrank herauszunehmen und zur Anschauung zu bringen? Kann man seinen Verfall aufhalten, indem man es isoliert? Auf diese Weise verhindern, dass sich der Erreger weiter ausbreitet? Und wer infiziert hier eigentlich wen?

Unklar bleibt die Wurzel der Entzündungsherde und die Art ihrer Ausbreitung. Zur Schau gestellt wird lediglich ein bestimmter Grad der Infektion, exakt herausmodelliert aus dem Wachs und den Möglichkeiten der Farbe. Weiter gibt es nichts zu lesen. Es fehlen die Wörter, mit deren Hilfe wir uns Zusammenhänge erschließen könnten, da sie Fakten benennen und Zustände beschreiben, Bilder in Sprache umsetzen, Verhältnisse ordnen und analysieren und uns dadurch den Anschein einer Ordnung vermitteln, die uns zugänglich erscheint.

Das Denken aber, „das sich an der beschienenen Oberfläche bewegt, das jederzeit an dem Faden der Kausalität nachgezählt werden kann, braucht noch nicht das Lebendige zu sein", so Robert Musil in seinen „Verwirrungen des Zöglings Törleß". „Ein Gedanke (...) wird erst in dem Moment lebendig, da etwas, das nicht mehr Denken, nicht mehr logisch ist, zu ihm hinzutritt."

Es ist der Reiz der Kunst und dieser zur Schau gestellten Objekte, dass sie uns an die Grenzen dessen führen, was wir mit analytischem Verstand zu erfassen glauben, und uns dazu herausfordert, den Assoziationen zu folgen, die sie in uns hervorrufen. Und vielleicht liegt ja auch gerade hierin die Nähe zwischen den buchstäblich infizierten Objekten im Schaukasten und ihren Artgenossen in der Bibliothek begründet.

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